„German Angst“ zum Jubiläum

Armenspeisung im Berlin der Weimarer Republik. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-T0706-501 / CC-BY-SA 3.0
Armenspeisung im Berlin der Weimarer Republik. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-T0706-501 / CC-BY-SA 3.0

Die 25. Helmstedter Univer­si­täts­tage beschäf­tigen sich mit dem Thema „Auf dem Weg nach Weimar? Demokratie und Krise“.

Es gibt etwas zu feiern bei den diesjäh­rigen Helmstedter Univer­si­täts­tagen: Die Veran­stal­tung, die an einer­seits die Helmstedter Tradition als Univer­si­täts­stadt von 1576 bis 1810 und anderer­seits an die deutsche Teilung von 1945 bis 1990 erinnern soll, findet vom 26. bis 29. September zum 25. Mal statt. Das Jubiläum wird zusätz­lich aufge­wertet durch den 30. Jahrestag des Mauer­falls und der inner­deut­schen Grenz­öff­nung. Im Mittel­punkt stehen Vorträge renom­mierter Wissen­schaftler zum Oberthema „Auf dem Weg nach Weimar? Demokratie und Krise“. Die Einfüh­rung gibt der wissen­schaft­liche Leiter der Univer­si­täts­tage, Prof. Martin Sabrow (Potsdam/Berlin). Er hat seinen Vortag „Warum Weimar? Zur Renais­sance einer verges­senen Republik“ genannt.

Zum Rahmen­pro­gramm gehören unter anderem die Kinoson­der­vor­stel­lung mit dem Film „Gunder­mann“, einem politi­schen Kabarett mit Sebastian Schnoy, einer musika­li­schen Revue des Casanova Society Orchestras Berlin, eine Führung durch die Helmstedter Univer­si­täts­ge­schichte mit Museums­lei­terin Marita Sterly sowie einer musika­li­schen Reise durch (das geteilte) Deutsch­land und die Welt. Beendet werden die Univer­si­täts­tage mit einem Festgot­tes­dienst in der St. Stephani Kirche und einer dortigen Festpre­digt von Prof. Mathias Wirth vom Institut für Syste­ma­ti­sche Theologie der Univer­sität Bern.

Für den Beirats­vor­sit­zenden der Helmstedter Univer­si­täts­tage und Direktor der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, Tobias Henkel, ist die Reihe eine Erfolgs­ge­schichte. „Die Helmstedter Univer­si­täts­tage haben sich überre­gional zu einem Aushän­ge­schild Helmstedts entwi­ckelt und sind mittler­weile nicht mehr aus der Wissens­land­schaft wegzu­denken“, sagt er vor der Jubilä­ums­ver­an­stal­tung.

Wie viele andere zeitge­schicht­liche Veran­stal­tungen des Jahres befassen sich auch die Helmstedter Univer­si­täts­tage mit dem Jubiläum der Weimarer Republik, die vor 100 Jahren ihren Ursprung hatte und bis zur Macht­er­grei­fung der Natio­nal­so­zia­listen hielt. Die Univer­si­täts­tage betrachten die erste deutsche Demokratie aus einem beson­deren Blick­winkel. Wie stark knüpfte die politi­sche Kultur in Deutsch­land nach 1945 an die Zeit vor 1933 an? Wie weit trägt der Vergleich zwischen Weimarer und Bonner Republik?

Ergründet werden soll auch, was der Blick auf Weimar über unsere Gegenwart aussagt. „Hält er uns den Spiegel einer akuten Demokra­tie­krise vor, die unser Gemein­we­sens in eine düstere Zukunft begleitet – oder deutet die Attrak­ti­vität des Weimar-Vergleichs eher auf eine Spielart der oft beschwo­renen ‘German Angst‘ hin, die eher Hysterie offenbart als Orien­tie­rung bietet?“, fragt sich Prof. Sabrow.im Vorfeld der wissen­schaft­li­chen Aufar­bei­tung während der 25. Helmstedter Univer­si­täts­tage.

Erste Antworten werden Jugend­liche des Gymna­siums Julianum Helmstedt und des Gymna­siums am Bötschen­berg Helmstedt geben. Sie präsen­tieren ihre Ergeb­nisse im Rahmen der 13. Helmstedter Schüler-Univer­si­täts­tagen am 19. September um 9 Uhr im Juleum, Colle­gi­en­straße 1 in Helmstedt. Ihre Fachar­beiten beschäf­tigen sich ebenfalls mit dem Thema „Auf dem Weg nach Weimar? Demokratie und Krise“. Die Schüle­rinnen und Schüler tragen ihre Ausar­bei­tungen öffent­lich vor.

