So jagte und lebte der Homo heidel­ber­gensis

Figur des Homo heidelbergensis. Foto: Forschungsmuseum Schöningen
Figur des Homo heidelbergensis. Foto: Forschungsmuseum Schöningen

Braun­schwei­gi­sche Museen, Folge 14: Zusam­men­spiel aus Spitzen­for­schung, Erleb­nis­ori­en­tie­rung und futuris­ti­scher Archi­tektur zeichnen das Forschungs­mu­seum Schöningen aus.

Die Schöninger Speere sind mit einem Alter von etwa 300.000 Jahren die bislang ältesten entdeckten und erhal­tenen Jagdwaffen der Mensch­heit. Die Randbe­reiche des Braun­koh­le­ta­ge­baus bei Schöningen sind für Archäo­logen aus aller Welt der Hotspot schlechthin. Doch nicht nur die einzig­ar­tigen Waffen geben Aufschluss über das Verhalten und die Lebens­um­stände der Urmen­schen, sondern auch aussa­ge­kräf­tige Knochen­funde von charak­te­ris­ti­schen Tieren jener Zeit. Die zahlrei­chen Funde zeichnen ein präzises Bild der damaligen Flora und Fauna am Rande eines großen Sees. Mit dem Forschungs­mu­seum Schöningen werden die Funde für Besucher und Fachleute aus der ganzen Welt ausge­zeichnet in Szene gesetzt. Aus der gesamten Altstein­zeit gibt es zu den Schöninger Speeren weltweit keine Parallele.

Koope­ra­tionen mit 30 Insti­tuten

Das Forschungs­mu­seum begeis­tert dabei mit einem innova­tiven Ausstel­lungs­kon­zept. In spannenden Insze­nie­rungen ist zu sehen, wie der Homo heidel­ber­gensis vor vielen Jahrtau­senden gelebt und gejagt haben könnte. Das Zusam­men­spiel von Spitzen­for­schung, Erleb­nis­ori­en­tie­rung und futuris­ti­scher Archi­tektur machen das Museum, das zunächst unter dem Namen „paläon“ im Jahr 2013 eröffnet wurde, zu einem der faszi­nie­rendsten archäo­lo­gi­schen Erleb­nis­zen­tren der Welt. Seit 2019 firmiert es nun unter seinem neuem Namen und wird unter der Regie des Nieder­säch­si­schen Landes­amts für Denkmal­pflege geführt. Unter­stützt wird die Einrich­tung vom Förder­verein Schöninger Speere – Erbe der Mensch­heit e. V. Das Forschungs­mu­seum unterhält Koope­ra­tionen mit 30 Insti­tuten im In- und Ausland.

Ausgrabungsstätte in Schöningen. Foto: Forschungsmuseum Schöningen
Ausgra­bungs­stätte in Schöningen. Foto: Forschungs­mu­seum Schöningen

Die Koope­ra­tionen tragen reiche wissen­schaft­liche Früchte. Zuletzt ließen im Sommer dieses Jahres Archäo­logen vom Sencken­berg-Zentrum für mensch­liche Evolution und Paläo­um­welt der Univer­sität Tübingen aufhor­chen, weil es ihnen gelungen war, erstmals ein nahezu vollstän­diges Skelett eines eurasi­schen Waldele­fanten (Palaeolox­odon antiquus) freizu­legen. Aus der altstein­zeit­li­chen Grabungs­stelle wurden in den vergan­genen Jahren Fossilien von mindes­tens zehn Elefanten geborgen. Finan­ziert werden die Ausgra­bungen in Schöningen durch das Nieder­säch­si­sche Minis­te­rium für Wissen­schaft und Kultur.

Grabungen seit 1983

Blick in den Tagebau. Foto: Forschungsmuseum Schöningen
Blick in den Tagebau. Foto: Forschungs­mu­seum Schöningen

Das Museum liegt am Rand des früheren Tagebaus Schöningen Süd im Helmstedter Braun­koh­le­re­vier. Dr. Hartmut Thieme vom Nieder­säch­si­schen Landesamt für Denkmal­pflege (NLD) führte dort seit 1983 archäo­lo­gi­sche Grabungen durch. Zwischen 1994 und 1998 entdeckte er mehrere vollständig erhaltene Holzar­te­fakte aus der Altstein­zeit. Die Funde sind Ursprung und Basis des Forschungs­mu­seums Schöningen.

Die geolo­gi­sche Beson­der­heit des Fundortes erlaubt einen aufschluss­rei­chen Einblick in die Klima­ge­schichte der Region. Die Erdschichten gewähren einzig­ar­tige Einblicke in die Klima­ent­wick­lung zwischen zwei Eiszeiten. Umwelt­ver­än­de­rungen und die Anpassung des Menschen daran sind deshalb weitere Themen­kom­plexe in der Dauer­aus­stel­lung.

Geschichte neu geschrieben

Museum in futuristischer Form. Foto: Forschungsmuseum Schöningen
Museum in futuris­ti­scher Form. Foto: Forschungs­mu­seum Schöningen

Die Speere und weitere Funde belegen, dass der Homo heidel­ber­gensis bereits sein Handeln plante, techno­lo­gi­sche Fähig­keiten besaß, über Jagdstra­te­gien und ein komplexes Sozial­ge­füge verfügte. Die Geschichte unserer Vorfahren aus der Altstein­zeit musste neu geschrieben werden. In der Dauer­aus­stel­lung des Museums wird all das dokumen­tiert.

Darüber hinaus kann den Archäo­logen in einem gläsernen Labor zugesehen werden. In einem inter­ak­tiven Besucher­labor können die Gäste selbst zu Forschern werden. Im Außen­be­reich gibt es eine weitläu­fige Parkan­lage mit Wildpferden und einem Erleb­nis­pfad, der in die Lebens­welt der Altstein­zeit entführt. Nirgendwo sonst können Besucher so hautnah in die Zeit von vor 300.000 Jahren eintau­chen.

Als anerkannter außer­schu­li­scher Lernort bietet das Forschungs­mu­seum ein umfang­rei­ches, pädago­gisch aufbe­rei­tetes Programm für Lehrkräfte und Schul­klassen.

Kontakt:

Forschungs­mu­seum Schöningen
Paläon 1
38364 Schöningen

E‑Mail: forschungsmuseum-schoeningen@nld.niedersachsen.de
Telefon: 05352–909 11 0
Internet: www.forschungsmuseum-schoeningen.de

Öffnungs­zeiten:

  • März bis Oktober: Dienstag bis Sonntag, 10 Uhr bis 17 Uhr
  • November bis Februar: Mittwoch bis Sonntag, 11 Uhr bis 16 Uhr

Eintritt:

  • Erwach­sene: 9 Euro
  • Ermäßigte: 6 Euro
  • Famili­en­karte: 20 Euro
  • Öffent­liche Führungen: 3 Euro pro Person

Mehr unter:

www.der-loewe.info/archaeologie-hotspot-schoeningen
www.der-loewe.info/hier-fanden-wir-das-erste-stueck-holz

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