Modernes in morbidem Umfeld

Max Freund, Studioansicht, 2018. Foto: Kunstverein Wolfenbüttel
Max Freund, Studioansicht, 2018. Foto: Kunstverein Wolfenbüttel

Kunst­verein Wolfen­büttel stellt sein Jahres­pro­gramm vor: Auftakt mit der Ausstel­lung „Mehrwert“ der Leipziger Künst­lerin Frenzy Höhne.

Mit der Ausstel­lung „Mehrwert“ der Leipziger Künst­lerin Frenzy Höhne startet der Kunst­verein Wolfen­büttel in das Ausstel­lungs­jahr 2020. „Mehrwert“ ist noch bis zum 1. März im Prinzen­pa­lais zu sehen. Im vorge­stellten Jahres­pro­gramm werden fünf weitere Ausstel­lungen von Max Freund, Jiun Roh, Nadine Fecht, Jana Doell und Silke Schwarz sowie Matej Bosnic folgen. Dazu kommen noch zwei Ausstel­lungen vom diesjäh­rigen Koope­ra­ti­ons­partner, dem Theodor-Heuss-Gymnasium kurz vor den Sommer­fe­rien sowie der Film „Die Linie“ im Rahmen des Lessing­fes­ti­vals.

Der 1975 gegrün­dete Kunst­verein bleibt seiner Linie treu und gibt aufstre­benden, jungen Künst­le­rinnen und Künstlern eine öffent­lich­keits­wirk­same Plattform. Im histo­risch-morbiden Prinzen­pa­lais zeigt er jährlich fünf bis sieben Ausstel­lungen, die mit zeitge­nös­si­scher Malerei, Fotografie, Video, Grafik, Bildhauerei, Raum- und Klang­in­stal­la­tionen sowie Perfor­mances ein weites Spektrum künst­le­ri­scher Diszi­plinen umfassen.

In den Ausstel­lungen 2020 geht es um „Thema­tiken des körper­lich und psychisch erfahr­baren Erinnerns im Spannungs­feld moderner Kommu­ni­ka­ti­ons­formen. In den instal­la­tiven, maleri­schen, skulp­tu­ralen, zeich­ne­ri­schen, perfor­ma­tiven und medien­ba­sierten Positionen äußert sich eine ernst­hafte Ausein­an­der­set­zung mit den Ursachen als auch Problemen unserer Zeit“, heißt es im Vorwort des Jahres­pro­gramms.

Begleitet werden die Ausstel­lungen durch ein umfang­rei­ches Vermitt­lungs­pro­gramm mit Vorträgen, Künst­ler­ge­sprä­chen, Filmabenden, Führungen oder auch Schüler­work­shops sowie freien Werkstätten. Das Jahres­pro­gramm wird unter anderem von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Braun­schwei­gi­schen Stiftung unter­stützt.

Das Jahres­pro­gramm:

Frenzy Höhne, Es ist angerichtet, 2017. Foto: Kunstverein Wolfenbüttel
Frenzy Höhne, Es ist angerichtet, 2017. Foto: Kunst­verein Wolfen­büttel

Mehrwert: Finissage mit Künst­ler­ge­spräch am 1. März um 11.30 Uhr. Die Werke von Frenzy Höhne verweisen humorvoll auf das Spiel mit den Bedeu­tungen von den uns im Alltag begeg­nenden Glücks­ver­spre­chen innerhalb einer konsum­ori­en­tierten Warenwelt. In ihren multi­for­malen Werken, die sich zwischen raumgrei­fenden Skulp­turen, Perfor­mances, audio­in­stal­la­tiven Arbeiten, fotogra­fi­schen und grafi­schen Bildebenen bewegen, formu­liert sie einen ironi­schen Blick auf morali­sie­rende histo­ri­sche als auch zeitge­nös­si­sche Narrative.

Pepsi Therapie: Eröffnung am 15. März um 11.30 Uhr, Finissage mit Künst­ler­ge­spräch am 26. April um 11.30 Uhr. Der in Wien lebende Künstler Max Freund moduliert in seinen Malereien und Künst­ler­bü­chern zeitge­nös­si­sche Zeichen- und Darstel­lungs­sys­teme. Pikto­gramme verselb­stän­digen sich im Bilder­kult zu abstrakten, stofflich-sinnli­chen Bildensem­bles. Als maleri­scher Grund dienen ihm neben klassi­schen Baumwoll­ge­weben verschie­dene recycelte Stoffe wie Bettlaken, Plastik­planen, Handtü­cher und Kleidungs­stücke.

Jiun Roh, Atelier Karl Schaper, 18.1.2005, 2019, abfotografierte Privataufnahme. Foto Kunstverein Wolfenbüttel
Jiun Roh, Atelier Karl Schaper, 18.1.2005, 2019, abfoto­gra­fierte Privat­auf­nahme. Foto Kunst­verein Wolfen­büttel

Karl Schaper mutatis mutandis: Eröffnung am 12. Mai um 19 Uhr, Finissage mit Künst­ler­ge­spräch am 21. Juni um 11.30 Uhr. Die künst­le­ri­sche Praxis Jiun Rohs ist eng verbunden mit einem forschenden Interesse an kunst­his­to­ri­scher Rezep­ti­ons­ge­schichte. Im Karl-Schaper-Jubilä­ums­jahr 2020 wird er sich experi­men­tell zwischen künst­le­ri­scher und kunst­wis­sen­schaft­li­cher Ausein­an­der­set­zung mit dem Werk und dem Archiv des 2008 verstor­benen Apeln­stedter Künstlers. In der Ausstel­lung wird das Verhältnis von manifes­tierten Erinne­rungen, geschaf­fenen Werken, deren bildhaften Relikte und dem poten­ti­ellen Möglich­keits­raum des künst­le­ri­schen Schaffens Karl Schapers erkundet.

