Witzig, pointiert und provokant

Sammler Michael-Andreas Wahle (rechts im Licht) erläutert Exponate. Foto: Prüsse Stiftung/Andreas Greiner-Napp
Sammler Michael-Andreas Wahle (rechts im Licht) erläutert Exponate. Foto: Prüsse Stiftung/Andreas Greiner-Napp

The Art of John Lennon: Ausstel­lung in der Jakob-Kemenate widmet sich der briti­schen Pop-Ikone und seiner Kunst neben der Musik.

Mit der Musik der Beatles wurde er zur Pop-Ikone, die Nickel­brille war sein Marken­zei­chen: John Lennon. Dass der britische Musiker auch ein künst­le­ri­sches Talent hatte, zeigt die Ausstel­lung „The Art of John Lennon“ in der Jakob-Kemenate in Braun­schweig. Ein feiner Strich und eine faszi­nie­rende Konzen­tra­tion auf das Wesent­liche charak­te­ri­sieren seine Zeich­nungen. Etwa „Two in One“. Brille, Nase, Mund, Haare, Schlitz­augen, Nase, Mund, Haare – das sind ganz unver­kennbar John und Yoko. „Sie waren das meist­ge­hasste Paar der Musik­ge­schichte“, sagt Sammler Michael-Andreas Wahle, aus dessen Beständen die Ausstel­lung fast ausschließ­lich zusam­men­ge­stellt wurde.

Die Zeich­nungen in der Jakob-Kemenate künden von einer ganz großen Liebe zu Yoko Ono und demons­trieren John Lennons politi­sches Engage­ment als Friedens­ak­ti­vist. Manche Blätter wirken wie hinge­krit­zelt und zeigen die Fähigkeit des Multi­ta­lents, mit nur wenigen Strichen Eindrücke und Gefühle festzu­halten: witzig, pointiert und manchmal durchaus provokant. Da geht es um Moment-Aufnahmen aus seiner Ehe, Episoden aus dem Famili­en­alltag oder um Besuche in Japan. Andere Blätter sind fast naiv, sie sind heiter und beschwingt. Es sind die in warmen Farben gemalten Bilder für Sohn Sean: eine schnur­rende Katze, eine hupende Eule, ein tanzendes Kamel.

„Das Zeichnen hatte für Lennon eine entlas­tende Funktion“, sagte Martin Jasper, Leiter der Kultur­re­dak­tion der Braun­schweiger Zeitung, in seinem Festvor­trag bei der Eröffnung der Ausstel­lung vor mehr als 900 Besuchern in der St. Martini Kirche. „Es war ein kreativer Urlaub vom Beatles-Dasein.“ Für ein „Schatten-Talent“ wie Lennon sei das Zeichnen mögli­cher­weise die einzige Möglich­keit, unver­stellt von sich zu künden.

Die Ausstel­lung, die die Stiftung Prüsse in der Reihe „Doppel-Talente“ initiiert hat, bietet jedoch weitaus mehr als Zeich­nungen, Litho­gra­fien und Karika­turen. Wer die Jakob-Kemenate betritt, wird von einer lebens­großen Figuren­gruppe begrüßt. Die Figuren zeigen in hyper­rea­lis­ti­scher Manier John Lennon als jungen Mann, lässig mit Leder­jacke und Schie­ber­mütze, seine Tante Mimi und – vermut­lich als Rückblick – den fünfjäh­rigen John. Geschaffen wurde die Gruppe, die sich heute in Privat­be­sitz befindet, von einer Londoner Künst­ler­ko­ope­ra­tive.

Es gibt frühe fotogra­fi­sche Portraits, die einen coolen jungen Mann zeigen, und Bilder von den Drehar­beiten zu dem Film „Wie ich den Krieg gewann“, bei dem John Lennon den Gefreiten Gripweed spielte. Für diese Rolle ließ er sich die Haare schneiden und trug erstmals eine Nickel­brille. In den Vitrinen findet sich Persön­li­ches: Brillen, Halsschmuck, Auszeich­nungen, eine Tasche von British Airways mit dem Aufdruck „The Beatles“. Auch signierte und veredelte Schall­platten gehören zur Ausstel­lung. Für Stifter Jochen Prüsse sind die Friedens­ak­ti­vi­täten Lennons von beson­derer Bedeutung. „Mit den ‚War is over‘-Aktionen, die er 1969 mit seiner Frau Yoko startete, traf er direkt mein Herz und meinen Verstand“, sagt Prüsse. Dokumen­tiert werden diese Aktivi­täten beispiels­weise durch die Plakat-Aktion „War is over“.

