Streit wegen Flößerei auf der Schunter

Die Schunter bei Querum 1760. Foto: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel, K 5235.

Stau von Baumstämmen sorgte im Frühjahr 1780 für Überschwem­mungen auf den Wiesen der Querumer Bauern.

Bei Räbke im Elm entspringt die Schunter, knapp 60 Kilometer schlän­gelt sie sich durch das Braun­schweiger Land bis zur Mündung in die Oker zwischen Walle und Groß Schwülper. Ab Mitte des 18. Jahrhun­derts gab es Versuche, die Schunter für die Flößerei von Brennholz aus dem Elm und dem Dorm zu nutzen. Doch das führte mitunter zu Problemen, wie eine Beschwerde der Querumer Bauern 1780 zeigt.

Im 18. Jahrhun­dert hatte die wachsende Stadt Braun­schweig Probleme, ihren Bedarf an Brennholz zu decken. Der Transport über Land war teuer und da das Holz aus der näheren Umgebung nicht ausreichte, war die Stadt auf die Holzlie­fe­rungen aus den waldrei­chen Gebieten beider­seits der Schunter angewiesen. Aller­dings war auch die Flößerei auf der Schunter nicht einfach, der Lauf war in zahlreiche stark gekrümmte Flussarme aufge­spalten und der Wasser­stand schwankte stark. Starke Verkrau­tungen und wandernde Sandbänke behin­derten den Ablauf des Wassers, auch die vielen Mühlen und Stauan­lagen behin­derten den Waren­trans­port. Am 1. Januar 1746 befahl Herzog Carl I. erstmals, das im Drömling geschla­gene Holz über die Schunter nach Braun­schweig zu flößen. Aller­dings mussten die Anwohner die Wasch­bänke entfernen und das von den abgehauenen Weiden in den Fluss gefallene Zweigwerk entfernen.

Herzog ließ Flussbett ausbauen

Carl I. ließ von 1747 an das Flussbett der Schunter ausbauen, um Schiff­fahrt und Flößerei zu fördern. Zudem begann er mit dem Bau eines Kanals vom Nussberg nach Braun­schweig, der auch eine Verbin­dung zur Schunter hatte. 1753 fuhren zehn Schiffe auf der Schunter, die unter anderem Steine für die Pflas­ter­ar­beiten in der Stadt Braun­schweig brachten. Der Transport über den Fluss florierte bis in die 1770er Jahre und endete schließ­lich 1788, bereits vorher waren die Bauar­beiten auch wegen Geldman­gels in der herzog­li­chen Kasse einge­stellt worden. Im Sommer 1803 wurden die Bemühungen durch die Landes­herr­schaft endgültig aufge­geben.

Am 20. April 1780 wandten sich die Querumer Bauer­meister Brandt und Wiemann an Kammerrat Hohnstein, die Gemeinde befände sich in „äußerster Verle­gen­heit“: Vor einer Woche sei das aus dem Elm geflößte Holz an der Brücke in Querum angekommen. Dort sei es angehalten worden, „und türmte sich durch den natür­li­chen Trieb des Wassers derge­stalt auf, daß der Strom völlig gehemmet und wegen Mangel des Abzuges in ihren sonst niemals überschwemmten Wiesen treten mußte.“ Die Gemeinde bat nun, „dafür die gnädigste Verfügung zu treffen, dass durch schleu­nige Wegräu­mung des sich angestauten Flöß-Holzes, die Schunter von ihren Wiesen ab und wieder in ihr ordent­li­ches Bette geleitet“ würde.

Situation des Dorfes Querum 1736. Foto: Nieder­säch­si­sches Landes­ar­chiv Wolfen­büttel, K 374.

Amtmann bestätigt Bauern

Im April 1780 schickte Hohmann Amtmann Bohlen nach Querum, um die Situation in Augen­schein zu nehmen. Wenige Tage später war Bohlen vor Ort und bestä­tigte im Wesent­li­chen den Bericht der Querumer, „daß das Holz würklich nicht allein vor der Brücke, sondern auch an einigen andern Orten so auf einander gethürmt im Strom gelegen, daß man füglich darüber gehen könne.“ Mit dem Wasser habe es sich über die Wiesen verteilt, jeden Tag werde aber nur so viel nach Braun­schweig gebracht, wie drei Schiffe trans­por­tieren könnten, sodass bisher lediglich 200 Klafter abtrans­por­tiert worden seien. So würde es aber noch über vier Wochen dauern, bis das Wasser ganz abfließen könne und die Wiesen wieder frei und vom verstreut liegenden Holz gereinigt wären.
Der Schaden für die Querumer Bauern war groß. Der vergan­gene Winter war lang gewesen, daher gab es keine Futter­vor­räte für die Kühe mehr und diese weideten bereits seit drei Wochen auf den Weiden. Nun befürch­teten die Bauern auch Einbußen bei der Heuernte, viele Querumer lebten von der Viehzucht. Seit geflößt werde, gäbe es immer wieder Probleme, da das Holz drei Wochen vor der Brücke in Querum liegen würde, „sie hätten solches geduldig ertragen, wären es aber in der Länge auszu­halten unver­mö­gend.“

Schlamm und Unrat angespült

Amtmann Bohlen gab zu bedenken, dass Überschwem­mungen durchaus nützlich für das Wachstum des Grases seien, doch hier habe die Schunter nur „Schlamm und Unrat“ mitge­bracht. Wenn das Wasser zudem noch länger auf den Wiesen stehen würde, befürchtet er ein Faulen des Grases. Wenn das Holz zügig innerhalb der nächsten acht Tage wegge­räumt werden würde, wäre der Schaden noch in Grenzen zu halten und der anste­hende Regen könnte den Schlamm wegspülen. Dann würden die Querumer auch auf weitere Forde­rungen verzichten.

Um eine Wieder­ho­lung in den nächsten Jahren zu vermeiden, schlug Amtmann Bohlen vor, das Holz an einem „günstigen Platz an der Schunter“ zwischen­zu­la­gern, dass das Wasser immer abfließen könne. Die Kosten dafür wären auch nicht höher als die, die durch das aufwen­dige Einsam­meln des verstreuten Holzes in Querum entstehen würden.

Quelle: Nieder­säch­si­sches Landes­ar­chiv – Abteilung Wolfen­büttel, 4 Alt 10, XIV Nr. 19

(Der Beitrag erschien zuerst auf dem Braun­schweiger Geschichts­blog)

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