Krach mit dem Land wegen der Finanzen

Heinrich Caspari war von 1848 bis 1879 Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig. Foto: Stadtarchiv
Heinrich Caspari war von 1848 bis 1879 Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig. Foto: Stadtarchiv

Geschichte(n) aus dem Braun­schwei­gi­schen, Folge 30: Oberbür­ger­meister Caspari klärte mehr als 200 Jahre offene Vermö­gens­fragen und gründete eine eigene Bank der Stadt.

Nach Heinrich Caspari (1805 – 1890), Oberbür­ger­meister und Ehren­bürger der Stadt Braun­schweig, wurde die Caspa­rist­raße benannt. Sie ist heute eine eher unschein­bare Straße, die Hagen­markt und Ruhfäut­chen­platz verbindet. Sie steht in ihrer Schlicht­heit im krassen Gegensatz zur beach­tens­werten Leistung Casparis, der 31 Jahre (1848 – 1879) lang die Geschicke der Stadt souverän und überaus erfolg­reich lenkte. In seine Amtszeit fallen unter anderem die Einfüh­rung der Hausnum­mern sowie die Errich­tung der heute noch stadt­bild­prä­genden Denkmale wie das Lessing­denkmal, der Heinrich­brun­nens auf dem Hagen­markt, die beiden Reiter­sta­tuen von Friedrich Wilhelm und Carl Wilhelm Ferdinand vor dem Schloss sowie das Gaußdenkmal.

Von der Notlösung zum Glücks­fall

Der Jurist und ehemalige Polizei­di­rektor Braun­schweigs war von seinem Vorgänger Wilhelm Bode zunächst nur als Notlösung der Stadt­ver­ord­ne­ten­ver­samm­lung zur Wahl vorge­schlagen worden. Der konser­va­tive Politiker entpuppte sich aber als großer Glücks­griff. „Unermüd­lich war Caspari tätig und regte Neuerungen und Verän­de­rungen an, so etwa den Erwerb der Gasan­stalt für die Stadt, den Bau der Wasser­lei­tung, den Bau des städti­schen Schlacht­hofes, die Gründung der Braun­schwei­gi­schen Bank, die Stiftung des Vereins zur Förderung des Kunst­ge­werbes sowie die Verbes­se­rungen, Verschö­ne­rungen und Erwei­te­rungen zahlrei­cher Straßen“, würdigte ihn der Gründungs­di­rektor des Instituts für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte an der TU, Prof. Gerd Biegel, 2003 in einem Vortrag.

Caspari zeichnete sich aus städti­scher Sicht vor allem durch sein beharr­li­ches Insis­tieren gegenüber dem Land Braun­schweig aus. Sein Erfolg war der 1858 unter­zeich­nete sogenannte Caspari-Vertrag, der der Stadt größere finan­zi­elle Sicher­heit garan­tierte. „In dem Vertrag gab die Stadt Braun­schweig ihre Ansprüche auf eine Anzahl an Gütern, Gebäuden und Einkünften an die herzog­liche Landes­re­gie­rung ab. Im Gegenzug erhielt die Stadt das Altstadt­rat­haus mit dem Autorshof zurück und ließ sich unter anderem die Finan­zie­rung der Bau- und Erhal­tungs­kosten der Okerbrü­cken, der Unter­hal­tungs­kosten der Wallpro­me­naden sowie die Kosten für die Pflas­te­rung und Unter­hal­tung gewisser Straßen und Plätze sowie der Straßen­be­leuch­tung durch die Staats­kasse zu sichern“, heißt es in dem Beitrag von Archi­varin Katja Matussek im von der Braun­schwei­gi­schen Landschaft heraus­ge­geben Buch „Die Braun­schweiger Oberbür­ger­meister“ (2013).

