Heirats­ver­spre­chen als entschei­dender Wahl-Faktor

An der Innenseite eines der östlichen Vierungspfeiler ist Lothar III. mit den Insignien der Macht, Krone, Schwert und Reichsapfel dargestellt. Foto: SBK / Andreas Greiner-Napp
An der Innenseite eines der östlichen Vierungspfeiler ist Lothar III. mit den Insignien der Macht, Krone, Schwert und Reichsapfel dargestellt. Foto: SBK / Andreas Greiner-Napp

Geschichte(n) aus dem Braun­schwei­gi­schen, Folge 21: Die Stellung Blanken­burgs im Herrschafts­be­reich der Welfen

Man kann dem Großen Schloss in Blanken­burg nicht entkommen: Wo immer man sich in der Stadt aufhält, den Kopf hebt und nach Süden schaut, erblickt man die mächtige Barock­an­lage auf dem Blanken­stein, von wo aus schon der sächsi­sche Kaiser Lothar III. (1075–1137), ein Herrscher aus unserer Region, den Blick weit ins Land schweifen lassen konnte. Das Große Schloss gilt als Perle des ehemals braun­schwei­gi­schen Vorharz­landes und ist weit über die Region hinaus bekannt. Es hat eine histo­ri­sche und touris­ti­sche Bedeutung für Geschichte und Tradition des Braun­schweiger Landes. Daher sind das Schloss und sein Verein Rettung Schloss Blanken­burg, Träger des natio­nalen Denkmal­schutz­preises 2014, folge­richtig auch Förder­pro­jekt der Stiftung Braun­schwei­gi­scher LKultur­be­sitz.

Erst König, dann Kaiser

Ein Blick in die Geschichte: Urkunden aus dem Jahre 1123 belegen, dass Lothar von Süpplin­gen­burg, Herzog von Sachsen und Großvater Heinrich des Löwen (um 1129/30–1195), im Besitz der Burg war (Harzgau­graf­schaft). Er belehnte damit Poppo I. (Grafschaft Blanken­burg). Wahrschein­lich war Poppo ein Verwandter des im Jahre 1133 vom Papst Innocenz II. (1088–1143) zum Kaiser gekrönten Lothars, dessen Ehefrau Richenza (um 1087–1141) schließ­lich eine Tochter Heinrich des Fetten von Northeim (um 1055–1101) und die Enkel­tochter des bekannten Otto von Northeim, Anführer des Sachsen­auf­standes im Jahre 1073, war.

Nach dem Tod des letzten Saliers, Heinrichs V. (1086–1125), setzte sich der Herzog von Sachsen, Lothar von Süpplin­gen­burg, gegen seinen schärfsten Wider­sa­cher, den Staufer Friedrich II. von Schwaben (1090–1147) bei der Königs­wahl 1125 in Mainz überra­schend durch. Nach tumult­ar­tigem Verlauf des Wahlvor­gangs fiel die Entschei­dung, nachdem die bayri­schen Bischöfe die Anwesen­heit ihres Herzogs bei der Wahl gefordert hatten: „Also wurde der Herzog von Bayern herbei­ge­holt, und nun einte die Gnade des Heiligen Geistes den Sinn aller Wähler in einem gemein­samen Geiste, und König Lothar, der Gott so wohlge­fäl­lige wurde durch allge­meine Überein­stim­mung und die Bitte der Fürsten zum König erhoben“.

Tochter heiratet Bayern

Nicht zufällig wird in der Forschung immer wieder darauf hinge­wiesen, dass wenig später der Sohn des bayri­schen Herzogs, Heinrich der Stolze (1102 od. 1108 – 1139), die einzige Tochter von Lothar von Sachsen und Richenza, Gertrud (1115 – 1143), heiratete und die Nachfolge im sächsi­schen Herzogtum seines Schwie­ger­va­ters antrat. Offenbar war die Heirats­ab­sprache ein entschei­dender Wahl-Faktor. Sie öffnete darüber hinaus den Weg der Welfen nach Bayern.

Königs­lutter als Memori­alort

Die Herrschaft Kaiser Lothars III. machte Sachsen wieder zum Zentral­ge­biet des Reiches. Mit der Grablege Lothars von Süpplin­gen­burg in Königs­lutter wurde ein welfi­scher Memori­alort begründet. Für die Taten und die Leistungen Kaiser Lothars III. steht der Kaiserdom als sicht­bares Symbol, das für die Nachwelt Zeugnis ablegt von dessen Herrschaft. Für die terri­to­riale Macht­aus­übung kann man Burg Blanken­burg als symbol­träch­tigen „Geschichtsort“ sehen.

Aller­dings wurde die ursprüng­liche Burgan­lage Lothars auf dem Blanken­stein bereits von Kaiser Barba­rossa im Jahre 1182 erobert und zerstört. Später wurde sie aufgebaut und im 16. Jahrhun­dert durch ein Renais­sance-Schloss erweitert. Doch auch dieser Bau wurde durch einen schweren Brand im Jahre 1546 mehr oder weniger stark in Mitlei­den­schaft gezogen, aber anschlie­ßend abermals restau­riert.

Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel ist Gründungs­di­rektor des Instituts für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte und Geschichts­ver­mitt­lung an der TU Braun­schweig.

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