Ein Stück Grenzzaun für fünf D‑Mark gekauft

Blick in die Dauerausstellung. Foto: Zonengrenz-Museum
Blick in die Dauerausstellung. Foto: Zonengrenz-Museum

Braun­schwei­gi­sche Museen, Folge 15: Das Zonen­grenz-Museum in Helmstedt dokumen­tiert die Entwick­lung der deutschen Teilung anhand von Origi­nal­ob­jekten, Fotogra­fien, Modellen und lebens­großen Insze­nie­rungen.

Die Stadt Helmstedt ist untrennbar verbunden mit der deutschen Teilung nach dem zweiten Weltkrieg bis zur fried­li­chen Revolu­tion und der Wieder­ver­ei­ni­gung am 3. Oktober 1990. Das dort behei­ma­tete Zonen­grenz-Museum zeigt in fünf Abtei­lungen die Geschichte der ehema­ligen Inner­deut­schen Grenze am Beispiel des Landkreises Helmstedt. Dokumen­tiert wird die Entwick­lung der Teilung anhand von Origi­nal­ob­jekten, Fotogra­fien, Modellen und lebens­großen Insze­nie­rungen. Das Museum sorgt anschau­lich dafür, dass ein bedeu­tendes und vor allem dunkles Kapitel der deutschen Historie nicht in Verges­sen­heit gerät.

Schieß­be­fehl und Todes­streifen

Mehr als 100 000 Bürger der ehema­ligen DDR versuchten zwischen 1961 und 1988 über die inner­deut­sche Grenze oder über die Berliner Mauer zu fliehen. Weit mehr als 600 von ihnen wurden zwischen 1961 und 1989 von Grenz­sol­daten der DDR erschossen oder starben bei Flucht­ver­su­chen, heißt es auf einer Inter­net­seite der Stadt Berlin. Die heutige deutsche Haupt­stadt war auf dem sogenannten „Transit“ über Helmstedt erreichbar.

Blick in eine Vitrine. Foto: Zonengrenz-Museum
Blick in eine Vitrine. Foto: Zonen­grenz-Museum

Helmstedt/Marienborn war der größte und bedeu­tendste Grenz­über­gang an der inner­deut­schen Grenze. Im Westen hieß er „Kontroll­punkt Helmstedt“, im Osten „Grenz­über­gangs­stelle Marien­born“. Die Grenz­an­lagen im Westen wurden komplett abgebaut, die im Osten auf dem Gebiet der ehema­ligen DDR zu einem Teil erhalten. Sie stehen unter Denkmal­schutz und können besich­tigt werden. Das Leben auf beiden Seiten der Grenze stand unter dem massiven Eindruck von Mauern und Stachel­draht, Schieß­be­fehl und Todes­streifen.

Mehr als 1000 Exponate

Seit 1992 erinnert das Zonen­grenz­mu­seum an diese unsäg­liche deutsch-deutsche Teilung, die die Sieger­mächte USA, Großbri­tan­nien und die Sowjet­union auf ihrer „Potsdamer Konferenz“ im Sommer 1945 beschlossen hatten. „Geglie­dert ist die Ausstel­lung in die Abtei­lungen Gesicht der Grenze, Flucht, Wirtschaft und Verkehr, Grenz­öff­nung sowie Grenz­kunst“, erläutert Museums­lei­terin Marita Sterly. Sie hat die Ausstel­lung vom ersten Tag an aufgebaut, kam 1991 nach Helmstedt. Nur ein kleiner Teil der mehr als 1000 Exponate kann in der Dauer­aus­stel­lung präsen­tiert werden. Es gibt jedoch regel­mäßig Sonder­aus­stel­lungen, die weitere Objekte themen­be­zogen ans Licht bringen.

Im vergan­genen Jahr waren das „Von der Fried­li­chen Revolu­tion zur Deutschen Einheit“ und „Umbruch Ost. Lebens­welten im Wandel“. „Wir haben einen reichen Schatz an dokumen­ta­ri­schen Fotos“, berichtet Marita Sterly. Folglich thema­ti­sieren vor allem zeithis­to­ri­sche Fotos und Dokumente die Lebens­um­stände der Menschen in den Jahren der deutschen Teilung.

