MK-Geschichte liest sich wie ein Krimi

Dr. Henning Steinführer (2.v.l.), Leiter des Stadtarchivs, führte Schulleiter Manfred Wildhage, Oberbürgermeister Ulrich Markurth, Schulamtsleiter Thomas Schebesta und Pfarrer Friedhelm Meiners (v.l.) durch die historische MK-Ausstellung im Altstadtrathaus. Foto: Peter Sierigk
Dr. Henning Steinführer (2.v.l.), Leiter des Stadtarchivs, führte Schulleiter Manfred Wildhage, Oberbürgermeister Ulrich Markurth, Schulamtsleiter Thomas Schebesta und Pfarrer Friedhelm Meiners (v.l.) durch die historische MK-Ausstellung im Altstadtrathaus. Foto: Peter Sierigk

Das Stadt­ar­chiv Braun­schweig zeigt im Altstadt­rat­haus noch bis zum 22. April eine Kabinett­aus­stel­lung zum 600-jährigen Gründungs­ju­bi­läum des Gymna­siums Martino-Katha­ri­neum.

Das Stadt­ar­chiv Braun­schweig bewahrt in den weitläu­figen Magazin­räumen große Schätze der Lokal­ge­schichte auf. Wieder einmal deutlich wird dies bei der Kabinett­aus­stel­lung „Stadt – Schule – Kirche. Martino-Katha­ri­neum 1415–2015, die anläss­lich der 600-Jahrfeier der ältesten Schule Braun­schweigs vom 25. Februar bis 22. April im Städti­schen Museum im Altstadt­rat­haus und in der Kirche Sankt Martini gezeigt wird. Das bedeu­tendste Exponat ist die von Papst Johannes XXIII im Rahmen des Konzils von Konstanz verfasste originale Gründungs­ur­kunde von 1415 für die Schulen Martineum in der Altstadt und Katha­ri­neum im Hagen, zum ersten Mal zwei städti­sche Latein­schulen. Für die Kirche damals bedeu­teten die Schul­grün­dungen eine Provo­ka­tion. 1828 vereinten sie sich zum Martino-Katha­ri­neum.

„Wir freuen uns immer wieder, dass wir auf Basis unserer Stadt­ar­chiv­be­stände zu großen Jubiläen histo­ri­sche Ereig­nisse bis in kleine Details zurück­ver­folgen können. Auch beim MK waren wir aufgrund der vielen Origi­nal­akten in der Lage, das Rad der Geschichte bis zur Gründung zurück­zu­drehen und die älteste Schule unserer Stadt aufgrund der guten Quellen­basis von vielen Seiten zu durch­leuchten“, erklärte Dr. Henning Stein­führer, Leiter des Stadt­ar­chivs Braun­schweig, der mit Meike Buck und Ulf Hilger eine mehr als sehens­werte MK-Ausstel­lung auf die Beine stellte. Dabei stellte auch das Nieder­säch­si­sche Landes­ar­chiv – Standort Wolfen­büttel Leihgaben zur Verfügung. Eine Fülle an Infor­ma­tionen für Lehrer, Schüler und Ehemalige des MKs, genauso wie für alle an Braun­schweiger Stadt- und Regio­nal­ge­schichte Inter­es­sierte.

„Schul­ge­schichte ist in diesem Fall auch Stadt­ge­schichte. Die Geschichte des MKs ist extrem spannend und liest sich an vielen Stellen wie ein Krimi. Die Stadt­väter hatten den Mut, sich mit der geist­li­chen Obrigkeit anzulegen“, sagte Braun­schweigs Oberbür­ger­meister Ulrich Markurth, selbst ehema­liger Schüler des Martino-Katha­ri­neums, anläss­lich einer Sonder­füh­rung durch die Ausstel­lungen.