Das Programm:

26. September, 19.30 Uhr: Kino-Sonder­vor­stel­lung „Gunder­mann“. Kino Roxy Licht­spiele, Nordertor 2, Helmstedt.

27. September, 16.30 Uhr: Begrüßung u.a. mit dem nieder­säch­si­schen Minis­ter­prä­si­denten Stephan Weil.

17.15 Uhr: Einfüh­rung durch Martin Sabrow (Potsdam/Berlin) „Warum Weimar? Zur Renais­sance einer verges­senen Republik“.

20 Uhr: Musika­li­sche Revue „Die goldenen 20er” im Brunnen­theater Helmstedt. Karten­vor­ver­kauf: Hotline: 0180- 60 50 400 / Internet: www.reservix.de

28. September, 11 Uhr: Vortrag Rüdiger Graf (Potsdam) „Die Republik der Verständ­nis­losen. Das Bild des politi­schen Gegners in Weimar und heute

12 Uhr: Vortrag Detlef Lehnert (Berlin) „Die Rolle der Sozial­de­mo­kratie in der ersten und zweiten deutschen Republik“

13.30 Uhr: Führung zur Helmstedter Univer­si­täts­ge­schichte mit Marita Sterly .

14.30 Uhr: Vortrag Elke Seefried (München) „Die Erosion der Mitte. Polari­sie­rung und Parti­zi­pa­tion im Demokra­tie­ver­gleich“

15.30 Uhr: Vortrag Michael Dreyer (Jena) „ Das Phänomen ‘Trumpismus‘ – Ausdruck einer globalen Demokra­tie­krise?“

17 Uhr: Vortrag Wolfgang Merkel (Berlin) „Ist die ‘Krise der Demokratie‘ eine Erfindung?“

18.30 Uhr: Kabarett Sebastian Schnoy „Und plötzlich Demokratie – 70 Jahre Bundes­re­pu­blik Deutsch­land“

29. September, 10 Uhr: Festgot­tes­dienst, St. Stephani-Kirche Helmstedt, Großer Kirchhof. Festpre­digt von Prof. Dr. Mathias Wirth (Bern)

3. Oktober, 14 Uhr: Rundfahrt Grenzenlos, ab Zonen­grenz-Museum Helmstedt, Südertor 6. Die gesamte Rundfahrt dauert 3½ Std. und kostet pro Teilnehmer 17,50 Euro.

Die bishe­rigen Themen:

1995: Teilung und Wieder­ver­ei­ni­gung

1996: Grenzfall – Auswir­kungen und Entwick­lungen

1997: Theologie – Grenzenlos?

1998: Grenzen der Verei­ni­gung: Die geteilte Vergan­gen­heit im verei­nigten Deutsch­land

1999: Grenz-Fälle

2000: 10 Jahre Deutsche Einheit – Eine Zwischen­bi­lanz

2001: Heilung durch Wahrheit? Zum Umgang mit der Last der Vergan­gen­heit

2002: Abschied von der Nation?

2003: Der geteilte Himmel – Literatur und ihre Grenzen in der DDR

2004: Kulturen im Konflikt. Die Wieder­kehr der Ost-West-Konfron­ta­tion

2005: 1990 – eine Epochen­zäsur?

2006: Die Krise des Sozial­staats

2007: Umstrit­tene Erinne­rung

2008: Mythos 1968?

2009: Bewäl­tigte Dikta­tur­ver­gan­gen­heit? 20 Jahre DDR-Aufar­bei­tung

2010: Leitbilder der Zeitge­schichte – Wie Nationen Ihre Vergan­gen­heit denken

2011: Autobio­gra­phi­sche Aufar­bei­tung – Diktatur und Lebens­ge­schichte im 20. Jahrhun­dert

2012: Die Macht der Bilder

2013: Das Jahrhun­dert der Gewalt

2014: Histo­ri­sche Jubiläen

2015: Die schwie­rige Einheit

2016: Das Jahrhun­dert der Paral­lel­bio­gra­phien

2017: Glaube und Gewalt

2018: Revolu­tion! Verehrt-verhasst-vergessen

Mehr unter: http://www.universitaetstage.de

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