Das visuelle Gedächtnis der Region

Ansicht vom Torhaus. Foto: Lina-Maiken Preuß
Ansicht vom Torhaus. Foto: Lina-Maiken Preuß

Braun­schweigs Museen, Folge 3: Museum für Photo­gra­phie Braun­schweig – Standort, Ausstel­lungen und Inter­net­auf­tritt sind alles besondere Hingucker.

Der Besuch des Museum für Photo­gra­phie in Braun­schweig ist gleich in mehrfa­cher Hinsicht ein Ereignis. Schon der Standort ist sehens­wert: Die beiden früheren Torhäuser sind für sich schon museums­reif.

Die Torhaus­an­lage ist Teil des Wallrings, der ab 1800 auf dem Gelände der aufge­las­senen Bastio­närs­be­fes­ti­gung errichtet wurde. Peter Joseph Krahe, seiner­zeit Leiter des Bauwesens im Herzogtum Braun­schweig, ließ die reprä­sen­ta­tiven Torhäuser neu errichten. Seit 1984 sind sie Heimat des Museum für Photo­gra­phie. Es ist das einzige reine Fotomu­seum Nieder­sach­sens.

„Unser Museum kann auch mit Blick auf die inter­na­tio­nale zeitge­nös­si­sche Kunst und Fotografie als eines der wichtigen Häuser betrachtet werden, die sich dem Medium und seiner künst­le­ri­schen wie gesell­schaft­li­chen Relevanz widmen“, sagt Barbara Hofmann-Johnson, Leiterin des Museums für Photo­gra­phie. Die aus Köln stammende Kunst­his­to­ri­kerin leitet das Museum seit 2016 und schätzt Braun­schweig wegen seiner reichen Kultur­ge­schichte. Dazu zählt auch die Fotografie. „Braun­schweig gilt als früherer Firmen­sitz der beiden einst so renom­mierten Fotoap­pa­rate­her­stel­lern Voigt­länder und Rollei als Fotostadt und ist auch im Hinblick auf die Entwick­lung der zeitge­nös­si­schen Möglich­keiten des Mediums an der Hochschule für Bildende Künste ein wichtiger Standort und daher für das Museum präde­sti­niert“, erklärt Barbara Hofmann-Johnson.

Käthe Buchler, „Ellen Buchler, Löwenwall “, ca. 1913. Foto: Nachlass Käthe Buchler – Museum für Photographie Braunschweig/Depositum Stadtarchiv Braunschweig
Käthe Buchler, „Ellen Buchler, Löwenwall “, ca. 1913. Foto: Nachlass Käthe Buchler – Museum für Photo­gra­phie Braunschweig/Depositum Stadt­ar­chiv Braun­schweig

Im Inneren der Torhäuser erwarten den Besucher Ausstel­lungen natio­naler und inter­na­tio­naler Künstler, aber auch von Mitglie­dern, sowie Fotos aus den bedeu­tenden Nachlässen der beiden Brauschweiger Fotografen Käthe Buchler (*1876; † 1930) und Hans Steffens (*1915; † 1994), die in Gänze im Stadt­ar­chiv unter­ge­bracht sind. Bestand­teil des Museums ist auch das digitale Archiv „Das regionale Gedächtnis“, das von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, der Richard Borek Stiftung und der Braun­schwei­gi­schen Landschaft sowie der Stadt und dem Land gefördert wird.

Der künst­le­ri­sche Nachlass Käthe Buchlers ist nahezu vollständig erhalten und im Jahr 2003 von der Familie Buchler an das Museum für Photo­gra­phie Braun­schweig übergeben worden. Neben etwa 1.000 Schwarz-Weiß-Aufnahmen umfasst der Nachlass 175 Autochrom­platten, deren künst­le­ri­sche Qualität eine Rarität in den Fotosamm­lungen Deutsch­lands darstellt. Der Nachlass von Presse­fo­to­graf Hans Steffens besteht aus insgesamt 60.000 Einzel­bil­dern.

Das Regionale Gedächtnis, aus der Serie „Das Handwerk in der Region“, 2016. Foto: Yvonne Salzmann
Das Regionale Gedächtnis, aus der Serie „Das Handwerk in der Region“, 2016. Foto: Yvonne Salzmann

Im „Regio­nalen Gedächtnis“ sind aktuell Fotogra­fien von 53 Fotografen vereinigt. Daneben wird die Sammlung „Kultur­land­schaften“ der Braun­schwei­gi­schen Landschaft gezeigt. Anfang der neunziger Jahre waren in der Region lebende Fotogra­finnen und Fotografen aufge­rufen, Bilder einzu­rei­chen, die die Region in ihrer typischen Charak­te­ristik darstellen. Schwer­punkt sind außer­städ­ti­scher Kultur­land­schaften. Zu sehen sind zu diesem Thema 60 arbeiten. Online sind auch Arbeiten von Käthe Buchler und Hans Steffens zu entdecken. Wer sich auf der Homepage des Museums für Photo­gra­phie einloggt, kann stunden­lang mit großer Begeis­te­rung stöbern.

