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Zurück im Licht der Scheinwerfer

Carmen Markert hat das Brautkleid von Victoria Luise restauriert. Foto: Carmen Markert
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Zur 125. Wiederkehr ihres Geburtstags am 13. September 1892 wurde das Brautkleid Victoria Luises wieder entdeckt und im Rahmen von „Kunst auf Lager“ aufwändig restauriert.

Das zweifellos edle, reich bestickte und champagnerfarbene Kleid galt lange Zeit „nur“ als Abendkleid Victoria Luises. Erst hatte es die einstige Trägerin als persönliches Erinnerungsstück aufbewahrt. Nur sie kannte die einzig wahre Geschichte des Kleides. Nach ihrem Tod landete es zunächst im Fundus des Staatstheaters und schließlich beim Braunschweigischen Landesmuseum. Im Zusammenhang mit der Ausstellung „Victoria Luise – Ein Leben, zwei Welten“ kam aber heraus, dass es sich tatsächlich um das Brautkleid von Victoria Luise, der einzigen Tochter von Kaiser Wilhelm II, handelt. Es ist noch bis zum 22. Juli im Schlossmuseum Braunschweig zu sehen.

Die Leihgabe des Braunschweigischen Landesmuseums, zunächst noch als Abendkleid tituliert, sollte vor der Präsentation in der Ausstellung restauriert werden. Während der Arbeiten fielen Carmen Markert jedoch Ungereimtheiten an dem seinerzeit maßgeschneiderten Kleid aus dem Atelier Margarete von Wedell (Berlin) auf. Die Kernpunkte: Es befinden sich genähte Ösen am Rückenteil des Kleides, die darauf hindeuten, dass daran etwas befestigt gewesen sein musste. Außerdem ist das Kleid mit üppiger Silberstickerei aus dargestellten Myrten- und Orangenblattwerk verziert, das als Fruchtbarkeitssymbol gilt. Und noch dazu deuten die Maße des Kleides auf eine Trägerin mit einer sehr schlanken Figur hin.

„Als ich das Kleid nach der Restaurierung übergab, habe ich meine Bedenken erläutert, warum es sich möglicherweise nicht um ein Abendkleid handelt. Ich berichtete, dass die Kleidermaße die Figur einer sehr jungen Victoria Luise wiedergeben, dass das Stickereidekor am Kleid mit seiner Symbolik vielsagend ist und sich an den Ösen schmückende Accessoires befunden haben mussten“, erzählt Carmen Markert. Die Restaurierung des Kleides war von der Richard Borek Stiftung im Rahmen des bundesweiten Projekts „Kunst auf Lager“ finanziert worden.

Dr. Ulrike Sbresny, Kuratorin und Leiterin des Schlossmuseums, war bei den Schilderungen hellhörig geworden und forschte nach, was es mit dem Kleid auf sich hat. Sie fand des Rätsels Lösung schließlich in historischen Fotoaufnahmen von der Hochzeit am 24. Mai 1913. „An dem Kleid fehlen die lange Courschleppe und die Spitzendrapierungen. Die aufwändige Stickerei ist jedoch deutlich zu erkennen. Wir freuen uns sehr, dass wir dieses besondere Exponat in unserer Ausstellung erstmals dem Publikum präsentieren können“, sagt sie.

Gemeinsam mit Hochzeitsgeschenken war das Brautkleid 1913 im Berliner Kunstgewerbemuseum ausgestellt worden. Bisher waren Historiker davon ausgegangen, dass das Kleid gemeinsam mit den beiden Brautschleppen während der Novemberrevolution in Berlin 1918 gestohlen wurde. Victoria Luise hatte es aber als Erinnerung an ihre Hochzeit mit Ernst August von Hannover aufbewahrt. Gemeinsam lebten beide von 1913 bis 1918 im Residenzschloss am Bohlweg. Später verbrachte Victoria Luise nach dem Ableben ihres Mannes ihren Lebensabend in bürgerlichen Verhältnissen von 1956 bis zu ihrem Tod 1980 wieder in Braunschweig. Und ihr Hochzeitskleid behielt sie stets bei sich.

Den Zustand des Kleides vor der Restaurierung bezeichnete Carmen Markert als sehr fragil und kritisch. Die Metallstickerei war korrodiert, unterhalb der Armlöcher gab es große Schweißränder, in den Tüllärmeln und im Oberteil befanden sich große Löcher und Einrisse, die eingearbeiteten Korsettsstäbe splitterten und hatten scharfe Kanten, lange Risse zersetzten die verbundenen Schnittteile des Innenkleid aus Seidenserge und lösten es auf. Kurzum, es gab viel zu tun, um das kostbare Brautkleid zu retten und der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen, wie es das Konzept von „Kunst auf Lager“ vorsieht.

Jetzt erstrahlt das auf einer alterungsbeständigen Figurine drapierte Kleid in alter Pracht. Damit das auch lange so bleibt, hat die Restauratorin klare Maßgaben zur künftigen Lagerung mit auf den Weg gegeben: konstante Klimabedingungen, Belichtungsdauer reduzieren, Lichtstrahlung meiden, geeignete Folie vor Lichtquellen schalten und nicht das Monitoring gegen proteinfressende Insekten vergessen! Es scheint so, als habe das Brautkleid von Prinzessin Victoria Luise eine gute Zukunft vor sich.

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