Der kluge Herzog

Bucheinband.
Bucheinband.

Im frisch erschienen Tagungs­band „Herzog Heinrich Julius zu Braun­schweig und Lüneburg (1564–1613): Politiker und Gelehrter mit europäi­schem Profil“ zeichnen 15 Autoren das Bild eines univer­sal­ge­lehrten Landes­fürsten.

Bei einer flapsigen Wortwahl würde man Herzog Heinrich Julius zu Braun­schweig und Lüneburg als einen wasch­echten Tausend­sassa bezeichnen. Braun­schweigs Landes­fürst war Strip­pen­zieher am Kaiser­li­chen Hof in Prag, Bauherr, Dramen­schreiber, Musik­mäzen, Künstler und Gelehrter. Und ein begeis­terter Alchemist. Punktum: ein typischer Univer­sal­ge­lehrter, der sich mit den klugen Köpfen seiner Epoche auf Augenhöhe befand. Zu diesem Fazit kamen die 15 natio­nalen und inter­na­tio­nalen Autoren, die den Braun­schwei­gi­sche Landes­fürsten in dem im Appelhans Verlag frisch erschie­nenen Buchtitel „Herzog Heinrich Julius zu Braun­schweig und Lüneburg (1564–1613): Politiker und Gelehrter mit europäi­schem Profil“, heraus­ge­geben von Dr. Werner Arnold, Dr. Brage Bei der Wieden und Dr. Ulrike Gleixner, genauer unter die Lupe nahmen.

Ein Symposium anläss­lich des 400. Todes­tages des Landes­herren Heinrich Julius im Oktober 2013 leistete die Vorarbeit. Damals kamen Fachleute verschie­dener Diszi­plinen aus Deutsch­land, Italien und Tsche­chien in der Herzog August Biblio­thek zusammen, um den aktuellen Forschung­s­tand zu Herzog Heinrich Julius zu dokumen­tieren. Eine Sonder­aus­stel­lung rundete damals das Programm ab. Um die Forschungs­er­geb­nisse nicht im stillen Kämmer­lein zu behalten, entschlossen sich der Braun­schwei­gi­schen Geschichts­ver­eins und die Herzog August Biblio­thek nachträg­lich gemeinsam einen Tagungs­band heraus­zu­geben. 310 wahrhaftig lesens­werte Seiten liefern einen Einblick, wie sich beispiels­weise der Sohn Herzog Julius bis aufs Blut mit der Braun­schweiger Bürger­schaft stritt, wie er das Residenz­schloss und die Residenz­land­schaft ausbaute und wie er von der Alchemie begeis­tert war, seine Labora­to­rien in Wolfen­büttel und in der Loret­to­gasse in Prag sind beste Beweise. Ihm gelang es, bedeu­tende Profes­soren wie Johannes Caselius an die Univer­sität Helmstedt zu locken. Er verstand es vermut­lich wie kein anderer Fürst, namhafte Humanisten an sich zu binden.

Eine Biografie ist es nicht, was auf dem Tisch liegt. „Eine Biografie über Heinrich Julius zu schreiben wäre reizvoll. Er war ein hochbe­gabter, kluger Mann, manchmal neigte er jedoch auch zur Hyper­ak­ti­vität“, beschreibt Dr. Brage Bei der Wieden, Vorsit­zender des Braun­schwei­gi­schen Geschichts­verein und Leiter des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chivs – Standort Wolfen­büttel, den Herzog, über den bis aufgrund der nicht gerade als gut zu bezeich­nende Quellen­lage wenig bekannt war. Der Mither­aus­geber weiter: „Er war ein Herzog mit großen Möglich­keiten, denn seine Geldscha­tulle war prall gefüllt.“ Er habe es verstanden, sein Terri­to­rium zu vergrö­ßern. Am Ende sei Heinrich Julius Herrschafts­ge­biet „ähnlich groß gewesen, wie das zuletzt von Herzog Heinrich dem Löwen.“

„Heinrich Julius schaffte es bis in den Geheimen Rat des Reiches in Prag, er vertrat das Kaiser­reich mit“, so Dr. Ulrike Gleixner, Leiterin der Abteilung Forschungs­pla­nung und Forschungs­pro­jekte der HAB, zum Stellen­wert des Herzogs, der das Wolfen­büt­teler Zeughaus bauen ließ. Gleixner lobte die Klasse der wissen­schaft­li­chen Artikel im Band. „Die Beiträge zeigen uns auch, was noch nicht bearbeitet worden ist.“

Das Werk ist dem verstor­benen Prof. Merio Scattola, ein Spezia­list für Politi­sche Ideen­ge­schichte an der Univer­sität Padua, der im Sammel­band über politi­sche Theorie­bil­dung im Umkreis von Herzog Heinrich Julius geschrieben hatte, gewidmet. Unter­stützt wurde das sehr gelungene Buchpro­jekt, das in der Reihe „Quellen und Forschungen zur Braun­schwei­gi­schen Landes­ge­schichte“ (heraus­ge­geben vom Braun­schwei­gi­schen Geschichts­verein) erschienen ist, von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und von der Braun­schwei­gi­schen Stiftung.

Mittler­weile auf Hochtouren laufen bei der HAB die Planungen für den 350. Todestag des Biblio­thek-Namens­ge­bers Herzog August am 16. September 2016.

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