Militärm­o­torrad erstei­gert

Modell der Grenzanlage. Foto: Zonengrenz-Museum
Modell der Grenz­an­lage. Foto: Zonen­grenz-Museum

Die Exponate wurden entweder vom Bundes­grenz­schutz, vom Zoll und dem British Frontier Service sowie Bürge­rinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt oder vom Museum erworben. „Dazu gehören unter anderem Zaunele­mente, die wir damals in einer ehema­ligen Grenz­ka­serne für fünf D‑Mark das Stück gekauft haben oder ein Militärm­o­torrad, das wir auf einer Auktion erstei­gert haben“, erzählt die Museums­lei­terin von den Anfängen in der ehema­ligen Villa der Helmstedter Kreis­ver­wal­tung.

Das Zonen­grenz­mu­seum pflegt enge Kontakte zu weiteren Insti­tu­tionen, die die Teilung zum Thema haben. Dazu zählt insbe­son­dere der Verein Grenzenlos, der sich ergän­zenden Einrich­tungen zu einer erleb­baren Einheit zusam­men­zu­fasst. Seit Mai 1996 wird das initi­ierte Projekt Grenzenlos als geführte Rundfahrt regel­mäßig angeboten. Neben dem Zonen­grenz-Museum werden die Gedenk­stätte Deutsche Teilung Marien­born und das Grenz­denkmal Höten­s­leben angefahren.

Ausge­klü­geltes DDR-Kontroll­system

In Marien­born wird das ausge­klü­gelte DDR-Kontroll­system mit den Anlagen der Pkw- und Lkw-Einrei­se­kon­trollen, mit dem Komman­dan­ten­turm der Grenz­truppen, dem Zoll- und Stabs­ge­bäude sowie der Wechsel­stube der DDR-Staats­bank verdeut­licht. Die Dauer­aus­stel­lung trägt den Titel „Die Grenz­über­gangs­stelle Marien­born: Bollwerk, Nadelöhr, Seismo­graph“.

Das Gelände in Höten­s­leben dokumen­tiert den Zustand der bis 1989 syste­ma­tisch ausge­bauten DDR-Grenz­sperr­an­lagen in der Nähe von Ortschaften, die direkt an der inner­deut­schen Grenze lagen. Der auf einer Länge von 350 Meter erhaltene „Schutz­streifen“ aus Mauern, Metall­git­ter­zäunen, Signaldrähten, Minen­fel­dern und Wachtürmen steht seit 1990 unter Denkmal­schutz.

Zonen­grenz-Museum, Gedenk­stätte Deutsche Teilung Marien­born und das Grenz­denkmal Höten­s­leben bilden eine beein­dru­ckende museale Einheit, die nach der Corona-Pandemie darauf wartet, erkundet zu werden. Allein das Zonen­grenz-Museum wird jährlich von bis zu 10.000 Inter­es­sierten besucht.

Öffnungs­zeiten:

  • Zonen­grenz-Museum: Täglich von 15 – 17 Uhr, mittwochs zusätz­lich von 10 Uhr bis 12 Uhr und an Wochen­enden von 10 Uhr bis 17 Uhr. Montags geschlossen.
  • Öffent­liche Rundfahrt: An jedem vierten Samstag im Monat. 17,50 Euro je Erwach­sener, Kinder bis zum 6. Lebens­jahr frei, Kinder vom 6. bis 12. Lebens­jahr 5 Euro. Eigener PkW erfor­der­lich. Gruppen auf Anfrage.
  • Gedenk­stätte Deutsche Teilung Marien­born: Gruppen­füh­rungen auf Anfrage. Mindest­teil­neh­mer­zahl sechs Personen.

Kontakt:

Zonen­grenz-Museum Helmstedt

Südertor 6
38350 Helmstedt

Telefon: 05351 121‑1133
E‑Mail: museen@landkreis-helmstedt.de

Gedenk­stätte Deutsche Teilung Marien­born

An der BAB 2
39365 Marien­born

Telefon: 039406 92090
E‑Mail: info-marienborn@erinnern.org
Internet: www.erinnern.org/marienborn

Verein Grenzenlos – Wege zum Nachbarn e. V.
c/o Stadt Helmstedt

Markt 1
38350 Helmstedt

Telefon: 05351 177777

Unser Video zum Grenz­denkmal Höten­s­leben finden Sie hier.

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