Alles neu für Till

Till muss noch warten, bis in seinem Museum wieder alles in Ordnung ist. Foto: Meike Buck
Till muss noch warten, bis in seinem Museum wieder alles in Ordnung ist. Foto: Meike Buck

Das Till-Eulen­spiegel-Museum in Schöp­pen­stedt wird seit Sommer 2016 umgebaut, bald soll es wieder­eröffnet werden. „Überra­schen, irritieren, wider­spre­chen“ ist das Motto der neuen Ausstel­lung, beson­deren Wert legen die Planer dabei auf den integra­tiven Zugang zu den Geschichten des Kneit­linger Narren.

Es riecht nach frischer Farbe, überall wird gehämmert und gebohrt, in den Räumen herrscht geschäf­tiges Treiben. Museale Ruhe? Weit gefehlt, das Eulen­spiegel-Museum in Schöp­pen­stedt bereitet sich auf seine Wieder­eröff­nung vor. Auf einen konkreten Termin wollen sich Charlotte Papendorf, Leiterin des Eulen­spiegel-Museums, und Projekt­ma­nager Henry Frommert nicht festlegen. „Uns ist es wichtiger, eine fertige, stimmige Ausstel­lung präsen­tieren zu können, als einen Monat eher zu eröffnen“, begründet Papendorf die Entschei­dung. Und das Projekt hält für die Betei­ligten viele Überra­schungen bereit, die immer wieder zu zeitli­chen Verzö­ge­rungen führen.

Zurzeit wird im Treppen­haus gebaut. Dabei stellte sich heraus, dass zum Beispiel die in den Brand­schutz­richt­li­nien gefor­derte Flucht­weg­be­leuch­tung gar nicht instal­liert werden kann – es fehlen die techni­schen Voraus­set­zungen wie die vorschrifts­ge­mäßen elektri­schen Zulei­tungen. „Das ist auch mit der besten Planung nicht vorher­sehbar“, beschreibt Frommert die Schwie­rig­keiten. Als nächstes kommt dann der Eingangs­be­reich an die Reihe. Alle sind sich sicher, dass auch dort noch Überra­schungen lauern.

Auch die Entschei­dung, den inklu­siven Zugang zur Ausstel­lung in den Vorder­grund zu rücken, stellt das Projekt­team immer wieder vor Probleme. Denn „Barrie­re­frei­heit“ heißt für sie nicht nur, dass Rollstuhl­fahrer die Ausstel­lung erreichen können. „Wir wollen allen Menschen mit körper­li­chen und geistigen Beein­träch­ti­gungen Angebote machen“, betont Papendorf. So soll es Texte in leichter Sprache geben und in Braille-Schrift, Hörtexte, Audio­deskrip­tionen und Filme mit Gebär­den­sprache. Bei einer Ausstel­lungs­fläche von rund 400 m2 ist dies eine Heraus­for­de­rung. Zudem gibt es für eine solche Ausstel­lung wenige Beispiele in Nieder­sachsen. „Andere Bundes­länder sind da weiter“, berichtet die Museums­lei­terin, die regel­mäßig entspre­chende Tagungen und Messen besucht, um sich fortzu­bilden und Ideen zu sammeln. Auch auf inklusive Ausstel­lungen spezia­li­sierte Gestalter sind äußerst rar. So ist vieles ein Auspro­bieren und Sondieren, wobei natürlich auch die Betrof­fenen mit einbe­zogen werden sollen. Doch hier tut sich direkt das nächste Problem auf: es gibt keine Stelle, die dafür Richt­li­nien erlassen hat, nach denen man eine Lösung als „richtig“ oder „falsch“, „gut“ oder „schlecht“ beurteilen könnte, ein zentraler Ansprech­partner fehlt. „Das ist sehr zeitauf­wendig und kostet viel Geld“, so Frommert.

Die meisten Lösungen sind indivi­duell, für die manchmal „das Rad neu erfunden“ werden müsse. „Der Markt ist extrem klein“, beschreibt der Projekt­ma­nager die Probleme. „Es gibt keine drei Möglich­keiten, aus denen wir dann die für uns am besten passende auswählen können.“ Das beginnt bei einem Leitsystem, das Blinde und Sehbe­hin­derte ertasten können. Natürlich gäbe es taktile Wegesys­teme, doch es soll auch optisch anspre­chend sein und sich in die Ausstel­lungs­ge­stal­tung einfügen. Für das Projekt­team ein Balan­ceakt zwischen Funktio­na­lität und Ästhetik. So wird einiges auch erst nach Eröffnung der Ausstel­lung umgesetzt oder aufgrund der gemachten Erfah­rungen nachge­bes­sert werden müssen. „Es sind viele kleine Dinge, die in ihrer Summe viel Zeit erfordern“, fasst Papendorf zusammen. Unter diesen Voraus­set­zungen ist die Museums­lei­terin besonders froh über die verständ­nis­volle Betreuung der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Braun­schwei­gi­schen Stiftung, die das Projekt schon lange begleiten.

Aber auch nach der Wieder­eröff­nung soll im Museum keines­falls Ruhe einkehren. „Wir wünschen uns ein leben­diges Museum mit vielen Besuchern, besonders Kinder und Jugend­liche. Da darf es gerne auch mal lauter werden“, hofft Papendorf – das hätte Till bestimmt auch gefallen.

Getreu dem neuen Ausstel­lungs­motto „Überra­schen, irritieren, wider­spre­chen“ geht das Museum auch bei der Suche nach Förder­gel­dern und Spenden überra­schende Wege. Bereits im August 2013 startete die Till Eulen­spiegel-Museums­Stif­tung gemeinsam mit der Braun­schwei­gi­schen Stiftung die Kronkorken-Sammel­ak­tion „Sammeln für Till“. Mehr als 30 Millionen Kronkorken sind bisher zusam­men­ge­kommen, der Verkaufs­erlös kommt vollständig dem Eulen­spiegel-Museum zugute. Rund 2,2 Millionen der kleinen Flaschen­ver­schlüsse hat nun die Peiner Tradi­ti­ons­brauerei Härke dem Museum übergeben. Ulrich Meister, Geschäfts­führer der Brauma­nu­faktur, hatte seine Kunden seit November 2016 zum Sammeln aufge­rufen, sie konnten die Kronkorken gegen verschie­dene Prämien einlösen. „Wir unter­stützen damit regionale Kultur – und die Umwelt“, freut er sich über den Erfolg.

Die Sammel­ak­tion erhält bis heute große Aufmerk­sam­keit, auch weit über die Region hinaus. Unter dem Motto „Tradi­ti­ons­marke hilft Tradi­ti­ons­marke“ unter­stützen mehrere lokale Unter­nehmen die Aktion organi­sa­to­risch und logis­tisch.

Infor­ma­tionen

Till Eulen­spiegel-Museum Schöp­pen­stedt
Nordstraße 4a
38170 Schöp­pen­stedt

Zurzeit geschlossen

Abgabe von Kronkorken

Alle Filialen der Braun­schwei­gi­schen Sparkasse
Das Haus der Braun­schwei­gi­schen Stiftungen, Löwenwall 16 in Braun­schweig
Rathaus der Samtge­meinde Elm-Asse, Am Markt 3 in Schöp­pen­stedt

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