Das Macht­zen­trum an der Weser

Die Ruine der Homburg. Foto: IBR
Die Ruine der Homburg. Foto: IBR

Geschichte(n) aus dem Braun­schwei­gi­schen, Folge 8: Die Homburg ein (fast) verges­sener Geschichtsort des Hochmit­tel­al­ters.

„Das Land hinter dem Tunnel“, wie der braun­schwei­gi­sche Weser­di­strikt einst liebevoll-verklä­rend und keines­wegs abwertend genannt wurde, kann auf eine lange, abwechs­lungs­reiche Geschichte zurück­bli­cken. Seit dem 12. Jahrhun­dert befindet sich dort mit der Homburg ein (fast) verges­sener Geschichtsort des Hochmit­tel­al­ters in Nieder­sachsen, den es aus dem Schatten der Geschichte zu holen gilt, ist der braun­schwei­gi­sche Weserraum doch insgesamt eine bedeu­tende Geschichts­land­schaft der weiteren Region.

Zwischen Stadt­ol­den­dorf und Eschers­hausen im Landkreis Holzminden ist die Ruine zu besich­tigen. Sie wurde 1535 wegen ihrer nur schwer zugäng­li­chen Lage verlassen und zu großen Teilen abgetragen. Die Steine wurden ander­weitig verbaut. Die Reste der Burg wurden Ende des 19. Jahrhun­derts wieder freige­legt. Seither ist die Ruine ein touris­ti­sches Ziel.

Der Bau der Homburg (1129) durch den Northeimer Grafen Siegfried IV., die Gründung des Klosters Amelungs­born (1123–1135) und die Errich­tung der Burg Everstein bei Polle Anfang des 12. Jahrhun­derts sowie befes­tigte Stütz­punkte längs der Weser sind Kennzei­chen der terri­to­rialen Entwick­lung des Weser­raumes im Mittel­alter. Die Homburg war mit etwa 103 Meter Länge und durch­schnitt­lich 30 Meter Breite das heraus­ra­gendes Macht­zen­trum. Es war eine geteilte Anlage mit Vorburg und Hauptburg und beide hatten – eine Selten­heit – einen eigenen Bergfried. Das war eine strate­gi­sche Bauweise, denn konnte der Angreifer den Eingang überwinden, so fanden die Bewohner im hinteren Turm immer noch sichere Zuflucht.

Für die Welfen spielten besonders Walken­ried und Riddags­hausen sowie das zweite in Nieder­sachsen gegrün­dete Zister­zi­en­ser­kloster, Kloster Amelungs­born, eine bedeut­same Rolle. Amelungs­born wurde auch Mutter­kloster für so bedeu­tende Zisterzen wie Riddags­hausen und Doberan. Vor allem sollten Kloster Amelungs­born und die Homburg ein Gegen­ge­wicht darstellen zu den feind­li­chen Everstei­nern, deren Burg drohend auf dem nahen Eberstein von Negenborn stand.

Die Eversteiner waren von Anfang an Anhänger der Staufer gewesen und standen so im Gegensatz zu den Welfen. Mit dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 erreichten die Grafen von Everstein ihre größte Macht­aus­deh­nung im Weserraum zwischen Holzminden und Hameln. Ihr politi­sche Geschick war wenig erfolg­reich, während die Edelherren von der Homburg schließ­lich ein halbwegs abgerun­detes Terri­to­rium von der Burg Greene bis zur Burg Lauen­stein schaffen konnten, zu dem die Städte Stadt­ol­den­dorf, Eschers­hausen und Boden­werder sowie sechs Burgen und zahlreiche Dörfer zählten.

Seit dem 13. Jahrhun­dert traten die wieder­erstarkten Welfen aber im Weserraum wieder zunehmend in Erschei­nung und gerieten dabei in Ausein­an­der­set­zungen mit den ansäs­sigen Terri­to­ri­al­herren, den Hombur­gern und den Everstei­nern. Das Ende dieser Entwick­lung war jedoch weniger drama­tisch, als die ständigen Konflikte vermuten lassen würden. Fast gleich­zeitig nämlich starben die Geschlechter der Eversteiner und der Homburger 1408/1409 aus. Das Land wurde fortan von den Herzögen von Braun­schweig-Lüneburg in Besitz genommen. Wenn wir den regio­nal­ge­schicht­li­chen Blick auf die Ruine Homburg richten, so wird klar, dass es sich um einen Kernort der Entste­hungs­ge­schichte des Landes Nieder­sachsen handelt.

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