Späte Karriere einer kleinen Schatz­truhe

Die Geldkassette aus dem Schloss stellte Wolfgang Sondermann zur Verfügung. Foto: Schlossmuseum/D. Polack-Chwalczyk
Die Geldkassette aus dem Schloss stellte Wolfgang Sondermann zur Verfügung. Foto: Schlossmuseum/D. Polack-Chwalczyk

Für die Sonder­aus­stel­lungen setzt das Schloss­mu­seum auf wertvolle Berei­che­rungen durch private Leihgeber.

Leihgaben aus Privat­be­sitz sind ein wichtiger Bestand­teil des Ausstel­lungs­kon­zepts im Schloss­mu­seum. Sie dokumen­tieren einer­seits die große Verbun­den­heit der Menschen im Braun­schwei­gi­schen mit ihrer Heimat, und sie stehen anderer­seits für die große Bürger­nähe des Museums. Glanz­punkt der Privat­leih­gaben war die Ausstel­lung „Victoria Luise – ein Leben, zwei Welten“. Nach einem Aufruf steuerten private Leihgeber 200 Exponate bei. In der aktuellen Ausstel­lung „Revolu­tion. Abdankung. Schloss.“ (bis 25. August) sorgt eine kleine Schatz­truhe aus Metall (um 1900) für Furore, die seit 1918 im Famili­en­be­sitz ist und von  Wolfgang Sonder­mann zur Verfügung gestellt wurde.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Braun­schweiger zahlreiche Schätze besitzen, die sie gerne auch mal im Rahmen einer Ausstel­lung der Öffent­lich­keit präsen­tieren möchten. Als Museum, das einen sehr starken Regio­nal­bezug hat, ist es uns eine besondere Freude, wenn die Einwohner der Stadt unsere Ausstel­lungen mit ihren Leihgaben berei­chern“, sagt Museums­lei­terin Dr. Ulrike Sbresny.

Und auch in der nächsten Sonder­aus­stel­lung „Gesell­schaft der Freunde junger Kunst“, die am 25. September beginnt, werden private Leihgaben zu sehen sein. Auf den Aufruf im Februar meldeten sich einige Braun­schweiger, die Gemälde von Braun­schweiger Künstlern wie Kurt Mohr, Rudolf Jahns, Thilo Maatsch, Willi Meyer, Gertrud Henninger, Robert Gottschal oder Conrad Felix­müller aus den 1920er Jahren besitzen. Eine Auswahl der angebo­tenen Werke wird in die Ausstel­lung aufge­nommen. Sie stellen erneut eine wertvolle Ergänzung dar. Der Sammler Otto Ralfs hatte die „Gesell­schaft der Freunde junger Kunst“ 1924 gegründet. Bis 1933 veran­stal­tete der Kunst­mäzen veran­stal­tete im Schloss Ausstel­lungen, die den Künstlern zum Verkauf ihrer Werke dienen sollten. An Ralfs (1. April 1892 bis 13. Dezember 1955) erinnert eine Persön­lich­keits­tafel vor dem Haus Feuer­bach­straße 8, in dem er zuletzt gelebt hatte.

Zurück zur Metall­kas­sette in der aktuellen Ausstel­lung. Sie ist Blickfang in einer Glasvi­trine. Wolfgang Sonder­mann hat sie dort in Augen­schein genommen und die besondere Art der Präsen­ta­tion seines Erbstücks für gut befunden. Ursprüng­lich hatte seine Großmutter die Kassette 1918 nach der Revolu­tion erworben. „Meine Oma wohnte in der Ritter­straße und arbeitete in der Wasch­küche des Schlosses. Sie hatte fünf Kinder und war allein­er­zie­hend. Die Kassette kann also nicht besonders teuer gewesen sein. Für mich hat sie aber einen hohen ideellen Wert“, erzählt der Leihgeber.

Während des Zweiten Weltkriegs hatte seine Großmutter die Kassette schließ­lich seinen Eltern, die in der Schun­ter­sied­lung wohnten, mit den wichtigsten Papieren überlassen. Zum Glück, denn das Haus in der Ritter­straße wurde von einer Bombe getroffen und brannte aus. „Wer weiß, ob die Kassette das überstanden hätte“, fragt sich Wolfgang Sunder­mann, der darin noch heute wichtige Dokumente aufbe­wahrt. Das Stück, so erzählt er, bleibt auf jeden Fall in Famili­en­be­sitz. Sein Neffe wird sie später einmal erben.

In der Ausstel­lung „Victoria Luise – Ein Leben, zwei Welten“ wurde als beson­deres Exponat eine zauber­hafte Tisch­de­ko­ra­tion von der Hochzeits­tafel aus dem Besitz von Gitta Krone aus Schwülper gezeigt. Sie ist vom 24. Mai 1913 datiert und war laut Inschrift auf der Verpa­ckung für das Dessert der Braut gedacht. Zu der Ausstel­lung gab es eine Vitrine, in der wechselnd Objekte von Privat­leih­ge­bern präsen­tiert wurden. Keine andere Ausstel­lung belegte die Bedeutung privater Leihgeber bislang eindrucks­voller.

Kontakt:

Schloss­mu­seum Braun­schweig

Schloss­platz 1, 38100 Braun­schweig

Telefon: 0531–470 4876

E‑Mail: schlossmuseum@residenzschloss-braunschweig.de

 

Öffnungs­zeiten:

Dienstag: 10 – 17 Uhr

Mittwoch: 13 – 20 Uhr

Donnerstag bis Sonntag: 10–17 Uhr

Eintritt: 4 Euro (inkl. Audio­guide-Führung)

 

 

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