Einträg­liche Geschäfte mit dem Herzog

Noch immer imposant: Eingang zum Bankhaus Löbbecke. Foto: Ostwald
Noch immer imposant: Eingang zum Bankhaus Löbbecke. Foto: Ostwald

Braun­schweigs skurrile Ecken und andere Merkwür­dig­keiten, Folge 28: Aufstieg der Löbbeckes zur Bankiers­fa­milie.

„An der Marti­ni­kirche 4“ heißt die Adresse eines noch heute beein­dru­ckenden Hauses, das der Pfarr­kirche der Altstadt direkt gegenüber liegt: Bankhaus Löbbecke steht noch immer daran, und so wechsel­voll die Geschichte einer der ältesten Privat­banken Deutsch­lands ist, so begann es einst auch. Gegründet wurde aller­dings 1761 zunächst in Iserlohn durch Johann Hermann und Johann Melchior Löbbecke ein Handels­haus. Man handelte mit Kurz- und Metall­waren, aber auch mit sogenannten Bijou­terie-Waren. Unter diesem aus dem Franzö­si­schen stammenden Begriff verstand man zunächst eine Manufaktur für Schmuck, erst Anfang des 20. Jahrhun­derts wurde der Begriff für Modeschmuck verwendet.

Schon 1763 gab es eine Nieder­las­sung des Handels­hauses in Braun­schweig, und um 1800 kam noch der Handel mit Baumwoll­stoffen hinzu. Verbunden waren damit ein umfang­rei­ches Spedi­ti­ons­ge­schäft und der Handel mit Wechseln. Anfang des 19. Jahrhun­derts entwi­ckelte sich daraus dann ein reines Bankge­schäft. Durch die Verwal­tung des herzog­li­chen Privat­ver­mö­gens Herzog Wilhelms und die Pacht der Braun­schweiger Staats­lot­terie bis ins Jahr 1911 weitete sich die geschäft­liche Tätigkeit des Hauses Löbbecke immer weiter aus.

1892 wurde an der alten Stelle ein neues Bankge­bäude errichtet, das Alfred Löbbecke durch Constantin Uhde entwerfen ließ. Zu dem Braun­schweiger Uhde hatte man bereits seit dem Bau der Löbbeck­schen Villa am Inselwall 1880/81 gute Bezie­hungen. Das Wohn- und Geschäfts­haus wurde nach Uhdes eigen­hän­digem Verzeichnis in Sandstein errichtet. Uhde gestal­tete das Haus in der Art der deutschen Renais­sance und orien­tierte sich dabei auch am Gewand­haus. Der schöne Giebel mit Gebälke (dem Dachaufbau) und Hermen­pi­laster (männliche Träger­fi­guren) macht das besonders deutlich. Man findet dort auch kleine Obelisken und Figuren, die Dampf­kraft und Elektri­zität darstellen.

Der Eingang an der Ecke wurde wie eine Loggia mit zwei Rundbo­gen­por­talen angelegt. Auf der Vorder­front bietet sich ein beson­derer Blickfang: Ein Erker, der sich über zwei Etagen erstreckt. Ähnliche Erker findet man in der Weser­re­nais­sance. Medail­lons gibt es am Fries im Übergang zum ersten Stockwerk. Mögli­cher­weise hat man dort Famili­en­mit­glieder abgebildet.

Die Archi­tektur des Hauses, die eine alte Bauform aufgreift und moderne Figuren dazu fügt, ist typisch für die reprä­sen­ta­tiven Bankhäuser des 19. Jahrhun­derts.

1930, im Jahr der Banken­krise, erfolgte die Umwand­lung des Bankhauses in eine KG, später betei­ligte sich die Braun­schwei­gi­sche Staats­bank, Vorläufer der Norddeut­schen Landes­bank am Bankhaus und 1983 wurde die Nord LB schließ­lich Allein­ge­sell­schafter. Noch im gleichen Jahr erwarb der Bankier Günter Follmer aus Berlin die Anteile und führte die Bank als zweit­größte Privat­bank Deutsch­lands sehr erfolg­reich weiter. Nach seinem Tod 1995 übernahm das Hamburger Privat­bank­haus M.M.Warburg & CO KGaA die Bank. Die hiesige Filiale im alten Haus besteht noch immer.

Heute erfreut sich der Betrachter an der restau­rierten Fassade, insbe­son­dere der Giebel­seite mit der beein­dru­ckenden Sonnenuhr, den großen Stein­fi­guren und dem Kopf des Götter­boten Hermes (mit geflü­geltem Helm). Ein Engel mit Trompete unter der Sonnenuhr mahnt an die Vergäng­lich­keit alles Irdischen.

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