Der Erzfeind schräg gegenüber

Hängung des Neuzuganges in der Dauerausstellung. Foto: Schlossmuseum
Hängung des Neuzuganges in der Dauerausstellung. Foto: Schlossmuseum

Gemälde von Jérôme Bonaparte, dem Bruder Napoleons, hängt als Neuzugang und Dauer­leih­gabe aus der Sammlung Boden­stein vis-à-vis zum „Schwarzen Herzog“ im Weißen Saal des Schloss­mu­seums.

Schräg gegenüber vom „Schwarzen Herzog“ hängt in Sicht­weite seit Neuestem  Jérôme Bonaparte, der Bruder Napoleons. Friedrich Wilhelm wird dieser Anblick des Gemäl­de­zu­gangs im Schloss­mu­seum mit Sicher­heit nicht freuen. Denn Jérôme war von 1807 bis 1813 König des König­rei­ches Westphalen, zu dem auch das damals besetzte Herzogtum Braun­schweig gehörte, also ein Erzfeind. Dessen  Haupt­re­si­denz war zwar Kassel, aber Jérôme nutzte den „Grauen Hof“, Vorläufer des heutigen Residenz­schlosses, als Winter­re­si­denz.

Francois-Joseph Kinson (1771–1839), Hofmaler des Königs, schuf das in Öl auf Leinwand gemalte Porträt des 25-jährigen franzö­si­schen Herrschers 1809/10. Es wurde nach dem auf Schloss Wilhelms­höhe in Kassel befind­li­chen Original für die Ausstat­tung von Schloss Boden­stein gefertigt. Zuletzt war es in einer Sonder­aus­stel­lung des Herzog Anton Ulrich-Museums öffent­lich zu sehen gewesen. Auf  Vermitt­lung von Oliver Baustian, Reprä­sen­tant des Souvenir napoléo­nien, berei­chert es fortan als Dauer­leih­gabe aus der Sammlung Boden­stein die Ausstel­lung zur Schloss­ge­schichte.

„Es freut mich sehr, mit diesem wunder­baren Gemälde ein nicht unbedeu­tendes Kapitel der Schloss­ge­schichte für die Besucher sichtbar machen zu können“, sagt Museums­lei­terin Dr. Ulrike Sbresny. Jérôme ließ den „Grauen Hof“ von 1808 an aufwändig im franzö­si­schen Empire-Stil umgestalten. Die könig­li­chen Appar­te­ments brannten aber bereits wenige Jahre später während der „Braun­schweiger Revolu­tion“ 1830 vollständig aus. Aufge­brachte Bürger hatten Herzog Karl II. in die Flucht geschlagen. Sein Bruder Wilhelm wurde neuer und beliebter Regent bis zu seinem Tod 1884. Er ließ Hofbau­meister Carl Theodor Ottmer das neue Residenz­schloss bauen, so wie wir es als Rekon­struk­tion am Bohlweg kennen.

Der braun­schwei­gi­sche Herzog Carl Wilhelm Ferdinand war 1806 nach Verwun­dung im Kampf gegen napoleo­ni­sche Truppen gefallen und sein Sohn Friedrich Wilhelm, der „Schwarze Herzog“, befand sich bis 1808 in Gefan­gen­schaft. Erst nachdem Napoléon 1813 die Völker­schlacht bei Leipzig verloren hatte, zog Johann Elias Olfermann mit braun­schwei­gi­schen Truppen wieder in die Stadt ein. Der „Schwarze Herzog“ übernahm am 22. Dezember 1813 die Regie­rungs­ge­schäfte. Braun­schweig war nicht länger das „Dépar­te­ment de l’Ocker“ sondern wieder ein stolzes Herzogtum.

Die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz hat die Restau­rie­rung des Gemäldes gefördert. Das Porträt zeigt den Monarchen im westphä­li­schen Krönungs­ornat mit den dazuge­hö­rigen Kronin­si­gnien. Auf dem mit Diamanten besetzten Band des Ordens der Westphä­li­schen Krone sind neben dem hessi­schen Löwen auch das Welfen­ross unter dem etwas verdeckten kaiser­li­chen franzö­si­schen Adler zu erkennen. Das auf dem Gemälde ebenfalls abgebil­dete, mit Diamanten besetzte Schwert des Pariser Goldschmieds Martin-Guillaume Biennais befindet sich heute auf Schloss Fontaine­bleau bei Paris.

Weiter ist auf dem Blitz in den Krallen des Adler zu lesen: „Je les unis“ (Ich vereinige sie). „Damit sollte der Wunsch des Monarchen zum Ausdruck gebracht werden, das aus unter­schied­li­chen Terri­to­rien (u.a. aus dem Herzogtum Braun­schweig) zusam­men­ge­setzte König­reich Westphalen dauerhaft zu einem Gesamt­staat zu einigen“, schreibt Oliver Baustein im  Erläu­te­rungs­text zur Leihgabe.

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