Verborgen, vergessen, verschlissen

Die im Braunschweigischen Landesmuseum gelagerten zivilen Uniformen zivilen wurden nach Schimmelbefall aufgearbeitet. Foto: BLSM / Ilona Döring
Die im Braunschweigischen Landesmuseum gelagerten zivilen Uniformen zivilen wurden nach Schimmelbefall aufgearbeitet. Foto: BLSM / Ilona Döring

Richard Borek Stiftung engagierte sich im bundes­weiten Bündnis „Kunst auf Lager“ für bedeu­tende Kleidungs­stücke aus dem Herzogtum Braun­schweig: zivile Uniformen und Victoria Luises Braut­kleid.

Die Bilanz fällt nach dem fünfjäh­rigen Projekt­zeit­raum von „Kunst auf Lager“ unter der Betei­li­gung der Richard Borek Stiftung aus Braun­schweig überaus positiv aus. Das bundes­weite Bündnis zur Erschlie­ßung und Sicherung von Museums­de­pots hat gemeinsam 26 Millionen Euro in Förder­vor­haben inves­tiert. Zusätz­lich vergab das Bundes­mi­nis­te­rium für Bildung und Forschung mehr als 30 Millionen Euro an Forschungs­pro­jekte, die den Zielen von „Kunst auf Lager“ entspra­chen. Im Fokus der Initia­tive standen verbor­gene, verges­sene, beschä­digte und unerforschte Bestände in Museen. Exempla­risch ist in der gerade erschie­nenen Abschluss-Dokumen­ta­tion die Erfor­schung von zivilen Uniformen des Herzog­tums Braun­schweig genannt.

Trotz des Projek­tendes bleibt im Sinn von „Kunst auf Lager“ eine Menge zu tun in allen Museen Deutsch­lands. Allein ein Blick in die drei großen Museen Braun­schweig belegt die enorme Dimension der Aufgabe: Das Braun­schwei­gi­sche Landes­mu­seum zeigt etwa ein Prozent seiner Bestände. Es gibt zwischen 600.000 und 800.000 Objekte, die an unter­schied­li­chen Stand­orten gelagert werden. Das Natur­his­to­ri­sche Museum stellt rund zwei Prozent seiner Exponate aus. Das Museum hat einen Gesamt­be­stand von rund 450.000 Objekten. Das Herzog Anton Ulrich Museum kann immerhin rund 30 Prozent seiner Bestände präsen­tieren. Der Gesamt­be­stand beträgt etwa 190.000 Objekte.

„Unser Ziel ist die Sicherung, Restau­rie­rung und Rückfüh­rung von Objekten des Herzog­tums Braun­schweig sowie die Erfor­schung ihrer Geschichte. Schwer­punkt unserer Arbeit bleibt das Schloss­mu­seum Braun­schweig, in dem der größte Teil unserer eigenen Sammlung präsen­tiert wird“, wird Erika Borek als Vorstand der Richard Borek Stiftung in der Dokumen­ta­tion zitiert. Wie alle anderen betei­ligten Stiftungen wird also auch die Richard Borek Stiftung im Sinn von „Kunst auf Lager“ weiter­ar­beiten.

Das Bündnis sollte zwei Zielrich­tungen haben: Zum einen ging es um Lobby­ar­beit für die Museums­de­pots bei Trägern, Verbänden und Berufs­gruppen der Museen sowie in der Öffent­lich­keit. Zum anderen sollte die Förderung einzelner Projekte konkret helfen, Missstände zu besei­tigen, Chancen zu eröffnen und Entwick­lungen anzustoßen. Diese Förde­rungen sollten im besten Fall Vorbild­cha­rakter haben.

So wie die beiden von der Richard Borek geför­derten Projekte des Braun­schwei­gi­schen Landes­mu­seums: Das Braut­kleid Victoria Luises, der einzigen Tochter des letzten deutschen Kaisers, der Prinzessin von Preußen und Herzogin zu Braunschweig-Lüneburg (1892–1980) wurde als solches entdeckt, aufwändig restau­riert und in der Ausstel­lung „Victoria Luise – ein Leben, zwei Welten“ im Schloss­mu­seum gezeigt. Gemeinsam mit der Stiftung Nieder­sachsen und dem Nieder­säch­si­schen Minis­te­rium für Wissen­schaft und Kultur wurden darüber hinaus Zivil­uni­formen des Herzog­tums Braun­schweig (1815–1918) nach großflä­chigem Schim­mel­be­fall gerettet. Dabei handelte es sich um einen in Deutsch­land heraus­ra­genden Sammlungs­be­stand. Die Reinigung der Objekte und die grund­le­gende Neukon­zep­tion der Lagerung wurden zum Anlass genommen, von 2016 bis 2017 mehr als 500 Objekte zu vermessen, zu beschreiben und wissen­schaft­lich einzu­ordnen. Insbe­son­dere die typisch braun­schwei­gi­schen Elemente an den höfischen Galauni­formen sind in der Qualität, der Vielfalt, der Farben­wahl und der Symbolik der Stickerei einzig­artig für diese Art der Uniformen in Deutsch­land.

Die Hermann Reemtsma Stiftung und die Kultur­stif­tung der Länder hatten 2014 die Initia­tive für „Kunst auf Lager“ ergriffen und stießen mit ihrer Idee zu mehr Engage­ment für Museums­de­pots bei anderen Kultur­stif­tungen auf offene Ohren. Mit der Ernst von Siemens Kunst­stif­tung, dem Freun­des­kreis der Kultur­stif­tung der Länder, der Gerda Henkel Stiftung, der Hermann Reemtsma Stiftung, der Kultur­stif­tung der Länder, der Nieder­säch­si­schen Sparkas­sen­stif­tung, der Richard Borek Stiftung, der Rudolf-August Oetker-Stiftung, der Stiftung Nieder­sachsen, der VGH-Stiftung, der Volks­wagen Stiftung, der Wüstenrot Stiftung und der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie das Bundes­mi­nis­te­rium für Bildung und Forschung (BMBF) schlossen sich 14 Partner zusammen. Das Bündnis hat sich jetzt verab­re­dungs­gemäß nach fünf Jahren aufgelöst.

Mehr Infor­ma­tionen:

Bericht über die Sammlung der Uniformen: www.der-loewe.info/eine-national-herausragende-sammlung/

Bericht über das Braut­kleid von Victoria-Luise: www.der-loewe.info/zurueck-im-licht-der-scheinwerfer/

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