Zerstö­rung des Schlosses war ein Kolla­te­ral­schaden

Eine große Tafel weist auf das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Lustschloss Hedwigsburg hin. Foto: Klaus Hermann

„Jazz im Park“ findet am 15. September im Landschafts­park des Ritter­guts Hedwigs­burg in Kissen­brück statt.

Nach einjäh­riger Pause startet „Jazz im Park“ wieder durch: Die 10. Auflage des Musik­fes­ti­vals findet am 15. September (14 Uhr) im Park des Ritter­guts Hedwigs­burg in Kissenbrück/Landkreis Wolfen­büttel statt. Die prächtige Anlage wurde vor fünf Jahren aufwändig saniert und ist ein perfekter Ort für die Symbiose aus Musik, Kultur, Denkmal- und Heimat­pflege. Credo der veran­stal­tenden Braun­schwei­gi­schen Landschaft ist es, dass eben nicht nur Schlösser, Herren­häuser und Denkmäler die histo­ri­sche Identität des Braun­schweiger Landes prägen, sondern histo­ri­sche Parks und Gärten genauso. Den diesjäh­rigen Veran­stal­tungsort hat erneut Klaus Hermann, Initiator des Festivals und Sprecher der Arbeits­ge­mein­schaft Natur und Umwelt der Braun­schwei­gi­schen Landschaft, ausge­wählt.

Die Skulptur „Frau mit dem Löwen“ wird im Volksmund die „Fromme Johanna“ genannt. Foto: Klaus Hermann

Sommer­sitz von Herzog Julius

Das Rittergut Hedwigs­burg war einst ein präch­tiger Sommer­sitz der Braun­schwei­gi­schen Herzöge mit üppigen Garten­an­lagen, Teichen, Grotten und Denkmä­lern. Benannt wurde es nach der Gemahlin von Herzog Julius (1528–1589), Hedwig von Branden­burg (1540–1602). Das Lustschloss war 1587 erbaut worden. Nach der Zerstö­rung des Schlosses durch Bomben­treffer am 14. Januar 1944 sind aller­dings nur noch Reste der Grund­mauern sowie einige Archi­tek­tur­teile und Figuren erhalten. Die Zerstö­rung war ein Kolla­te­ral­schaden, denn das Schloss war aus militä­ri­scher Sicht bedeu­tungslos.

Der Gutspark ist auf Vorgän­ger­an­lagen der Renais­sance und des Barocks zurück­zu­führen. Spuren dieser Vorgän­ger­an­lagen sind die vierrei­hige Linden­allee und der Linden­lau­ben­gang, der schon vor 1680 vorhanden war, heißt es im Denkmal­atlas Nieder­sachsen. Der heutige Park wurde 1769 von Albrecht Emond von Münch­hausen in einer Mischung aus Rokoko und engli­schem Landschafts­garten angelegt. Er gilt als eine der bedeu­tendsten Parkan­lagen im ehema­ligen Fürstentum Braun­schweig. Vom einstigen Figuren­pro­gramm sind noch der Schne­cken­berg mit Sühne­kreuz und die „Frau mit dem Löwen“ erhalten.

Die neue gepflanzte Linden­allee. Foto: Klaus Hermann

Saniert nach histo­ri­schem Vorbild

Das Rittergut ist seit dem 1. Januar 1933 im Besitz der Familie Bennecke. Franziska Bennecke ließ die Parkan­lage 2019 in Teilen nach histo­ri­schem Vorbild umgestalten. Unter­stützt wurde das Vorhaben von der Deutschen Stiftung Denkmal­schutz, der Nieder­säch­si­schen Gesell­schaft zur Erhaltung histo­ri­scher Gärten, der Nieder­säch­si­schen Bingo-Umwelt­stif­tung, das Nieder­säch­si­sche Amt für Denkmal­pflege und des Zukunfts­fonds Asse. Der 19 Hektar große Park ist, solange er im Besitz der Familie Bennecke ist, frei zugäng­lich. Durch „Jazz im Park“ wird er für ein breiteres Publikum ins Bewusst­sein gerückt.

Bei der Umgestal­tung der Linden­allee und der Schne­cken­berg mussten rund 200 Jahre alten Linden gefällt werden, weil sie nicht mehr standfest waren. Statt­dessen wurden 150 junge Linden nachge­pflanzt. Die Linden­allee führt zur Skulptur der „Frommen Johanna“. Der Schne­cken­berg wurde nach histo­ri­schem Vorbild wieder mit Hainbu­chen versehen. Linden­allee und Schne­cken­berg sind die Haupt­ge­stal­tungs­ele­mente des Landschafts­parks. Am Erhalt des Gutsparks bestehe aus geschicht­li­chen, künst­le­ri­schen, wissen­schaft­li­chen und städte­bau­li­chen Gründen ein öffent­li­ches Interesse, lautet das Urteil des Nieder­säch­si­schen Landes­amts für Denkmal­pflege.

Wieder mit Hainbu­chen bepflanz: der Schne­cken­berg. Foto: Klaus Hermann

Vorläufer aus dem Jahr 1167

Mit dem Schloss Hedwigs­burg und dessen Vorläufer, der Steck­len­burg, beschäf­tigt sich ein ausführ­li­cher Aufsatz von H. A. Schultz in der Zeitschrift „Braun­schwei­gi­sche Heimat“ aus dem Jahr 1971. Darin heißt es, dass die Hedwigs­burg, südsüd­öst­lich von Wolfen­büttel in der Ortsge­mar­kung Kissen­brück gelegen, eines der ersten Lustschlösser war, die nach dem Erstarken des Absolu­tismus im Braun­schweiger Gebiet erbaut wurden. Am Rande der landschaft­lich sehr reizvollen Oker- und Ilseaue und zwar an einer Stelle, an der oder in deren Nähe schon vor vielen Jahrhun­derten die Steck­len­burg (Ersterwäh­nung als Stikel­in­burcht 1176) gestanden habe.

Die Festi­val­reihe „Jazz im Park“ findet seit 2013 an wechselnden Orten im Braun­schwei­gi­schen statt. Sie ist keine kommer­zi­elle Musik­ver­an­stal­tung und kann nur statt­finden, weil viele Menschen ehren­amt­lich zum Gelingen beitragen und es regionale Förderer gibt. Dazu zählen auch die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz, die Braun­schwei­gi­sche Sparkas­sen­stif­tung und die Stiftung Musik­kultur Braun­schweig. Bisherige Austra­gungs­orte waren die Parks der Ritter­güter Abbensen, Dorstadt  und Groß Vahlberg, die Schloss­parks in Ringel­heim und Wendhausen sowie die Gutsparks von Destedt, Beienrode und Alvesse sowie der Park der Domäne Schickels­heim.

Mehr unter: www.jazz-im-park.com

Der Linden­lau­ben­gang war schon vor 1680 vorhanden. Foto: Klaus Hermann

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