Startseite Gesellschaft & Lebensstil „Kirche sollte nicht klebrig s...

„Kirche sollte nicht klebrig sein“

Riddagshausens neuer Pfarrer Bernhard Knoblauch. Foto: Andreas Greiner Napp
von

Pfarrer Bernhard Knoblauch will Kirche attraktiver machen – Stiftung finanziert eine viertel Pfarrstelle.

Die Pfarrstelle an der Klosterkirche Riddagshausen gehört wahrscheinlich zu den spannendsten in der evangelisch-lutherischen Landeskirche Braunschweig. Nach einjähriger Vakanz wurde die Stelle im September 2014 durch Pfarrer Bernhard Knoblauch wiederbesetzt. Im Interview wird deutlich: Der neue Pfarrer versteht es, die Ärmel hochzukrempeln, sehr gerne auch im ursprünglichen Sinne.

Herr Knoblauch, was hat Sie gereizt die Pfarrstelle in Riddagshausen anzutreten?

Bernhard Knoblauch: Die Klosterkirche ist einfach ein toller Ort, der mir ja vorher auch nicht unbekannt war. Ich bin zwar in Hamburg geboren, aber aufgewachsen in Rautheim und in Weddel. Riddagshausen und die Klosterkirche besitzen einen ganz eigenen Charme, einen ganz eigenen Charakter, haben aber auch eigene Herausforderungen. Es ist ein starker Ort, der selber spricht, an dem es Freude macht zu arbeiten, zu predigen und Menschen kennen zu lernen.

Können Sie erklären, wie sich Ihre Stelle zusammensetzt?

Also, die Pfarrstelle besteht aus einer viertel allgemein-kirchlichen Pfarrstelle, die die Landeskirche zur Verfügung stellt. Dazu kommt eine halbe Gemeindepfarrstelle für den Gemeindeteil Riddagshausen. Und dann gibt es noch eine viertel allgemein-kirchliche Pfarrstelle, drittmittelfinanziert durch die Richard Borek Stiftung.

Was können Sie dafür tun, dass sich Menschen wieder mehr für Kirche interessieren?

Für mein Gefühl sollte Kirche nicht klebrig sein, sondern den Menschen das ermöglichen, was insbesondere wir uns als Protestanten auf die Fahne schreiben. Freiheit. In Freiheit kommen, innere Freiheit erleben und auch in Freiheit gehen können. Gleichzeitig sollten die Angebote sexy und spannend daherkommen und auch nicht überlang. Den Menschen die Freiheit geben, reinzuschnuppern, wahrzunehmen, aber auch in Ruhe für sich zu sein. Bestimmte Dinge muss man einfach auch lassen. Die Angebote sollten dafür qualitativ hochwertig sein und bewusst in dem, womit sie die Menschen begeistern wollen.

Apropos Angebote, Sie haben bereits einige Projekte ins Leben gerufen…

Ein spannender Anfang war ein besonderes Klosterführungsformat mit Braunschweigs einziger Sommelière. Kirche mit Nase, Mund und Ohr entdecken. Und das jüngste Projekt fand im Rahmen der Reihe „Montagsgespräche – 70 Jahre Friedensanfang“ in der Frauenkapelle statt. Es waren Zeitzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg dabei, erzählt haben, wie es für sie wirklich war. Beispielsweise ein Ostpreußen-Vertriebener, der mittlerweile seine eigene Ein-Mann-Hilfsorganisation für Ostpreußen ist. Aber auch Oberst Iben, der höchste niedersächsische Soldat, der im Einsatz in Kundus in Afghanistan war. Oder der Leiter der OSZE-Mission im Kosovo, Polizeioberrat Twelmeier. In der Reihe ging es nicht um Betroffenheitslamento, sondern darum, die Wirklichkeit in ihrer Komplexität zu verstehen. Das ist das, was mich persönlich immer reizt: Verstehen, auch mal gegen den Strom schwimmen, nicht nur betulich und konventionell glauben, sondern auch immer auch kritisch.

Was macht der Pfarrer der Klosterkirche Riddagshausen, wenn er nicht für die Klosterkirche im Einsatz ist?

Meine Nachbarn würden sagen: Rasen mähen und Holz hacken. Je nach Saison. Ich würde ergänzen: Malen. Das hat für mich alles ganz viel von Meditation. Höchste Konzentration bei ziemlich stupider und redundanter Tätigkeit – beim Malen dazu noch mit überraschenden Ergebnissen. Und ich finde, das befreit den Geist ungemein.

Bilboard 2 (994x118 px)