Seesener Quadriga soll in Braun­schweig stehen

Die Quadriga auf der Seesener Züchner-Villa weist starke Korrosionsschäden auf und muss restauriert werden. Foto: privat
Die Quadriga auf der Seesener Züchner-Villa weist starke Korrosionsschäden auf und muss restauriert werden. Foto: privat

1:3‑Version der Quadriga auf dem Braun­schweiger Residenz­schloss weist starke Korro­si­ons­schäden auf und muss restau­riert werden.

Die Quadriga, die seit fast 100 Jahren auf einem Privat­haus in Seesen am Harz stand, wurde am vergan­genen Samstag abmon­tiert und nach Braun­schweig trans­por­tiert. Zwischen der Eigen­tü­merin und der Richard Borek Stiftung wurde verein­bart, dass  die kupfer­ge­trie­bene Skulptur, die 1:3‑Version der von Bildhauer Ernst Rietschel für das Braun­schweiger Residenz­schloss entwor­fenen Quadriga, in einen ausstel­lungs­fä­higen Zustand versetzt und der Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht wird. Nach Möglich­keit soll sie bereits zum 10-jährigen Jubiläum der Schloss-Quadriga im Herbst in altem Glanz erstrahlen. Die erste Quadriga wurde 1863 aufge­stellt.

In ihren Abmes­sungen entspricht die Seesener Quadriga exakt dem 1856/58 angefer­tigten Gipsmo­dell Rietschels, das 1999 in der Dresdener Skulp­tu­ren­samm­lung Alber­tinum wieder entdeckt wurde. Es war der Ausgangs­punkt für die in Bronze­guss rekon­stru­ierte Quadriga, die seit dem 23.Oktober 2008 wieder als Europas größte Quadriga auf dem Braun­schweiger Schloss thront. Die Finan­zie­rung hatten das Unter­nehmen Richard Borek und die Richard Borek Stiftung übernommen und die Skulptur der Stadt Braun­schweig geschenkt.

Die Seesener Quadriga wurde am vergan­genen Samstag zunächst in einzelne Bestand­teile zerlegt, auf  einen Lastwagen verstaut und nach Braun­schweig trans­por­tiert. Die Figuren­gruppe zeigte sehr starke Korro­si­ons­schäden. Zunächst steht jetzt eine genaue Schadens­ana­lyse an, bevor Metall­re­stau­ra­toren ihre Arbeit aufnehmen können. Experten gehen davon aus, dass die Quadriga bei unver­än­dertem Zustand und weiteren Witte­rungs­ein­flüssen in abseh­barer Zeit irrepa­rabel zerstört gewesen wäre. Die Eigen­tü­merin und die Richard Borek Stiftung sind ausge­spro­chen zufrieden mit der gefun­denen Lösung. Über Einzel­heiten wurde Still­schweigen verein­bart.

Die Stadt Seesen hatte sich um den Erwerb der Quadriga bemüht. Bürger­meister Erik Homann hatte den Verwal­tungs­aus­schuss des Seesener Rates  über eine seiner­zeit denkbare Preis­vor­stel­lung infor­miert und „grünes Licht“ zum Handeln erhalten. „Ein Kauf zu einem vertret­baren Preis ist jedoch nicht gelungen. Auch die zu erwar­tenden Kosten für die unumgäng­liche Restau­rie­rung wären für die Kommune nicht darstellbar gewesen“, resümiert er. Die jetzt gefundene Lösung bezeichnet er als die zweit­beste für Seesen, weil die Quadriga wieder in einen guten Zustand versetzt würde und dem Braun­schweiger Land erhalten bliebe.

„Die Seesener Quadriga wurde in den Jahren 1890/93 für die Weltaus­stel­lung in Chicago angefer­tigt. Auftrag­geber war die Braun­schweiger Handwer­ker­schaft des Metall­ge­werbes, die ein Referenz­stück in die USA schicken wollte“, berichtet  Bauhis­to­riker Dr. Bernd Wedemeyer von der Entste­hungs­ge­schichte der Skulptur. Hersteller war nicht mehr die Braun­schweiger Werkstatt Howaldt, die das Original auf dem Schloss gefertigt hatte, sondern die Braun­schwei­gi­sche Wilhelms­hütte in Bockenem am Harz.

1910 wurde die Quadriga an den Fabri­kanten Fritz Züchner verkauft. Er entwi­ckelte 1914 bei Kriegs­aus­bruch den Plan, mit ihr ein Trium­phtor in Seesen zu bestücken, der aber aufgrund des verlo­renen 1. Weltkriegs nicht reali­siert werden konnte. So wurde die kleine Rietschel-Quadriga schließ­lich auf die Züchner-Villa gestellt.

Die aktuelle Quadriga auf dem Braun­schweiger Schloss ist bereits die dritte, die nach dem Gipsmo­dell von Ernst Rietschel gefertigt wurde. Die erste Quadriga fiel 1865 dem Schloss­brand zum Opfer. Die zweite Figuren­gruppe wurde 1868 aufge­stellt. Fast unbeschadet überstand sie zwar den zweiten Weltkrieg, aber Buntme­tall­diebe bedienten sich in der Notzeit der Kupfer­platten. Zurück blieb ein Eisen­ge­rippe, das beim Abriss der Schloss­ruine 1960 gleich mit vernichtet wurde.

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