Weihe­ur­kunde bestimmt Braun­schweigs Geburts­stunde

Südseite der Magnikirche: Foto: Elmar Arnhold

Die heraus­ra­genden Kirchen im Braun­schweiger Land, Teil 9: die Magni­kirche

Die Magni­kirche hat für Braun­schweig eine ganz besondere Bedeutung. Denn die Weihe­ur­kunde aus dem Jahr 1031 ist die Ersterwäh­nung der Stadt unter dem Namen „brunes­guik“. Mit dem Umbau der ursprüng­lich viel kleineren und Braun­schweigs ältester Kirche zu einer Hallen­kirche wurde im Jahr 1252 begonnen. Bis 1475 entstand in mehreren Bauab­schnitten die „neue“ St. Magni-Kirche als gotische Hallen­kirche. Zwischen 1873 und 1877 wurde das Gebäude durch Stadt­baurat Ludwig Winter restau­riert und von Max Osterloh und Adolf Quensen im Stil des Histo­rismus ausgemalt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche durch den Bomben­an­griff vom 23. April 1944 sehr stark beschä­digt und von 1956 bis 1964 in seiner heutigen Gestalt wieder aufgebaut.

Die Ersterwäh­nungs­ur­kunde Braun­schweigs aus dem Jahr 1031. Foto: Peter Sierigk

Den Nordturm gab es nie

Bei Grabungen in den Jahren 1873 und 1956 waren Funda­ment­reste der geweihten Kirche entdeckt worden. Demnach war sie 14 Meter lang und 9 Meter breit. Die heutige Magni­kirche ist dagegen 56 Meter lang und 20 Meter breit. Westportal und Turmhalle stammen noch aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhun­derts. Der Südturm misst stolze 41 Meter. Den Nordturm gab es dagegen nie. „Die Turmfront blieb mit ihrem Nordturm unvoll­endet. Während der Südturm wohl noch im Spätmit­tel­alter eine zweistu­fige Haube mit Laterne erhielt, bedeckte man den Stumpf des Nordturms mit einer geschweiften Barock­haube“, erläutert Bauhis­to­riker Elmar Arnhold in seinem Standard­werk „Mittel­al­ter­liche Metropole Braun­schweig“. Das Buch bildet die Basis unserer Serie. Es wurde unter anderem von der Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz und der Richard Borek Stiftung gefördert.

Südseite vor der Zerstö­rung, um 1930. Foto: Stadt­ar­chiv

Im Gegensatz zur Magni­kirche waren nur wenige Häuser rund um den Magni­kirch­platz von den Flieger­bomben getroffen worden. Die Kirche aber brannte zu großen Teilen aus, auch die Barock­haube des Südturms wurde vernichtet. Keine andere Kirche Braun­schweigs war so sehr zerstört wie St. Magni. Beim Wieder­aufbau wurden die südlichen Fenster zugemauert. Nicht gesichert ist, aber immer wieder kolpor­tiert wird, dass das im Vorgriff auf den seiner­zeit geplanten Straßen­durch­bruch zurück­zu­führen sei. Der Plan wurde glück­li­cher­weise verworfen, und der Horten-Bau verhin­derte das Schlimmste.

Heraus­ra­gende Tradi­ti­ons­insel

So wurde eines der ältesten Stadt­viertel Braun­schweigs als heraus­ra­gende Tradi­ti­ons­insel erhalten. In dessen Zentrum liegt der Magni­kirch­platz mit der Magni­kirche. „Das ist ein Sympa­thieort ohneglei­chen. Der Platz hat alles, was ich mir wünsche. So stelle ich mir Stadt vor“, zeigte sich Lessing-Preis­träger, Dokumen­tar­filmer und Autor Dieter Wieland 2017 im Gespräch mit Stadt­planer Walter Ackers begeis­tert vom Magni­kirch­platz (Hier gehts zu unserem Video). Der Ur-Münchner Wieland, ein kriti­scher Geist, der immer wieder gesichts­lose Bauar­chi­tektur anpran­gert, geriet ins Schwärmen: „Wenn ich hier sitze, könnte ich mich in Braun­schweig verlieben.“

Bewusst moderne Formen­sprache

Der Wieder­aufbau der Magni­kirche nach dem Zweiten Weltkrieg wurde nach Plänen der Archi­tekten Rudolf Pramann und Heinrich Otto Vogel in bewusst moderner Formen­sprache reali­siert. „Die ursprüng­li­cher Gestalt des Langhauses ist anhand der erhal­tenen Pfeiler­reihe mit Scheid­bögen im Süden des Mittel­schiffs noch ablesbar … Beim Wieder­aufbau wurden die nördliche Pfeiler­reihe und die Nordaußen­wand beseitigt. Statt­dessen errich­tete man eine Beton­kon­struk­tion mit raumhohen Fenstern“, erklärt Bauhis­to­riker Arnhold. Die Fenster­wand ziert Glasma­lerei von Hans Gottfried Stock­hausen (1920–2010). Das 1961 geschaf­fene Kunstwerk stellt den Aufbruch des Volkes Israel auf dem Weg aus pharao­ni­scher Knecht­schaft in Ägypten zum „gelobten Land“ dar. Zur Wieder­ein­wei­hung 1964 erhielt die Kirche ein modernes Kruzifix von Ulrich Henn.

Älteste Glocke Braun­schweigs

Zu den Beson­der­heiten der Magni­kirche zählt auch die „Magnus­glocke“. Sie stammt aus dem Jahr 1335 und ist damit die älteste Kirchen­glocke Braun­schweigs. Erwäh­nens­wert sind zudem die sicht­baren Grabplatten an der Südseite zum Magni­kirch­platz hin. Sie zeugen von der einstigen Nutzung des Platzes als Friedhof. Anfang des 18. Jahrhun­derts wurde er geschlossen. Der Dom- und St. Magnif­riedhof wurde zusam­men­ge­fasst und an die Ottmer­straße verlegt. Dort befinden sich unter anderem die Gräber von Dichter Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781, Nathan der Weise), Baumeister Carl Theodor Ottmer (1800–1843, Residenz­schloss), Schrift­steller Friedrich Gerstä­cker (1816–1872, Fluss­pi­raten des Missis­sippi) oder Baumeister Peter Joseph Krahe (1758–1840, Wallring). Nach Eröffnung des Haupt­fried­hofes 1887 fanden dort keine Beerdi­gungen mehr statt.

Kontakt:
Ev.-luth. Kirchen­ge­meinde St. Magni
Hinter der Magni­kirche 7
38100 Braun­schweig

Telefon: 0531–4 68 04
E‑Mail: magni.bs.buero@lk-bs.de
Internet: www.magni-kirche.de

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