Borken­kä­fer­kala­mität ungeahnten Ausmaßes

Brutgänge der Borkenkäfer. Foto: Andreas Greiner-Napp/SBK
Brutgänge der Borkenkäfer. Foto: Andreas Greiner-Napp/SBK

Sturm­schäden von Xavier und Friede­rike sowie der Dürre­sommer 2018 führen zu drama­ti­schen Folgen für den Bestand der Fichte auch in den Wäldern der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz.

Den Fichten in Deutsch­land droht mindes­tens in tieferen Lagen mittel­fristig das Aus. Verant­wort­lich für diese Entwick­lung sind einer­seits die angesichts klima­ti­scher Verän­de­rungen immer schwie­riger werdenden Bedin­gungen für die Flach­wurzler und anderer­seits die dadurch entste­henden, hervor­ra­genden Lebens- sowie Vermeh­rungs­be­din­gungen für Borken­käfer. „Wir warten in diesem Frühjahr auf die Attacke der Borken­käfer. Wir gehen von einer Borken­kä­fer­kala­mität ungeahnten Ausmaßes aus“, sagt Burkhard Röker, Förster der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz. Die Stiftung zählt zu den größeren Waldei­gen­tü­mern in Nieder­sachsen.

Da wird das Aufkommen der Borken­käfer genau­es­tens beobachtet. Denn Borken­käfer besiedeln am liebsten Fichten, die bereits vorge­schä­digt sind. Die Käfer bohren sich in die Rinde ihrer Wirts­bäume ein und legen dort Gänge an, in denen sie Eier ablegen. Es gibt vor allem zwei Arten, die die hiesigen Fichten­be­stände bedrohen. Es sind die Buchdru­cker und die Kupfer­ste­cher. Sie legen ihre Brutgänge zwischen Rinde und Holz an und können Wälder großflä­chig vernichten. Das Phänomen ist besonders  an den Fichten­be­ständen im Harz zu beobachten, aber auch an vielen Bäumen im Elm, im Lappwald und im Querumer Wald.

Die Hoffnung der Förster, ein langer, harter und wechsel­feuchter Winter würde die  Borken­käfer, die sich bereits im Dürre­sommer 2018 massen­haft vermehrt hatten, entschei­dend dezimieren, erfüllte sich angesichts der milden Witterung nicht. Jetzt drohen die Explosion der Popula­tion und damit eine Katastrophe für die Fichten­wälder, wie es sie bislang noch nicht gab. Die Förster des SBK-Stiftungs­walds haben sich dennoch gegen den Einsatz von Insek­ti­ziden oder von mit Lockstoffen getränkten Fangnetzen entschieden.

„Wir wollen ohne Chemie auskommen. Wir setzen auf saubere Fichten­wirt­schaft. Das bedeutet, dass wir in den vergan­genen Monaten alles Schadholz aus dem Stiftungs­wald entfernt haben, um dem Borken­käfer möglichst wenig bruttaug­li­ches Material im Wald zu belassen. Außerdem kontrol­lieren wir den Baumbe­stand, reagieren schnell und verar­beiten befallene Fichten sofort“, sagt Röker.

Der Dürre­sommer 2018 hat gemeinsam mit den Stürmen Xavier und Frede­ricke die Probleme der Fichte überdeut­lich zutage treten lassen. Aufhalten ließe sich die negative Entwick­lung für die Fichten wegen der Klima­ver­än­de­rung nicht, ist er überzeugt. Die Förster des Stiftungs­walds wollen daher die Struktur ihres Waldes verändern. Mittel­fristig setzen sie auf einen stand­ort­an­ge­passten Baumar­ten­wechsel. Vorhan­dene Natur­ver­jün­gung der Fichte wird auf geeig­neten Stand­orten zwar noch übernommen, aller­dings  pflanzen sie bereits jetzt verstärkt die im Vergleich zur Fichte trocken­re­sis­ten­tere Douglasie, jedoch immer in Mischung mit Buche. Der nordame­ri­ka­ni­sche Nadelbaum soll auf passenden Stand­orten perspek­ti­visch die Fichte als so genannten „Brotbaum“ ersetzen.

„Ich sehe die biolo­gi­sche Vielfalt in den Wäldern durch den stand­ort­an­ge­passten Waldumbau in Misch­wälder aus Buche mit Douglasie nicht gefährdet. Unsere Wälder sind durch die Bewirt­schaf­tung nach den Grund­sätzen der langfris­tigen ökolo­gi­schen Waldbe­wirt­schaf­tung in den vergan­genen 25 Jahren eh schon bunter geworden. Neben­baum­arten wie Birke, Weide oder Eberesche, die wir vor 30 Jahren noch erbar­mungslos zurück­ge­drängt haben, sind heute selbst­ver­ständ­li­cher Bestand­teil unserer Wälder. Ein Habitat­baum­kon­zept mit einem dadurch zuneh­menden Anteil höhlen­rei­cher Altbäume, auch über das wirtschaft­liche Alter hinaus, bietet vielen Arten neue Lebens­räume“, meint Burkhard Röker.

Aktuell werden in den Wäldern der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz an vielen Stellen die ersten  Schad­flä­chen rekul­ti­viert. Knapp 100.000 Pflanzen, überwie­gend Buchen und Eichen, sind im Stiftungs­wald bereits neu gepflanzt. „Es lässt sich mit Sicher­heit sagen, dass wir durch die europa­weite Borken­kä­fer­ka­ta­strophe und den damit verbun­denen Preis­ver­fall für Nadelholz in Verbin­dung mit den Kosten für den Waldumbau auf eine Delle in der Ertrags­kraft des Stiftungs­waldes zusteuern“, prognos­ti­ziert Röker bereits jetzt voraus­schauend. „Ich bin aber optimis­tisch, dass wir durch unsere gute Baumarten- und Alters­ver­tei­lung im gesamten Stiftungs­wald wirtschaft­lich mit einem blauen Auge davon­kommen werden“.

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