Ein Stadttor in Trümmern als Attrak­tion

Der Portikus im Bürgerpark heute. Foto: meyermedia
Der Portikus im Bürgerpark heute. Foto: meyermedia

Braun­schweigs skurrile Ecken und andere Merkwür­dig­keiten, Folge 26: Portikus im Bürger­park.

Der Herzog­liche Prome­naden-Inspektor Kreiß ließ bei der Anlage des Bürger­parks eine Ruine aufbauen, die damals wie heute als eine besondere Attrak­tion angesehen wird. Viele Spazier­gänger mögen sich wohl fragen, was es mit diesen alten Steinen und Säulen wohl auf sich hat. Und es ist in der Tat eine skurrile Geschichte, die wir hier erzählen:

Braun­schweig wurde schon zu Zeiten Heinrich des Löwen auf zweifache Weise geschützt. Erst einmal wurde die Oker um die Siedlung geleitet, dann ließ Heinrich die Stadt­mauer errichten, zunächst im Bereich hinter seiner Burg. Mit der Trocken­le­gung des dortigen Sumpf­ge­bietes durch Nieder­länder und Flamen und der Einfas­sung mit einer Mauer erhielt der Bereich den Namen „Hagen“, was „umhegter Bezirk“ bedeutet. Heinrichs Sohn Otto, der einzige Welfe, der Kaiser wurde, ließ in seiner Regie­rungs­zeit die Stadt­mauer um die fünf Weich­bilde: Altstadt, Altewiek, Neustadt und den bereits ummau­erten Hagen verlän­gern, so dass auch der Innen­be­reich, der sogenannte „Sack“, geschützt wurde.

Die Fernhan­dels­straßen, an denen unsere Stadt errichtet wurde, benötigten entspre­chend große Stadttore. Eines von insgesamt  zwölf Toren, die Kaiser Otto IV. nach dem Vorbild der heiligen Stadt Jerusalem errichten ließ, war das Aegidi­entor, das am stark gefähr­deten Südost-Abschnitt der städti­schen Vertei­di­gungs­linie stand. Von hier aus führte eine Holzbrücke über den Umflut­graben zum einzigen Vorwerk. Erst 1728 wurde dieses Tor geschlossen und durch das etwas weiter westlich gelegene Augusttor ersetzt. Die Straße führte von hier aus über Halber­stadt und Quedlin­burg nach Halle und Leipzig.

Herzog August Wilhelm war es, der das neue Tor errichten ließ, das dann seinen Namen erhielt. Am 3. August 1730 ritt der Herzog durch das noch nicht fertig gestellte Tor in die Stadt ein. Jetzt führte von dort aus die Leipziger Heerstraße in südlicher Richtung und passierte kurz hinter Melverode die Landwehr. 1806 erhielt Peter Josef Krahe, zustän­diger Leiter für Bauwesen im Herzogtum, den Auftrag, das Augusttor zur Haupt­wache umzubauen. Er entwarf dafür im dorischen Stil eine Schau­fas­sade mit sechs kanne­lierten Säulen. Auch ein Offiziers­ge­fängnis wurde angeglie­dert, 1883 dann zur Artil­le­rie­ka­serne einge­richtet und schließ­lich 1894/95 abgerissen.

Einen Teil des Bauwerkes aber hob man sich für eine besondere Verwen­dung auf. Nach Plänen von F. Kreiß, seit 1884 Herzog­li­cher Prome­naden-Inspektor,  entstand nach 1886 im Niede­rungs­ge­biet der Oker der Bürger­park, der diesen Namen 1890 erhielt. Er wurde als zentraler Stadt­garten mit Teichen, Spiel­an­lagen und Staffa­ge­bauten angelegt. Kreiß ließ den dorischen Portikus der August­tor­ka­serne als Baurest im Bürger­park aufstellen. Der davor befind­liche Teich wurde aller­dings erst um 1900 fertig gestellt. Der Portikus wurde ganz bewusst als Ruinen­rest vor einer Treppen­an­lage auf eine kleine Anhöhe gesetzt und bildete damit eine inter­es­sante Sicht­achse von der Okerseite her.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Portikus schwer beschä­digt, Teile der vorhan­denen Steine teilweise mit unbekanntem Ziel abtrans­por­tiert. Erst im Jahre 1989 sicherte man die Reste und fügte sie wieder zusammen. Zwei Inschriften aus der Tordurch­fahrt der Kaserne am Augusttor wurden ebenfalls gerettet und befinden sich nun am Portikus. Sie erinnern in latei­ni­scher Sprache an Herzog Ludwig Rudolf (1671–1735) und die Errich­tung des neuen Tores, der es öffnete „für den ewigen Handel und Verkehr der Völker und zur Freude der Bürger“.

Fotos

Das könnte Sie auch interessieren

  • Dem histo­ri­schen Vorbild ganz nah

    Dem histo­ri­schen Vorbild ganz nah

    Mit der Restau­rie­rung der Rondelle an der Badetwete und am Portikus im Bürger­park ist ein weiterer Abschnitt der Umgestal­tung in Braun­schweiger Parks abgeschlossen. Im Vorder­grund steht dabei, Raumstruk­turen, Sicht­be­zie­hungen und Aspekte des ursprüng­li­chen Parkbildes wieder erlebbar zu machen. „Gärten sind die Plätze, auf welchen der Mensch alle Vortheile des Landle­bens, alle Annehm­lich­keiten der Jahres­zeiten mit… Weiterlesen

  • Die Geheim­nisse der Oker

    Die Geheim­nisse der Oker

    Braunschweigs skurrile Ecken und andere Merkwürdigkeiten, Folge 31: vom Hakemann, dem Krokodil und neugierigen Männerblicken. Weiterlesen

  • Auf der Weltkarte des 13. Jahrhun­derts

    Auf der Weltkarte des 13. Jahrhun­derts

    Braunschweigs skurrile Ecken und andere Merkwürdigkeiten, Folge 50 und Abschluss: Von Brunos Wiek zu Braunschweig. Weiterlesen