Wie das Residenz­schloss zurück in die Mitte der Stadt kam

Das wiederaufgebaute Schloss. Foto: Braunschweig Stadtmarketing GmbH

Neue Broschüre zum 15-jährigen Jubiläum des Wieder­auf­baus mit Erinne­rungen des damaligen Oberbür­ger­meis­ters Dr. Gert Hoffmann an die kontro­versen Debatten erschienen.

Der einstige Abriss des kriegs­be­schä­digten Residenz­schlosses am Bohlweg 1960 und der Wieder­aufbau 2007 hat die Gemüter der Braun­schwei­ge­rinnen und Braun­schweiger erhitzt wie kein zweites Thema in der Nachkriegs­ge­schichte. Es wurde stets sehr kontro­vers disku­tiert. An die jewei­ligen Umstände und die Argumente erinnert die neue, von der Richard Borek Stiftung heraus­ge­ge­bene 32-seitige Broschüre „15 Jahre Wieder­aufbau Residenz­schloss Braun­schweig“. Sie ist für die Schutz­ge­bühr von einem Euro im Laden­ge­schäft „Borek am Dom“ sowie im Schloss­mu­seum vom 6. Mai an erhält­lich. Hier geht es zur digitalen Broschüre.

Von Abriss bis Rekon­struk­tion

Cover „15 Jahre Wieder­aufbau Residenz­schloss Braun­schweig“. Foto: RBS/LIO Design GmbH

Das Magazin zeichnet die Ereig­nisse des Abrisses in den schwie­rigen Nachkriegs­jahren ebenso nach wie das spannende Ringen um den Wieder­aufbau von 2002 an. Und es schildert die positive Wirkung, die die Rekon­struk­tion des Residenz­schlosses nun schon seit andert­halb Jahrzehnte auf das Stadtbild Braun­schweigs und sicher noch viele Jahrzehnte haben wird. Die Beiträge dieser Broschüre haben mit dem Kunst­his­to­riker Dr. Bernd Wedemeyer, dem früheren Oberbür­ger­meister Dr. Gert Hoffmann und dem langjäh­rigen Geschäfts­führer der Braun­schweig Stadt­mar­ke­ting GmbH, Gerold Leppa, sehr kompe­tente Autoren verfasst.

„Es ist gelungen, die Kubatur des Residenz­schlosses mit fünf Fassaden wieder herzu­stellen und mit den Kultur­ein­rich­tungen der Stadt darin eine höchst demokra­ti­sche Nutzung unter­zu­bringen. Der Wieder­aufbau des Residenz­schlosses ist eine Erfolgs­ge­schichte, aber es sollte nicht in Verges­sen­heit geraten, wie schwierig das war und wie unnötig einst auch der Abriss war. Wir wollen an die histo­ri­schen Dimen­sionen dieser beiden für Braun­schweig so prägenden Ereig­nisse in populärer Art und Weise erinnern“, nennt Richard Borek sen. die Beweg­gründe für die Heraus­gabe der Broschüre. Es ist bereits die fünfte dieser Art nach „Kultur­schloss Braun­schweig“, „10 Jahre Wieder­aufbau Residenz­schloss Braun­schweig“, „Inter­views zum Residenz­schloss Braun­schweig“ und „Stiftung Residenz­schloss Braun­schweig“.

Im Zentrum dieser neuen Veröf­fent­li­chung stehen die persön­li­chen Erinne­rungen des ehema­ligen Oberbür­ger­meis­ters Dr. Gert Hoffmann (2001 bis 2014), in dessen Amtszeit der Wieder­aufbau des Residenz­schlosses fiel. Sein Beitrag fußt auf dem betref­fenden Kapitel seiner Memoiren „Von Irrwegen in die Verant­wor­tung“ (Klartext, Essen 2018). Dr. Hoffmann berichtet von den Versuchen der Kritiker, das Projekt zu Fall zu bringen, von schwie­rigen Verhand­lungen mit ECE, von politi­schen Kontro­versen, von seinen takti­schen Schach­zügen und nicht zuletzt über heftige persön­liche Anfein­dungen gegen ihn.