Ausstel­lung an vier Orten

Die Ausstel­lung ist nicht nur in der Jakob-Kemenate zu sehen. Im Augus­tinum werden Werke des Musikers und Grafikers Klaus Voormann gezeigt, eines Freundes der Beatles, der das Cover für das Beatles-Album „Revolver“ entworfen hatte und dafür einen Grammy erhielt. Fotos, unter anderem aus dem Hochzeits-Album mit Yoko Ono, sind im Bankhaus Löbbecke zu sehen. In der Stadt­halle sind Zeich­nungen ausge­stellt, die von Lennons erster Frau Cynthia stammen und von seiner zweiten Frau Yoko Ono. Ein beson­derer Blick­punkt im Foyer des Bahnhofs ist eine etwa drei Mal drei Meter große Nickel­brille, dem Marken­zei­chen von John Lennon.

Lennon-Fans können in der Jakob-Kemenate den Druck „Honeymoon“ mit Künst­ler­stempel erwerben, der in einer begrenzten Auflage heraus­ge­geben wird. Zur Ausstel­lung unter Schirm­herr­schaft von Braun­schweigs Oberbür­ger­meister Ulrich Markurth erscheint ein Katalog, einem Teil der Auflage liegt eine CD bei mit den letzten Demoauf­nahmen Lennons vor seinem tragi­schen Tod im Jahr 1980.

Der Sammler

Die von der Stiftung Prüsse gezeigten Stücke stammen fast ausschließ­lich von Michael-Andreas Wahle, einem begeis­terten Sammler aus Hatters­heim bei Frankfurt. Er empfiehlt die Ausstel­lung allen, die eine andere Seite von John Lennon kennen­lernen wollen, nicht nur den Musiker, sondern den Zeichner, Famili­en­vater und Ehemann. Viele seiner Sammlungs­stücke stammen aus einer Zeit, als John Lennon sich ins Private zurückzog (1975 bis 1980) und Yoko sich um die Geschäfte kümmerte.

Wahle kannte John Lennon nicht persön­lich, aber dessen Witwe Yoko Ono. Ihr ist der Sammler bei einer Ausstel­lung in Frankfurt begegnet. Er konnte ihren 80. Geburtstag im Rahmen eines Konzerts in Berlin mitfeiern. Auch Lennons erste Frau Cynthia und den gemein­samen Sohn Julian sowie Johns Onkel Charly hat er getroffen. Darüber hinaus sind ihm Begeg­nungen mit Zeitge­nossen Lennons wichtig: etwa mit der ehema­ligen Sekre­tärin der Beatles oder dem Hamburger Fotografen Günter Zint. Wahles persön­li­ches Lieblings­stück ist übrigens eine Goldene Single, die Lennon   erhalten hat. Wahle bekam diese 1988 von Yoko Ono: mit einer Signatur.

Termine

Die Ausstel­lung „The Art of John Lennon“ ist in der Jakob-Kemenate in Braun­schweig bis Sonntag, 20. November, zu sehen. Die Jakob-Kemenate ist von Montag bis Sonnabend von 11 bis 17 Uhr geöffnet und am Sonntag von 12 bis 17 Uhr. Einzelne Stücke sind im Augus­tinum, im Bankhaus Löbbecke, im Bahnhof und in der Stadt­halle ausge­stellt.

Darüber hinaus sind weitere Aktionen geplant: So ist der Sammler Michael-Andreas Wahle am Sonnabend, 24. September, in der Jakob-Kemenate zu Gast und am Sonntag, 9. Oktober, gibt es einen persön­li­chen Rückblick auf die Pop-Ikone mit dem Autor und Musiker Achim Amme und mit Songwriter Volkwin Müller.

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