Aus der Serie „Grenzübergang Marienborn“, 2019 / Mitglieder-Ausstellung „Zonenrandgebiet“. Foto: Ansgar Marx,
Aus der Serie „Grenz­über­gang Marien­born“, 2019 / Mitglieder-Ausstel­lung „Zonen­rand­ge­biet“. Foto: Ansgar Marx,

Aktuell verlän­gert wurde die Ausstel­lung „Zonen­rand­ge­biet“, bei der 28 Mitglieder ihre Werke in den Torhäu­sern zeigen, die sich mit dem Mauerfall vor 30 Jahren Beschäf­tigen. Die Fotos sind noch bis zum 26. Januar zu sehen. In der Halle 267 – städti­sche Galerie Braun­schweig ist die Ausstel­lung „Framing Identity – Der fotogra­fi­sche Blick der Genera­tion Y“ des Museums für Fotografie von heute an bis zum 23. Februar zu sehen. Die Gruppen­aus­stel­lung „Framing Identity“ ist eine fotogra­fi­sche Ausein­an­der­set­zung von und mit der Genera­tion Y und beleuchtet Aspekte der Lebens­welt der Menschen, die zwischen den frühen 80er und den späten 90ern geboren sind.

In die Ausstel­lung beglei­tenden Veran­stal­tungen wie Führungen, Künst­ler­ge­sprä­chen, Lesungen oder Filmvor­füh­rungen werden Aspekte der präsen­tierten Positionen vertieft und ergänzt. Vielfäl­tige Vermitt­lungs­an­ge­bote insbe­son­dere für Kinder und Schul­klassen sowie Ausstel­lungs­ka­ta­loge und Jahres­gaben vervoll­stän­digen das Programm.

Aus der Ausstellung „Framing Identity“, 2020. Foto: Min Kim
Aus der Ausstel­lung „Framing Identity“, 2020. Foto: Min Kim

Gegründet wurde das Museum für Photo­grafie vor 35 Jahren von Braun­schweiger Fotogra­finnen und Fotografen, die ein Forum des Austauschs über fotogra­fi­sche Bilder etablierten. Getragen wird es vom gleich­na­migen einge­tra­genen, gemein­nüt­zigen Verein mit mehr als 100 Mitglie­dern. Von Beginn an werden die aktuellen künst­le­ri­schen Praktiken des Mediums, die histo­ri­schen und sozialen Gebrauchs­weisen sowie die heutigen Rolle der Fotografie in den Medien beleuchtet.

Kontakt:

Museum für Photo­gra­phie Braun­schweig e. V.
Helmstedter Straße 1
38102 Braun­schweig

Telefon: 0531 / 7 50 00
E‑Mail: info@photomuseum.de
Internet: www.photomuseum.de

Öffnungs­zeiten:

Dienstag bis Freitag: 13 – 18 Uhr
Jeden 1. Donnnerstag eines Monats: 13 – 20 Uhr bei freiem Eintritt
Samstag und Sonntag: 11 – 18 Uhr

Eintritt:

Erwach­sene: 3,50 Euro
Ermäßigt: 2 Euro

Fotos

Das könnte Sie auch interessieren

  • „Entwurf unzurei­chend umgesetzt“

    „Entwurf unzurei­chend umgesetzt“

    Neue Kritik an Schloss-Arkaden: Neben gestalterischen Defiziten raubt die ausschließliche Innenorientierung des Einkaufszentrums dem hinteren Umfeld sämtliche Entfaltungsmöglichkeiten. Weiterlesen

  • Ein Fotoar­chiv für die Region

    Ein Fotoar­chiv für die Region

    Ausstel­lung „Das regionale Gedächtnis, Teil 1“ – 17 Mitglieder des Museums für Photo­gra­phie Braun­schweig e.V. begaben sich auf Spuren­suche zu histo­risch-kultu­rellen Ereig­nissen im Braun­schwei­gi­schen. Voigt­länder, Rollei und Franke & Heidecke – Braun­schweig war bekannt für seine Produk­tion hochwer­tiger Fotoap­pa­rate und optischer Geräte. Weit über die Region hinaus genoss die Stadt den Ruf einer „Fotostadt“. Jedoch… Weiterlesen

  • Moment­auf­nahme im Gedächtnis der Stadt

    Moment­auf­nahme im Gedächtnis der Stadt

    Acht Regal­ki­lo­meter Akten umfasst das „Gedächtnis der Stadt“, Urkunden, Stadt­bü­cher, Akten, Fotogra­fien, Karten und Pläne aus den unter­schied­li­chen Epochen der Stadt­ge­schichte. Nun hat das Stadt­ar­chiv Braun­schweig eine Übersicht über seine Bestände vorgelegt. Kultur­de­zer­nentin Dr. Anja Hesse verglich die Funktion des Stadt­ar­chivs mit der eines „Stadt­ge­dächt­nisses“, das Zeugnisse der Geschichte von den schrift­lich dokumen­tierten Anfängen im… Weiterlesen