Was rund ums Schloss besser werden kann

Das Schloss mit den Schloss-Arkaden und Umfeld. Foto: Ackers Städtebau Partner
Das Schloss mit den Schloss-Arkaden und Umfeld. Foto: Ackers Städtebau Partner

Städte­planer Walter Ackers legt Studie zur Entwick­lung und Gestal­tung des Umfeldes Schloss und Schloss-Arkaden vor.

Mutig und visionär, aber auch auf realis­ti­sche und zeitnah mögliche Verän­de­rungen ausge­richtet hat Städte­planer Walter Ackers eine neue Studie zur Entwick­lung und Gestal­tung des Umfeldes Schloss und Schloss-Arkaden in Braun­schweig vorgelegt. Dabei hat er über die Trennung von Residenz­schloss und Einkaufs­zen­trum ebenso nachge­dacht wie über eine weitere Aufwer­tung des Stadt­raums durch beispiels­weise mehr Sitz- und Grünflä­chen auf dem Schloss­platz sowie sich zum Anna-Amalia-Platz und zum St. Nicolai-Platz öffnende Gastro­nomie und Läden.

Beitrag zur Diskus­sion

Städte­planer Ackers hatte bereits im Vorfeld der Entschei­dung für Schloss und Schloss-Arkaden das städte­bau­liche Gutachten gefertigt. Der frühere Leiter des Instituts für Städtebau und Landschafts­pla­nung an der Techni­schen Univer­sität Braun­schweig befür­wor­tete darin das Schloss-Projekt als große Chance für Braun­schweig. „Es ist heute aber keines­wegs alles positiv zu sehen. Manche Schwäche zeigte sich erst im alltäg­li­chen Gebrauch“, sagt er und sieht Verbes­se­rungs­po­ten­tial. Die neue Ausar­bei­tung liegt den Fraktionen des Rates der Stadt und der Stadt­ver­wal­tung vor.

Ackers will mit der Studie einen Beitrag zur öffent­li­chen Diskus­sion leisten, die im Kontext des Jubiläums „10 Jahre Residenz­schloss Braun­schweig“ die Defizite bewusst gemacht und neuen Schwung erhalten hatte. Er sei sich im Klaren darüber, dass viele seiner aufge­zeigten Vorschläge mögli­cher­weise utopi­schen Charakter hätten, weil techni­sche, wirtschaft­liche und politi­sche Machbar­keit nur bedingt einzu­schätzen seien.

Langfristig hält er es aber sogar für denkbar, den Eingang ins Kaufhaus durch den Portikus zu unter­binden und als reprä­sen­ta­tiven Raum des Schlosses auszu­bauen. Der Beginn könnte eine klein­tei­lige, stufen­weise Umnutzung von Verkaufs­flä­chen im Bereich des Haupt­ein­gangs bei auslau­fenden Mietver­trägen sein.

„Schloss-Arkaden und Schloss bilden funktional zwar eine Einheit, werden baulich jedoch als irritie­render Gegensatz wahrge­nommen. Mit der Rekon­struk­tion der spätklas­si­zis­ti­schen Fassade und deren dominanter Präsenz im Raum wird allgemein auch eine entspre­chende Autonomie erwartet. Diese wird durch die öffent­li­chen Kultur­ein­rich­tungen zwar zum Teil beant­wortet, aber gleich­zeitig durch das Schloss­portal als Haupt­zu­gang zum Einkaufs­center infrage gestellt“, erklärt Ackers. Perspek­ti­visch sollen auch Zugänge durch den Portikus in das Schloss­mu­seum und die Stadt­bü­cherei ermög­licht werden. Dafür wären aller­dings sehr umfang­reiche Baumaß­nahmen notwendig.

Ideen liegen auf dem Tisch

„Eine Trennung des Schloss­bau­kör­pers vom Bauvo­lumen der Schloss-Arkaden ist eine sehr langfris­tige Option, zu stark sind derzeit die baulichen, funktio­nalen und organi­sa­to­ri­schen Verflech­tungen“, so Ackers. Er verweist aber in seiner Studie auf einen vorlie­genden Vorschlag des Archi­tek­tur­büros Opfermann + Partner aus dem Jahr 2011, das im Schloss-Eingangs­be­reich ein Bürger­zen­trum vorsieht, und auf einen Entwurf von Stuhlemmer Archi­tekten Berlin aus dem Jahr 2010 für ein Haupt­ves­tibül. Voraus­set­zung wäre die großzü­gige Umnutzung von vorhan­denen Einzel­han­dels­flä­chen. Ackers weiß, dass derartige Verän­de­rungen unmit­telbar in das Konzept der ECE eingreifen würden und erst realis­tisch würden, wenn sie wirtschaft­lich tragfähig wären.

