Eine einmalige Auszeich­nung für Herzog Wilhelm

Herzog Wilhelm mit drei Orden auf der linken Brust, Ausschnitt aus dem Gemälde von Gustav Adolf Barthel. Foto: Schlossmuseum

Objekt des Monats, Folge 5: Porträt Herzog Wilhelm von Braun­schweig-Lüneburg

Es ist ein stolzer und entschlos­sener aus dem Bild gerich­teter Blick, der Rücken durch­ge­drückt. Auffällig sind der in der Armbeuge abgelegte Helm, der Säbel und die glänzend geputzten hohen Stiefel. Links im Bild sticht der Herrscher­thron und der abgelegte Mantel ins Auge, im rechten Bildhin­ter­grund öffnet sich der Blick in eine imaginäre Landschaft mit Blick auf den Braun­schweiger Löwenwall. Das imposante 253 x 168 cm große, heute im Braun­schweiger Schloss­mu­seum hängende Porträt von Herzog Wilhelm von Braun­schweig-Lüneburg (1806−1884) gehört zu den wichtigsten Herrscher­bild­nissen des 19. Jahrhun­derts in Norddeutsch­land.
Von Bedeutung ist vor allem Wilhelms lange Regie­rungs­zeit, die sich über 50 Jahre erstreckte. Nach der Flucht seines älteren Bruders Karl II. im September 1830 übernahm Wilhelm nur zwei Tage später die Regent­schaft; seit Mai 1831 galt er als offizi­eller Nachfolger. Das Porträt wurde um 1846 vom Maler Gustav Adolf Barthel angefer­tigt, der im Jahre 1852 zum braun­schwei­gi­schen Hofmaler ernannt wurde. Auftrag­geber war Wilhelms Vetter König Ernst August von Hannover (1771−1851), der das Werk für seinen Sommer­sitz, Schloss Herren­hausen, erwarb.

Herzog Wilhelm in seiner weißen Kürassier-Uniform. Foto: Schloss­mu­seum

Komman­deur des Garde-Kürassier-Regiments

Wilhelm war seit 1821 in hanno­ver­schen Militär­diensten. Als Komman­deur des Garde-Kürassier-Regiments trägt er eine weiße Kürassier-Uniform. Diese kommt im Kontrast zu dem dunklen Vorhang, vor dem der Herzog in Dreivier­tel­an­sicht zum Betrachter steht, besonders strahlend zum Ausdruck. Von Wilhelms Mitglied­schaft im briti­schen Hosen­band­orden, der bis heute einer der angese­hensten Orden Europas ist, zeugt das aufge­stickte rot-silberne englische Balken­kreuz auf dem blauen Mantel rechts von ihm. Im Hinter­grund, durch eine Öffnung des Vorhangs, lässt sich der Obelisk auf dem Löwenwall in Braun­schweig erkennen. Dieser wurde nicht nur im Gedenken an Wilhelms Vater Friedrich Wilhelm errichtet, sondern auch an seinen Großvater Carl Wilhelm Ferdinand, die beide im Kampf gegen Napoleons Truppen gefallen waren. Ihre Grabstätte, der Braun­schweiger Dom St. Blasius, setzte der Künstler schemen­haft in die Ferne.

Mehr als nur ein Schmuck­stück

Betrachtet man Wilhelms Uniform genauer, fallen drei Orden auf seiner linken Brust­hälfte auf. Neben dem großen silbernen Brust­stern des St. Georgs-Orden sind darüber zwei weitere hanno­ver­sche Orden zu erkennen: An erster Stelle der nach Trage­weise und Bindung typischen Ordens­schnalle trägt Wilhelm den Guelphen-Orden vierter Klasse sowie an zweiter Stelle das Wilhelm­s­kreuz, das bis 1866 an Offiziere verliehen wurde, um diese nach 25 Jahren treuer Dienste in der Hanno­ver­schen Armee zu ehren.
Gestiftet wurde das Wilhelm­s­kreuz am 2. März 1837 durch König Wilhelm IV. von Hannover (1765−1837). Auf der Vorder­seite befinden sich die Initialen des Stifters W.R.IV., die von einer Krone überragt werden. Auf der Rückseite steht die Zahl XXV. Der Orden zählt aufgrund seiner Verdi­ckungen an den Balken­enden zu den sogenannten Tatzen­kreuzen, auch Templer‑, Hanse- oder Kanonen­kreuze genannt, das zunächst hohl aus Goldblech, später dann aus vergol­detem Kupfer­blech gearbeitet wurde. Ernst August, der jüngere Bruder Wilhelms IV. und ab Juni 1837 König von Hannover, war bei der Gestal­tung des Wilhelm­s­kreuzes aktiv beteiligt. So setzte er beispiels­weise durch, dass die Auszeich­nung die Form eines Kreuzes bekam, während sich Wilhelm IV. ursprüng­lich eine Medaille vorstellte. In den ersten drei Monaten wurde das Kreuz an einem gelb-weißen Band, danach am rot-blauen Band verliehen, wie auch auf dem Gemälde zu sehen. Schaut man genauer hin, lässt sich erkennen, dass Wilhelm die Rückseite mit der Jahres­zahl XXV nach vorne trägt.

Eine einmalige Auszeich­nung

Herzog Wilhelm erhielt das Wilhelm­s­kreuz im November des Jahres 1846 durch seinen Vetter König Ernst August. Seit seinem 15. Lebens­jahr war Wilhelm im Dienst der hanno­ver­schen Armee; zunächst als Rittmeister, später als Major. Seit 1831 war er Komman­deur des Hanno­ver­schen Garde-Kürassier-Regiments. Im Juni 1848 wurde er zum Feldmar­schall des König­reichs Hannover ernannt. Neben seiner Dienst­aus­zeich­nung erhielt der Herzog mit höchster Wahrschein­lich­keit auch eine entspre­chende Verlei­hungs­ur­kunde. Nach neuesten Unter­su­chungen des Ordens­kund­lers Stephan Schwarz dürfte „eine solche Verlei­hung einer Dienst­aus­zeich­nung für Offiziere an einen regie­renden Herrscher eines anderen Staates einmalig in der deutschen Ordens­ge­schichte einmalig gewesen“.
Die Verlei­hung war „aus Sicht Hannovers“ jedoch „keine Verlei­hung an einen fremd­län­di­schen Herrscher, sondern an ein Famili­en­mit­glied“. Denn trotz diverser Zerwürf­nisse blieben das Haus Braun­schweig und das Haus Hannover dynas­tisch verbunden, was auch auf dem hannö­versch geprägten Porträt­ge­mälde deutlich wird.
Das Porträt aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung wurde im Jahr 2014 aufwendig restau­riert. Es ist in der Dauer­aus­stel­lung im Weißen Saal des Schloss­mu­seums Braun­schweig zu sehen.

Weiter­füh­rende Infor­ma­tionen zur Verlei­hung des Wilhelm­s­kreuzes finden sich bei Johann Schwarz: Verlei­hung einer Hanno­ver­schen Dienst­aus­zeich­nung an einen regie­renden auslän­di­schen Fürsten. Gewidmet S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, in: Orden und Ehren­zei­chen. Das Magazin für Freunde der Phale­ristik 148 (2023), S. 339−341.

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