Archiv­leiter Dr. Henning Stein­führer beschritt dabei neue Wege, denn eine Instal­la­tion ist frei zugäng­lich und nur einen Steinwurf entfernt in der Sankt Marti­ni­kirche zu sehen. „Zwei Päpste für zwei Schulen“, „Natio­nal­so­zia­lismus und Wieder­aufbau“, „Schüler am MK“ und „Zwei Schulen – ein Neubau“ heißen vier der insgesamt acht großen zwischen den tragenden Kirchen­säulen aufge­hängten Ausstel­lungs­banner. Möglich machte dies Pfarrer Friedhelm Meiners. „Stadt, Schule und Kirche gingen damals eine neue Beziehung ein. Eine Beson­der­heit ist daher auch, die Schul­ge­schichte außerhalb der Schule in einer Kirche zeigen zu können“, erklärte Dr. Stein­führer.

Zu erfahren ist, dass Braun­schweig im 15. Jahrhun­dert eine aufstre­bende Handels­stadt war. Daraus resul­tierte ein selbst­be­wusster Stadtrat, der das Schul­wesen gegen den Wider­stand des Klerus selbst in die Hand nehmen wollte. 1478 erhielten alle Braun­schweiger Schulen – die von der Stadt und der Kirche – eine gemein­same Schul­ord­nung. Ein Auszug: „…und die Schul­meister sollen ihre Schüler anhalten, fleißig zur Schule zu gehen und sich ordent­lich zu verhalten; und Sie sollen die Schüler treulich lehren; Tüchtig­keit, gute Sitten und die freien Künste in glück­li­cher Art und Weise und insbe­son­dere, dass Sie Latein sprechen und Gesang lernen.“

1869 bezog das MK den Neubau. Zu den Schülern des MKs zählten Berühmt­heiten wie der Komponist Louis Spohr (1784–1859), der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallers­leben (1798–1874), der Mathe­ma­tiker Carl Friedrich Gauß (1777–1855), der Vater der ersten deutschen Staats­bahn Philipp August von Amsberg und der Lehrer Konrad Koch (1846–1911), der am MK das Fußball­spielen in Deutsch­land einführte.

Aber auch die dunklen Kapitel der MK-Historie werden nicht ausge­spart, nämlich die der NS-Zeit. Beim schweren Bomben­an­griff der Alliierten, als Kriegs­folge deutscher Aggres­si­ons­po­litik, auf Braun­schweig am 15. Oktober 1944 wurde das Schul­ge­bäude schwer zerstört. Der Wieder­aufbau des Martino-Katha­ri­neums, heute eine der tradi­ti­ons­reichsten Schulen Nieder­sach­sens, dauerte bis in die 50er Jahre. Für den Aula-Neubau wurde das noch heute prägende, histo­ri­sche Martins-Portal aus den Trümmern des ebenfalls zerstörten alten „Marti­neums“ wieder errichtet.

Die vom Ausstel­lungs­team sehr gut geschrie­bene und hochwertig gestal­tete Ausstel­lungs­bro­schüre bietet auf 48 Seiten einen kurzen Überblick über die Gründungs­ge­schichte von Martineum und Katha­ri­neum, einen Katalog der Ausstel­lung zu den Gründungs­ur­kunden der Schule im Altstadt­rat­haus sowie eine Zusam­men­stel­lung der auf den Bannern in der Marti­ni­kirche präsen­tierten Stationen der Schul­ge­schichte.

Auf der letzten Seite des Heftes befindet sich ein aufklapp­bares Faksimile der Gründungs­ur­kunde vom 24. Februar 1415. Verfasst ist die Urkunde – wie sollte es auch anders sein – in Latein. Doch gerade MK-Schülern dürfte die Überset­zung des Textes in das Hochdeut­sche nur wenige Probleme bereiten…

Das Altstadt­rat­haus ist geöffnet:

Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr
(Montag geschlossen)

Die Sankt Marti­ni­kirche ist geöffnet:

Dienstag bis Freitag 10 bis 13 Uhr, 15 bis 17 Uhr
Samstag 10 bis 17 Uhr
Sonntag 10 bis 12 Uhr, 15 bis 17 Uhr
(Montag geschlossen)

Der Eintritt ist frei.

Weitere Infor­ma­tionen zu den zahlrei­chen MK-Feier­lich­keiten unter: mk-braunschweig.de

braunschweig.de

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