Die Linie: Filmprä­sen­ta­tion mit Gespräch im Rahmen des Lessing­fes­ti­vals am 23. Mai um 19 Uhr. Clemens Wilhelm wanderte die komplette ehemalige inner­deut­sche Grenze entlang. Jeweils nach 15 Minuten Fußweg nahm er ein Foto vom Weg nach vorne auf, der Westen links, der Osten rechts im Bild. In 975 Fotos reist der Betrachter des Films nun selbst einmal 1400 km zu Fuß durch Deutsch­land von Tsche­chien bis an die Ostsee. Die beglei­tende musika­li­sche Kompo­si­tion von Joakim Blattmann verar­beitet vor Ort aufge­nom­mene Geräusche und Klänge zu einem Sound­track.

Austel­lung Theodor-Heuss-Gymnasium: Eröffnung am 30. Juni um 19 Uhr, Finissage am 10. Juli um 16 Uhr. Es werden Unter­richts­er­geb­nisse der Klassen­stufen 10 bis 12 zu sehen sein. Die Ausstel­lung wird von den Schüle­rinnen und Schülern selbst kuratiert und betreut. Darüber hinaus werden die Kunst­leis­tungs­kurse aus Jahrgang 12 des THG und der Großen Schule gemeinsam das Projekt „Kleines Festival der Stadt­pla­nung. Junge Inter­ven­tionen“ gestalten. Die Ergeb­nisse der Ortser­kun­dungen und Um- bzw. Neuge­stal­tungen werden zum Abschluss an den ausge­wählten Orten präsen­tiert.

off the record: Eröffnung am 23. August um 11.30 Uhr, Finissage mit Künst­ler­ge­spräch am 27. September um 11.30 Uhr. In Nadine Fechts künst­le­ri­scher Praxis verbindet sich konzep­tu­elle Zeichnung mit zeich­ne­ri­scher Geste. Großfor­ma­tige Flächen, Striche und Linien, Sprache, Worte sowie deren handma­le­ri­sche Abstrak­tion verweisen auf macht­po­li­ti­sche Narrative und soziale Handlungs­stra­te­gien. Das sichtbar Aufsäs­sige, Wider­spens­tige in den Werken Nadine Fechts entzieht sich der Kontrolle.

It’s all about you and me: Eröffnung am 4. Oktober um 11.30 Uhr, Finissage mit Künst­ler­ge­spräch am 1. November um 11.30 Uhr. In der Dialog­aus­stel­lung begegnen sich die zwei unabhängig vonein­ander arbei­tenden Künst­le­rinnen Jana Doell und Silke Schwarz, deren thema­ti­sches Inter­es­sen­feld sich überschneidet. Beide unter­su­chen macht­po­li­tisch wirksame und medial geprägte Grauzonen, in denen Eindeu­tig­keiten sugge­riert werden. Diese vermeint­li­chen Eindeu­tig­keiten sind es, die in ihren Videos, Perfor­mances, Objekten und Zeich­nungen dekon­stru­iert und offen­ge­legt werden.

Tracing Identi­ties: Eröffnung am 10. November um 19 Uhr, Finissage mit Künst­ler­ge­spräch am 13. Dezember um 11.30 Uhr. Ausgehend von der Frage, wie sich mensch­liche Identität konsti­tu­iert, entwi­ckelt Matej Bosnic ein raumspe­zi­fi­sches Konzept, das nach der Identität des Kunst­ver­eins in den Räumlich­keiten im Erdge­schoss fragt und dessen Verortung im histo­ri­schen Prinzen­pa­lais einbe­zieht.

Fakten:

Prinzen­pa­lais

In seiner Geschlos­sen­heit und seinem ursprüng­li­chen Zustand nimmt das Prinzen­pa­lais einen heraus­ra­genden Platz in der Wolfen­büt­teler Denkmal­land­schaft ein. In den nächsten Jahren ist eine behutsame Restau­rie­rung des Gebäu­de­kom­plexes geplant. Den Namen „Prinzen­pa­lais“ erhielt das Haus, da 1733 der Kronprinz Carl – der spätere Herzog Carl I. von Braun­schweig-Lüneburg-Wolfen­büttel – mit seiner Frau Philip­pine Charlotte für eine kurze Zeit dort lebte. Seit 1975 ist der Kunst­verein in den drei Räumen im Erdge­schoß des ehema­ligen Bankhauses ansässig.

Kontakt:

Kunst­verein Wolfen­büttel e.V.
Reichs­straße 1
38300 Wolfen­büttel

Telefon: 05331–27875
E‑Mail: kontakt@kunstverein-wf.de
Homepage: www.kunstverein-wf.de

Öffnungs­zeiten:

Mittwoch bis Freitag: 16 bis 18 Uhr
Samstag und Sonntag: 11 bis 13 Uhr und nach Verein­ba­rung

Eintritt: frei

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