St. Leonhard in Braun­schweig: Bald Theater in den alten Scheunen

In die ehemaligen Stallscheunen im Braunschweiger Quartier St. Leonhard wird unter anderem das LOT-Theater einziehen. Foto: Henning Thobaben

Die Sanierung im Quartier gegenüber der Stadt­halle geht voran. Die neuen Räume des LOT-Theaters nehmen Form an. Die Fertig­stel­lung ist bald in Sicht.

An den Wänden lehnen große Säcke mit Kunst­stoff­gra­nulat. Die Ausgleichs­schüt­tung kommt immer dann zum Einsatz, wenn das Boden­ni­veau in einem Gebäude variiert und angegli­chen werden soll. In den beiden Stall­scheunen im Quartier St. Leonhard gibt es in dieser Hinsicht großen Bedarf.

Logo Braunschweiger ZeitungDieser Artikel ist zuerst erschienen am 29.08.2022 (Bezahl-Artikel)

Die Gebäude wurden Mitte des 19. Jahrhun­derts gebaut und lagen lange brach. Sie sind das letzte noch ausste­hende Baupro­jekt in dem integra­tiven Stadt­viertel nahe dem Haupt­bahnhof. Voraus­sicht­lich Ende dieses Jahres oder Anfang 2023 wird das soziale Leucht­turm­pro­jekt weitge­hend abgeschlossen sein, bald darauf werden die letzten Nutzer einziehen.

Vor wenigen Tagen schaute hier Oberbür­ger­meister Thorsten Kornblum im Rahmen seiner Sommer­tour vorbei, bei der er verschie­dene Unter­nehmen und Insti­tu­tionen in Braun­schweig ansteuert.

Elasti­scher Boden­belag für Tänzer und andere Künstler

Im ersten Oberge­schoss des einen Gebäudes ist ein Estrich­leger gerade dabei, die feuchte Masse mit einer Abzieh­latte zu verteilen und zu glätten. Ein paar Meter weiter hat er bewusst eine recht­eckige Vertie­fung einge­ar­beitet. „Hier kommt ein Schwing­boden rein“, erläutert Architekt Stefan Drees. Der elasti­sche Boden­belag soll Tänzern und anderen Künstlern zugute kommen, die hier später einmal auftreten werden.

Das LOT-Theater ist künftiger Mieter der Räumlich­keiten. Die klein­tei­lige Errich­tung von Trocken­bau­wänden im Erdge­schoss vermit­telt bereits einen Eindruck von den späteren Künst­ler­ka­binen. Ein Treppen­lift für Darsteller mit Handicap soll ebenfalls noch eingebaut werden. Das Innen­leben in den beiden früheren Stall­scheunen ist komplett neu – bis auf einige alte Stütz- und Dachbalken, die entspre­chend aufbe­reitet wieder­ver­wendet wurden.

Im vergan­genen Jahr hatten die Rückbau­ar­beiten begonnen, lediglich die denkmal­ge­schützten Außen­mauern waren stehen geblieben. Sie bestehen aus Duckstein aus dem Elm, weil dieser als leicht zu bearbeiten galt und auch mit der Handsäge in Form gebracht werden konnte. Heute sehen die Quader aus wie neu. „Sie wurden mit einem Granulat bestrahlt, ohne Wasser“, wie Chris­to­pher Hundert­mark von Borek Immobi­lien betont. Andern­falls hätte sich die Feuch­tig­keit über Jahre hinweg in den Poren des Gesteins einge­la­gert.

Die beiden Gebäude standen jahrzehn­te­lang leer

Die beiden Stall­scheunen waren bis 1978 von der Reiter­staffel der Polizei­di­rek­tion Braun­schweig genutzt worden. Als die Polizei ausge­zogen war, standen die Gebäude über Jahrzehnte hinweg leer. „Zur Weltaus­stel­lung sollte hier mal ein Hotel entstehen. Aus heutiger Sicht können wir froh sein, dass die Pläne nicht reali­siert wurden“, meint Klaus Hornung, Leiter des städti­schen Fachbe­reichs Stadt­pla­nung und Umwelt­schutz.

Die ehema­ligen Scheunen sind das letzte Projekt im Quartier St. Leonhard. Foto: Henning Thobaben

Und auch der Oberbür­ger­meister zeigte sich angetan vom Zwischen­er­gebnis: „Lange Zeit war es ein großes Ärgernis, dass gegenüber der Stadt­halle eine Ruine steht“, sagte er und scherzte, dass es bald umgekehrt sein könnte: Der Versuch, einen Total­un­ter­nehmer für die nötige Sanierung der Stadt­halle zu finden, ist bereits zweimal geschei­tert. Nun soll eine neue der Stadt das Vorhaben voran­bringen.

Stiftung Neuerke­rode plant dort weitere Einrich­tungen

Eine der beiden sanierten Stall­scheunen wird künftig komplett dem Lot-Theater zur Verfügung stehen, im Erdge­schoss wird es eine Theater­gas­tro­nomie geben. Das zweite Gebäude beinhaltet noch Proberaum und Büros des Lot-Theaters.

Darüber hinaus wird die Evange­li­sche Stiftung Neuerke­rode dort eine Tages­för­de­rung und Werkstätten unter­halten. Die Stiftung ist in dem neuen Quartier bereits mit einer Tages­klinik, der Diako­nie­sta­tion sowie statio­närem und betreutem Wohnen vertreten. Außerdem betreibt das Christ­liche Jugend­dorf­werk Deutsch­lands (CJD) auf dem Areal sein Internat und die inter­na­tio­nale Kinder­ta­ges­stätte.

St. Leonhard wird so mehr und mehr zu einem sozialen und kultu­rellen Viertel. Dabei sei das einst ganz anders gewesen, erläutert Hornung: Die benach­barte romani­sche Kapelle St. Leonhard sei im 12. Jahrhun­dert als Siechen­ka­pelle für Aussät­zige erbaut worden. Und zwar bewusst östlich der Stadttore, weil der Westwind die Krank­heiten möglichst von der Stadt fernhalten sollte.

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