Er stellt sich selbst die entschei­denden Fragen zu seiner Studie. „In welchem Zeitraum denken wir? Erlauben wir uns nur Ideen, deren Umsetzung innerhalb der laufenden oder kommenden Wahlpe­riode umsetzbar erscheinen oder haben wird den Mut, weiter zu denken?“ Und er liefert die Antwort: „Aus fachli­cher Sicht ist das durchaus proble­ma­tisch, wenn man sich nicht als Phantast, Roman­tiker oder lllusio­nist disqua­li­fi­zieren will.“ Angesichts der Offenheit, mit der Ackers das Thema bearbeitet hat, hat er die Gefahr gebannt, zumal er Unter­stüt­zung erhält.

Stadt denkt über Verän­de­rungen nach

„Schloss sollte Schloss bleiben und vielleicht noch stärker werden, und Einkaufs­zen­trum sollte Einkaufs­zen­trum sein. Diese Übergänge sind in der Tat kritisch und bleiben auch kritisch“, hatte Oberbür­ger­meister Ulrich Markurth in einem Interview mit „Der Löwe“ anläss­lich des Schloss-Jubiläums 2017 gesagt. Er meinte damals weiter: „Die Schloss-Fassade, die das Einkaufs­zen­trum vom Westen her im Wesent­li­chen abdeckt, ist das Positive. Die eigent­liche Außen­hülle der Schloss-Arkaden wird nicht so positiv wahrge­nommen, auch die Reminis­zenzen an die Schloss­park-Situation muss man explizit erklären. Sie erschließen sich nicht gleich. Es ist richtig, daran zu arbeiten und aufzu­passen, dass es nicht wirklich eine Vorder­seite und eine etwas schmud­de­lige Hinter­an­sicht gibt. Ich glaube, dass es nach zehn Jahren auch höchste Zeit ist, darüber nachzu­denken, wie sich das Einkaufs­zen­trum neu erfinden kann. Dazu gehört eben auch die Darstel­lung nach außen.“

Mehr Leben nach außen

Genau diese Vorgabe erfüllt die Studie als Diskus­si­ons­grund­lage. Die dafür aufge­zeigten Verbes­se­rungs­vor­schläge sind deutlich realis­ti­scher als die Trennung von Schloss und Schloss-Arkaden. Das Problem der Schloss-Arkaden sei, merkt Ackers an, das Fehlen von Laden­ge­schäften, die sich zum Herzogin-Anna-Amalia-Platz, zum St. Nicolai-Platz oder zur Georg-Eckert-Straße hin öffneten. Ackers fragt, ob das Grund­kon­zept der Innen­ori­en­tie­rung des Einkaufs­cen­ters nicht doch durch­bro­chen werden könnte, schließ­lich befänden sich hinter der Fassade riesige Einkaufs­flä­chen. So könnten die Räume um die Schloss-Arkaden attrak­tiver und leben­diger werden.

Aus städte­bau­li­cher Sicht hält Ackers auf dem Schloss­platz ein gliederndes und raumbil­dendes Freiraum­ele­ment für notwendig. Die Platane als Baumso­litär könne das nicht leisten. Er schlägt ein neues Baumkarree mit neun oder sechszehn großkro­nigen Laubbäumen vor. Sie sollen auf einem einen halben Meter hohen Sockel gepflanzt werden, um den nötigen Wurzel­raum, aber auch eine entspre­chende Archi­tektur zu gewähr­leisten. Soweit nicht die Einfas­sungen als infor­melle Sitzmög­lich­keiten reichten, seien auch innerhalb des Baumkar­rees Bänke oder Stühle denkbar.

Der Raum, den Anna-Amalia-Platz und St. Nicolai-Platz einnähmen, sei insgesamt größer als ursprüng­lich im städte­bau­li­chen Gutachten vorge­sehen und vertrage eine Belebung von den Rändern her. Es sollten Außen­gas­tro­nomie und Geschäfte gefördert werden. Der relativ geringe Nutzungs­druck und die heutigen Dimen­sionen legten eine Umgestal­tung unter Stärkung des Grünaspektes nahe, schreibt Ackers. Unver­zicht­bare Platzflä­chen sollten erhalten bleiben, aber wesent­liche andere Teilbe­reiche könnten problemlos als kleiner städti­scher Park auch in Erinne­rung an den früheren Schloss­park oder zumindest als betont grüner Platz gestaltet werden. Das Kinder­spiel sollte dabei weiter gestärkt werden.

Die gesamte Studie umfasst 24 Seiten mit 40 Verbes­se­rungs­vor­schlägen und behandelt auch die Entwick­lung von Bohlweg, Georg-Eckert Straße, Zugang zum Magni­viertel und die Seite Am Schloss­garten.

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