Ein erbit­tertes Ringen

In dem Kapitel heißt es: „Ich stellte mich allmäh­lich darauf ein, die Sache mit meiner knappen Einstim­men­mehr­heit durch­ziehen zu müssen. Ich wusste aber, dass es in CDU und FDP ebenfalls noch einige Beden­ken­träger gab. Angesichts dieses starken Gegen­winds drückte ich ECE in weiteren Verhand­lungen auf 25.000 Quadrat­meter Verkaufs­fläche herunter und die im Gegenzug für die Grund­stücks­über­tra­gung zu erbrin­genden Gegen­leis­tungen auf 20 Millionen Euro hoch. Auf dieser Basis erhielt ich eine entspre­chende Absichts­er­klä­rung. Das wurde auch dadurch möglich, weil sich inzwi­schen auch der noch relativ junge Unter­neh­mens­chef Alexander Otto der Sache energisch angenommen hatte und sie mit mir ins Ziel bringen wollte.“ Das Kapitel liest sich so spannend wie ein Roman.

Unter dem Strich bleibt für ihn aber vor allem, dass sich das erbit­terte Ringen, die vielen Anstren­gungen und der bedeu­tende politi­sche Aufwand für Braun­schweig gelohnt haben. „Die Schloss­fas­sade selbst zeigt allen Besuchern eindrucks­voll, dass Braun­schweig einmal Landes­haupt­stadt war, was für das Selbst­be­wusst­sein dieser nach dem Zweiten Weltkrieg und durch die deutsche Teilung so gebeu­telten Stadt sehr förder­lich ist“, schließt Dr. Hoffmann sein Kapitel.

Schloss­ruine 1960. Foto: Stadt­ar­chiv Braun­schweig

Bestä­ti­gung vom Stadt­mar­ke­ting

Bestätigt wird er von Gerold Leppa, dem langjäh­rigen Geschäfts­führer der Braun­schweig Stadt­mar­ke­ting GmbH, im Schluss­ka­pitel der neuen Broschüre. „Ein so prägnanter Ort wie das Schloss ist daher ein wichtiger Baustein, wenn es darum geht, durch die sinnvolle Verzah­nung verschie­denster Angebote Besuch­s­an­reize und ‑anlässe zu schaffen, die die Innen­stadt weiterhin zum zentralen Anzie­hungs­punkt unseres Stadt­le­bens machen. Wenn wir davon sprechen, dass in vielen Städten einzelne Innen­stadt­lagen an Attrak­ti­vität und Anzie­hungs­kraft verlieren, bin ich froh, dass wir mit dem rekon­stru­ierten Residenz­schloss einen Ort haben, der durch seine Präsenz und Identi­fi­ka­ti­ons­kraft auch in 15 Jahren und darüber hinaus noch das Zeug zum Anzie­hungs­punkt für die Braun­schwei­ge­rinnen und Braun­schweiger ebenso wie für Gäste aus Nah und Fern haben wird“, meint er.

Voraus­ge­stellt ist den Erinne­rungen und Bewer­tungen des Wieder­auf­baus des Residenz­schlosses Braun­schweig vor 15 Jahren ein Kapitel über den Schloss­ab­riss 1960. Kunst­his­to­riker Dr. Bernd Wedemeyer erinnert daran, dass das Schloss zum Zeitpunkt des Abrisses noch zu retten gewesen wäre: „Die fatale Abbruch­ent­schei­dung stand am Ende einer von Nieder­lagen gekenn­zeich­neten Suche nach Nutzungs­kon­zepten, die sich über 14 Jahre hinzog … Im Gegensatz zu süddeut­schen Schlös­sern, die zum Teil (wie die Schlösser in Mannheim, Karlsruhe und München) nicht weniger, teilweise noch stärker zerstört waren, die aber wegen ihres unbestrit­tenen Kunst­wertes wieder­auf­ge­baut wurden, musste das Braun­schweiger Schloss stets eine Nutzung vorweisen, um erhalten werden zu können“, erklärt er die Entschei­dung des Stadtrats gegen den bürger­li­chen Block zugunsten einer großzü­gigen, autoge­rechten Innen­stadt­pla­nung ohne Schloss durch.“

Urbanität wieder herge­stellt

Die mit der Anlage des „Schloss­parks“ einher­ge­hende Entker­nung der Innen­stadt, die Abbruchs­sze­na­rien, die sich vor allem im Bereich der heutigen Kurt-Schuma­cher-Straße und am Kenne­dy­platz zugunsten der damals modernen, autoge­rechten Stadt wieder­holten, waren die örtlichen Folgen des Schlossab­bru­ches. „Erst der Neubau von Schloss und Schloss­platz – die Wieder­her­stel­lung von Urbanität im Stadtkern – hat Braun­schweig die zentrale Tradi­ti­ons­insel der stadt- und landes­ge­schicht­li­chen Identität zurück­ge­geben“, erläutert Kunst­his­to­riker Dr. Wedemeyer die gelungene Korrektur vor 15 Jahren.

Hier geht es zur Broschüre.

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