Schon 1347 ein Zeichen der Grenze

Deutsch-deutsche Grenze am Fährturm Hötensleben, 1952. Foto: Braunschweigische Landschaft

Arbeits­gruppe Heimat­pfleger der Braun­schwei­gi­schen Landschaft enthüllt Infor­ma­ti­ons­tafel zum Fährturm Höten­s­leben.

Mit dem Einzug der sowje­ti­schen Besat­zungs­truppen am 3. Juli 1945 endete die Geschichte der Heyer­schen Gaststätte in Höten­s­leben und spätes­tens mit der fakti­schen Errich­tung der deutsch-deutschen Grenze auch jene des angren­zenden histo­ri­schen Fährturms. An das nicht mehr existie­rende histo­ri­sche Ensemble erinnert jetzt die 33. Hinweis­tafel der Arbeits­gruppe Heimat­pfleger der Braun­schwei­gi­schen Landschaft.

Postkarte mit Fährturm-Motiv, 1905. Foto: Braun­schwei­gi­sche Landschaft

Der Fährturm war im 14. Jahrhun­dert von Herzog Magnus zur Sicherung der Grenze zwischen dem Herzogtum Braun­schweig und dem Erzbistum Magdeburg errichtet worden. Er gehörte verwal­tungs- und gebiets­mäßig nach Schöningen, lag aber näher an Höten­s­leben. 2016 erfolgte der Abriss infolge des Aufschlusses des letzten Tagebaus, des Leerstands und aufgrund massiver Gebäu­de­schäden.

Hinweis­ta­feln seit 1995

Text und Abbil­dungen der Tafel haben Mitglieder des Arbeits­kreises Heimat­ge­schichte Höten­s­leben und des Heimat­ver­eins Schöningen erstellt. Das Projekt wurde von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz gefördert. Mit den seit 1995 aufge­stellten archäo­lo­gi­schen Hinweis­ta­feln lädt die Arbeits­gruppe Bürge­rinnen und Bürger zu spannenden Entde­ckungs­reisen an weniger bekannte, regio­nal­ge­schicht­liche Orte im Braun­schwei­gi­schen ein. Auf den gestal­teten Schildern wird über die jewei­ligen Hinter­gründe infor­miert. Die meisten Tafeln stehen an Rad- oder Wander­wegen und sind gut sichtbar angebracht.

Bei der Enthül­lung dabei waren: (v.l.): Wulf Bialas (Arbeits­kreis Heimat­ge­schichte Höten­s­leben) Malte Schneider (Bürger­meister Schöningen), Charlotte Nullmeyer (Helmstedter Revier), Hans-Georg Much (Heimat­verein Schöningen), Harald Schrae­pler (AG Heimat­pfleger Braun­schwei­gi­sche Landschaft) und René Müller, Grenz­denk­mal­verein und Gemeinde Höten­s­leben. Foto: Braun­schwei­gi­sche Landschaft

Streit mit Magdeburg

Höten­s­leben gehörte bis 1347 zum Land Braun­schweig und dadurch zu Schöningen. Im Zuge von Ausein­an­der­set­zungen mit dem Erzbi­schof Otto von Magdeburg nahmen dessen Truppen Höten­s­leben und Schöningen ein. Um Schöningen braun­schwei­gisch halten zu können, gab Herzog Magnus Schloss und Amt Höten­s­leben an Magdeburg ab. Die Aue wurde als Grenze zwischen dem Herzogtum Braun­schweig und dem Erzbistum Magdeburg festge­legt. Weil die Gegend sehr sumpfig war, konnte die Grenze nur über eine schmale Furt bei Höten­s­leben überquert werden. Am errich­teten Turm wurde Zoll erhoben und Wachsol­daten unter­ge­bracht.

Grenz­öff­nung am Fährturm, 1989. Foto: Braun­schwei­gi­sche Landschaft

Gesell­schaft­liche Bedeutung

Die unmit­telbar angren­zende Gastwirt­schaft erlangte großen gesell­schaft­li­chen Wert. Von 1789 betrieb sie die Familie Heyer. Dort wurde zum Beispiel der Fußball­club Höten­s­leben 1911 gegründet. Von Höten­s­leber Seite sei der Besuch sehr gut gewesen, heißt es auf der Hinweis­tafel. Viele Vereine hätten sich dort getroffen. Später wurde auch ein Schüt­zen­haus gebaut. Einer Kegelbahn gab es auch. Wie stark der Fährturm von Schönin­gern besucht worden ist, ist nicht belegt. Der Gastwirt­schafts­be­trieb wurde 1945 still­ge­legt, weil er sein wichtigstes Umfeld verloren hatte.

Weihnachts­grüße „nach drüben“

Während der Zeit der deutsch-deutschen Grenze wurde am Fährturm stets in der Advents­zeit ein Weihnachts­baum mit elektri­schen Lichtern aufge­stellt. Chöre und versam­melte Schöninger sangen Advents­lieder, um so Weihnachts­grüße „nach drüben“ zu schicken. Im Mai 1976 übergab der Bundes­grenz­schutz am Fährturm bei Schöningen eine Aussichts­platt­form, die einen besseren Blick nach Höten­s­leben gestat­tete.

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