Till konnte böse, unflätig und sehr derb sein

Till mit Totenkopf. Foto: Eulenspiegel-Museum
Till mit Totenkopf. Foto: Eulenspiegel-Museum

Braun­schwei­gi­sche Museen, Folge 13: Eulen­spiegel-Museum in Schöp­pen­stedt zeigt den Facet­ten­reichtum der litera­ri­schen Figur aus Kneit­lingen.

Till war nicht der liebens­werte Schelm, als der er in Kinder­bü­chern meistens darge­stellt wird. Museums­lei­terin Charlotte Papendorf geht mit ihrem Helden schwer ins Gericht. „Eulen­spiegel war niemand, mit dem man hätte befreundet sein wollen. Er war ein unsym­pa­thi­scher, böser Kerl, der unflätig sein konnte und sehr derb war“, sagt sie. Die Ausstel­lung in Schöp­pen­stedt befasst sich mit Eulen­spie­gels ganzen, oft irritie­renden Facetten. Sie zeigt Bücher, Bilder, Denkmäler, Skulp­turen, Filme und Alltags­ge­gen­stände, die die Figur präsen­tieren und lädt alle Besucher ein, sich schließ­lich ihr eigenes Urteil über Till Eulen­spiegel zu bilden.

In Belgien als Freiheits­held gefeiert

Till aus Holz. Foto: Eulenspiegel-Museum
Till aus Holz. Foto: Eulen­spiegel-Museum

Bekannt ist Till, weil er im 14. Jahrhun­dert bei einem Braun­schweiger Bäcker Eulen und Meerkatzen statt Brote und Brötchen backte. Doch dass „Ulenspiegel“ nach dem Roman des belgi­schen Schrift­stel­lers Charles de Coster von 1876 ein flämi­scher Freiheits­held war, der sich gegen die spani­schen Unter­drü­cker auflehnte, dies dürfte besten­falls Litera­tur­wis­sen­schaft­lern bekannt sein. Dem Ganzen auf die Spur gehen kann man in dem Museum auf eigene Faust oder geführt.

Leider ist auch das Till-Eulen­spiegel-Museum dieser Tage wegen der Corona-Bestim­mungen geschlossen, aber wenn es wieder erlaubt ist, sollte ein Besuch auf dem Programm stehen. Das Museum wurde nach umfas­sendem Umbau der Dauer­aus­stel­lung Ende 2017 unter dem Motto „Überra­schen! Irritieren! Wider­spre­chen!“ neu eröffnet. Es beher­bergt unter anderem die bedeu­tendste Sammlung von Büchern, die den Narren als ihren Titel­helden führen. Es sind stolze 2500 an der Zahl. Die weltbe­kannte litera­ri­sche Figur regt seit mehr als fünf Jahrhun­derten Künstler und Schrift­steller immer wieder an, sie neu zu sehen und zu beschreiben.

Till-Bücher in 280 Sprachen übersetzt

Im Mittel­punkt der Ausstel­lung stehen natürlich Till Eulen­spie­gels 96 Historien. Sie schildern, welchen Schaber­nack der im Jahre 1300 in Kneit­lingen am Elm geborene Narr getrieben haben soll. Die Geschichten wurden bereits im 16. Jahrhun­dert nieder­ge­schrieben. Autor könnte der Braun­schweiger Zollschreiber Hermann Bote gewesen sein, darauf deuten jeden­falls Initialen im ersten Eulen­spie­gel­buch von 1515 hin.

Der freundliche Till. Foto: Eulenspiegel-Museum
Der freund­liche Till. Foto: Eulen­spiegel-Museum

Das heraus­ra­gende Exponat des Museums ist das erste Buch überhaupt, in dem Till Eulen­spiegel nicht mehr nieder­deutsch als „Ulenspiegel“ bezeichnet wurde. Es stammt aus dem Jahr 1555 und ist weltweit das einzige Exemplar. Bücher über Till wurden in 280 Sprachen übersetzt. Das populärste stammt wohl von Erich Kästner, der auch über Eulen­spie­gels dunkle Kapitel schrieb.

„Es gibt vier Inter­pre­ta­ti­ons­be­reiche. Eulen­spiegel als der nette, lustige und freund­liche Held des Kinder­bu­ches. Eulen­spiegel als Bösewicht, der dem Teufel gehört. Eulen­spiegel als Narr, der ein bisschen anders tickt und Eulen­spiegel als Held, der so ist, wie wir selber gerne wären“, schildert Prof. Alexander Schwarz, ehren­amt­li­cher wissen­schaft­li­cher Berater des Museums, die Figur. Für alle Deutungen finden sich im Museum entspre­chende Exponate.