Banken­thema ist immer aktuell

Zu den heraus­ra­genden Errun­gen­schaften während Casparis Amtszeit zählte insbe­son­dere die Gründung der Braun­schwei­gi­schen Bank (später Braun­schwei­gi­sche Bank- und Kredit­an­stalt). Das Banken-Thema beschäf­tigt bis heute die Oberbür­ger­meister der Stadt Braun­schweig. Auf Initia­tive von Oberbür­ger­meister Dr. Gert Hoffmann entstand 2007 nach langem Streit mit dem Land die Braun­schwei­gi­sche Landes­spar­kasse (BLSK) als teilrechts­fä­hige Anstalt in der Norddeut­schen Landes­bank. Die BLSK gehört mittler­weile schon zu den 35 größten Sparkassen Deutsch­lands.

Aktuell gibt es sogar Bestre­bungen der Städte Braun­schweig und Salzgitter sowie der Landkreise Helmstedt, Holzminden und Wolfen­büttel, die Braun­schwei­gi­sche Landes­spar­kasse komplett aus der Norddeut­schen Landes­bank heraus­zu­lösen. Bis 1970 war die Braun­schwei­gi­sche Staats­bank selbst­ständig gewesen, danach ging sie auf in der Norddeut­schen Landes­bank. Die BLSK hat aller­dings nichts mit Casparis Bank zu tun, denn die ging schon 1929 an die Commerz­bank. Dem innova­tiven Geist Casparis ist darüber hinaus auch die Einrich­tung der Handels­kammer als Vorläufer der Industrie- und Handels­kammer in Braun­schweig zuzuschreiben.

Erstmals mehr als 50.000 Einwohner

Caspari, als Sohn eines Medizi­ners in Braun­schweig geboren, managte das enorme Wachstum der Stadt wegen der rasch fortschrei­tenden Bevöl­ke­rungs­ent­wick­lung mit mutigen Entschei­dungen wie die Erwei­te­rung der Stadt über die mittel­al­ter­li­chen Grenzen hinaus. Als Folge der Indus­tria­li­sie­rung zogen Arbeits­kräfte vom Umland nach Braun­schweig. Die Einwoh­ner­zahl stieg sprung­haft an. Im Jahr 1867 überschritt die Zahl der Einwohner erstmals die 50.000er Grenze.

„Neben dem erhöhten Wohnbe­darf erfor­derte der Bevöl­ke­rungs­zu­wachs die Verbes­se­rung der Infra­struktur der Stadt und führte zur Weiter­ent­wick­lung kommu­naler Dienst­leis­tungen und somit zum Ausbau der Stadt­ver­wal­tung“, beschreibt Katja Matussek in ihrem Aufsatz die großen Heraus­for­de­rungen, die Caspari mit viel Fleiß und großer Beharr­lich­keit erfüllte. Mit der Kanali­sie­rung Braun­schweigs wurde 1869 begonnen. Er ließ neue Gas- und Wasser­lei­tungen legen und baute das städti­sche Schul­wesen aus. Unter seiner Ägide wurden eine höhere Mädchen­schule, die städti­sche Realschule sowie mehrere Bürger­schulen gegründet. Daneben strich Prof. Gerd Biegel in seinem Vortrag die besondere Verdienste Casparis um Stadt­ar­chiv, Städti­sche Bücherei und Städti­sches Museum heraus.

Mit Ehren­bür­ger­schaft gewürdigt

Im März 1879 endete die Amtszeit Casparis auf eigenen Wunsch. Verab­schiedet wurde er mit der Anerken­nung der Ehren­bür­ger­schaft der Stadt Braun­schweig. In einer von Prof. Gerd Biegel zitierten zeitge­nös­si­schen Würdigung heißt es: „Als Oberbür­ger­meister von Braun­schweig war der hochver­diente Caspari lange Zeit der einfluss­reichste Mann im Herzogtum. Eine enorme Arbeits­kraft, große Klugheit und Gewandt­heit waren Eigen­schaften, die ihm in allen Kreisen, mit denen er in Berührung kam, bald eine dominie­rende Stellung verschafften. Als Präsident der Landes­ver­samm­lung, Vorsit­zender des Ausschusses der Landes-Versamm­lung hat er während vieler Jahre auf die Entwick­lung der Braun­schwei­gi­schen Verhält­nisse einge­wirkt wie kein anderer.“

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