Ein Festtag für Braun­schweig

Ein großer weißer Vorhang verhüllt den Mittelteil des Braunschweiger Schlosses.
26. August 2006: Geräumter Schlossplatz mit teilverhüllter Westfassade des Schlosses.

„Herzog­li­ches Kalen­der­blatt“, Folge 4: Die „Enthül­lung“ der Schloss­fas­sade am 26. August 2006.

Der 26. August 2006, ein Sonnabend, war gewiss einer der ganz großen Tage für Braun­schweig. Noch am Vormittag konnte man vor der neu aufge­bauten, westli­chen Schloss­fas­sade die Boden­schein­werfer, Feuer­werks­an­lagen und die große Leinwand vor dem Mittel­trakt alleine anschauen. Die Baustelle war so weit wie möglich geräumt, der Bauzaun abgebaut, und die neue Sandstein­front stand frei zur Bewun­de­rung

Nun zeigte sich, worauf die vielen Betei­ligten der verschie­denen Firmen, aus der Stadt und aus Kultur-Einrich­tungen seit knapp vier Jahren hinge­ar­beitet hatten. Das doppelt so große, nachbar­liche Einkaufs­zen­trum wurde von der Schloss­fas­sade in den Hinter­grund gedrängt. In feinster Sandstein­ar­beit stand sie da. Warm wirkten ihre wechselnden Farbtöne von Rostrot bis Honiggelb. Unver­hüllt überraschte sie mit starker Körper­lich­keit und ragte riesig empor.

Rotes Feuerwerk erleuchtet die Nacht und die Fassade des Braunschweiger Schlosses.
Das Feuerwerk vor dem Schloss abends am 26. August

Oberbür­ger­meister Dr. Gert Hoffmann war es gelungen, den Weg zum Wieder­aufbau durch die politi­schen Gremien zu ebnen. Auf seinen Wunsch hin hatten die Bauver­ant­wort­li­chen im strengen Zeitplan jene Pause einge­schoben, das Gerüst abgebaut und den Schloss­platz vorläufig für Besucher aus der ganzen Region herge­richtet.

Nicht zuletzt die Geträn­ke­stände am Bohlweg ließen für den Abend Großes erwarten. Was aber dann folgte, hatte niemand vermutet: der Schloss­platz, der abgesperrte Bohlweg und der breite Fußweg, die neue Flanier­meile, waren überfüllt. An die 15. bis 20.000 Neugie­rige zählte man, schrieben die Zeitungen am Montag­morgen in ihren begeis­terten Artikeln. Die Zahlen trafen sicher­lich zu.

Feuerwerk und Fassa­den­bau­kunst

Und die Besucher bewun­derten die Fassa­den­bau­kunst! Im Restlicht des Tages war sie ja noch zu erkennen. Kern des Abends um 22 Uhr war freilich das Feuerwerk entlang der 115 Meter langen Fassade. Unterlegt mit ‚schneller‘ Musik, schälten die aufblit­zenden Fontä­nen­reihen die Eleganz der Bauformen optisch heraus. Die Fassade wurde zur Licht­skulptur. Ein kurzer Film folgte zur Geschichte und Rekon­struk­tion des Schlosses. Tschai­kow­skys „Dornrös­chen-Suite“ beglei­tete ihn. Und Schloss­schicksal und die Zartheit der Suite brachten Stille in die Menge. Schließ­lich ging der 28 Meter breite Vorhang vor dem Mittel­trakt um eine halbe Stunde verspätet nieder (… aus techni­schen Gründen). Jetzt sah man die neue Schloss­fas­sade in Gänze.

Ein fallender Vorhang enthüllt den Giebel des Braunschweiger Schlosses, in dem eine Figurengruppe zu sehen ist.
Der freie Giebel mit seinen Figuren um Heinrich den Löwen nach der Enthül­lung.

Viele fragten sich, wie nun der vollendete Bau aussehen möge? Die begon­nenen Seiten­fas­saden machten neugierig (pünktlich zur Center­eröff­nung am 28. März 2007 war alles fertig). Doch schon jetzt war es möglich, die vielen „Oldies“ aufzu­su­chen, wie die Presse die knapp 600 verbauten Altsteine respekt­voll titulierte. Sie waren das Werk braun­schwei­gi­scher Stein­metze, die in den 1830er Jahren das histo­ri­sche Schloss erbaut und es in den 1860er Jahren nach einem Großbrand erneuert hatten. Sie, die Altsteine, und die ebenfalls später einge­setzten, metal­lenen Bauteile wie Ziergitter, Wappen und Brüstungen bildeten in der gelun­genen Rekon­struk­tion für die Neuteile die Messlatte.

Am 26. August 2024, nach 18 Jahren, wird hoffent­lich auch noch woanders an diesen Festtag gedacht werden. Das Schloss Braun­schweig ist längst als Gestalter inner­städ­ti­scher Räume und als größtes jüngeres Geschichts­denkmal der Region zur Norma­lität geworden und hat Patina angesetzt: Das ist gut so!

Mehr unter: der-loewe.info/die-schlossfassade-in-blau-und-gelb

Das könnte Sie auch interessieren