Bronze­plas­tiken zu den Historien

Dem Besucher werden vor allem die unbekannte Seiten des „Weltstars“ Till Eulen­spiegel anschau­lich näher gebracht. Beein­dru­ckend sind die Bronze­plas­tiken des bayri­schen Künstlers Gerhard Marek, der die Historien nahezu komplett künst­le­risch umsetzte. Die Bronze­plas­tiken sind zur Wieder­eröff­nung neu nach Schöp­pen­stedt gekommen.

Blick in die Dauerausstellung. Foto: Eulenspiegel-Museum
Blick in die Dauer­aus­stel­lung. Foto: Eulen­spiegel-Museum

Eine Audio­sta­tion mit 14 verschie­denen Historien Eulen­spie­gels mit Geräu­schen, eine Fühlsta­tion, viele Zitate, Tapeten mit integrierten Exponaten, eine Mediathek mit Eulen­spie­gel­bü­chern zum Heraus­nehmen und Lesen sowie ein Spiegel­ka­bi­nett am Ausgang bieten besondere Erleb­nisse rund um Till Eulen­spiegel. Die Texte sind in Englisch, in leichte Sprache und in Braille­schrift übersetzt. Wer mehr wissen will, kann sich ein Tablet mit „digital guide“ ausleihen. Damit stehen verschie­dene Führungen zur Auswahl, u.a. eine für Kinder.

Schenkung aus dem Jahr 1947

Der Ursprung des Museums liegt in der Sammlung des Schöp­pen­sted­ters Erich Leimkugel, die er seit 1938 öffent­lich zugäng­lich gemacht hatte. 1947 schenkte er die Sammlung, die er seit 1938 der Öffent­lich­keit zugäng­lich gemacht hatte, der Stadt Schöp­pedn­stedt. 1961 schließ­lich zog das Museum aus den Privat­räumen an die Nordstraße, wo es bis heute behei­matet ist.

Kontakt:

Till Eulen­spiegel-Museum
Nordstraße 4a
38170 Schöp­pen­stedt

Tel.: 0 53 32–61 58
Email: info@eulenspiegel-online.de

Öffnungs­zeiten:

  • Dienstag bis Freitag: 14 bis 17 Uhr
  • Samstag, Sonntag und an Feier­tagen: 11 bis 17 Uhr
  • Montags ist das Museum geschlossen

Eintritts­preise:

  • Erwach­sene: 4,50 Euro
  • Kinder / Schüler: 2,50
  • Gruppen­preise und Führungen: siehe Homepage

Zur Neueröff­nung der Dauer­aus­stel­lung vor drei Jahren, war der Löwe mit der Kamera vor Ort. Das Video finden Sie hier.

Das könnte Sie auch interessieren

  • Till Eulen­spiegel hat viele Gesichter

    Till Eulen­spiegel hat viele Gesichter

    Die Dauer­aus­stel­lung des Museums in Schöp­pen­stedt wird neukon­zi­piert. Till Eulen­spiegel gilt im Allge­meinen als Kinder­buch­held, der in vielen Städten neckische Streiche spielte. Zum Beispiel, als der Schelm im 14. Jahrhun­dert bei einem Braun­schweiger Bäcker Eulen und Meerkatzen statt Brote und Brötchen backte. Doch dass „Ulenspiegel“ nach dem Roman des belgi­schen Schrift­stel­lers Charles de Coster von… Weiterlesen

  • Weiter sammeln für Till Eulen­spiegel

    Weiter sammeln für Till Eulen­spiegel

    ALBA Braunschweig setzt die erfolgreiche Aktion zugunsten des Museums in Schöppenstedt auch im neuen Jahr fort. Weiterlesen

  • Alles neu für Till

    Alles neu für Till

    Das Till-Eulen­spiegel-Museum in Schöp­pen­stedt wird seit Sommer 2016 umgebaut, bald soll es wieder­eröffnet werden. „Überra­schen, irritieren, wider­spre­chen“ ist das Motto der neuen Ausstel­lung, beson­deren Wert legen die Planer dabei auf den integra­tiven Zugang zu den Geschichten des Kneit­linger Narren. Es riecht nach frischer Farbe, überall wird gehämmert und gebohrt, in den Räumen herrscht geschäf­tiges Treiben.… Weiterlesen