Von Gigan­ten­ske­letten und einem Arm aus Gold

Das Armreliquiar des Heiligen Blasius. Foto: Knut Bussian

Brage Bei der Wieden und der Braun­schwei­gi­sche Geschichts­verein legen Band 104 des Braun­schwei­gi­schen Jahrbuchs vor.

Das Braun­schwei­gi­sche Jahrbuch, das die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz in Koope­ra­tion mit dem Braun­schwei­gi­schen Geschichts­verein heraus­gibt, ist das Medium der wissen­schaft­li­chen Regio­nal­ge­schichte. Das Themen­spek­trum spannt sich vom Mittel­alter bis ins 21. Jahrhun­dert und schließt alle Aspekte der histo­ri­schen Forschung ein. Jetzt ist Band 104 erschienen. Heraus­geber ist Brage Bei der Wieden, Leiter der Abteilung Wolfen­büttel des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chivs. Der Band hat 224 Seiten, zahlreiche, Abbil­dungen und kostet im Buchhandel 25 Euro.

Einband des aktuellen Braun­schwei­gi­schen Jahrbuchs. Screen­shot: Der Löwe

Regionale Identität stärken

Der Braun­schwei­gi­sche Geschichts­verein wurde am 6. Mai 1901 als „Geschichts­verein für das Herzogtum Braun­schweig“ gegründet und hat heute inter­na­tional etwa 500 Mitglieder. Ziel des Vereins ist die Förderung des histo­ri­schen Bewusst­seins und einer regio­nalen Identität der heutigen Region zwischen Harz und Heide und Harz und Weser.

Die Mitglieder des Geschichts­ver­eins erhalten die Jahrbü­cher kostenlos. Die Ausgaben gelangen im Schrif­ten­tausch an 205 Insti­tu­tionen im In- und Ausland, darunter die Akademien der Wissen­schaften in Göttingen, München, Stockholm und Prag und die Bodlein Library in Oxford. Lediglich von 1916 bis 1922 wegen des Ersten Weltkriegs und seiner Folgen, von 1943 bis 1949 wegen des Zweiten Weltkriegs und seiner Folgen sowie aus unter­schied­li­chen Gründen 1915, 1928, 1932 und 1939 erschien das Jahrbuch nicht.

Um das Jahr 1030 gefertigt

In diesem Band ist die Kunst­ge­schichte mit Beiträgen von Katharina Beichler zu den Ringen am Armre­li­quiar des heiligen Blasius und Lars Berg über das Werk des Braun­schweiger Hofkup­fer­ste­chers Carl Schröder stark vertreten. Das Armre­li­quiar des Heiligen Blasius zählt zum berühmten Welfen­schatz. Die bruno­ni­sche Gräfin Gertrud die Ältere von Braun­schweig hatte es um das Jahr 1030 für den Vorgän­gerbau der Residenz von Heinrich dem Löwen anfer­tigen lassen. Es ist im Knappen­saal der Burg Dankwar­derode zu sehen. Dort befindet sich die mittel­al­ter­liche Abteilung des Herzog Anton Ulrich-Museums. Schröder (1760–1844) zeichnete und stach meist Gemälde der Salzdah­lumer Galerie, Porträts der Braun­schweiger Fürsten­fa­milie sowie Ansichten aus der Umgebung Braun­schweigs.

Objekte betrachten auch Hennig Stein­führer in seinem Bericht über „Neue Forschungen zu Wappen und Siegel der Stadt Braun­schweig im Mittel­alter“, Antje Becker in ihrer Unter­su­chung einer Bogen­kla­viatur der Firma Grotrian-Steinweg oder Gerhard Aumüller und Wiebke Kloth in zwei Aufsätzen zu Gigan­ten­ske­letten und ‑porträts, die früher zum Theatrum medicum der Univer­sität Helmstedt gehörten. Eine grund­le­gende Darstel­lung widmet Malte de Vries dem Hebam­men­wesen im Fürstentum Braun­schweig-Wolfen­büttel. Dort gab es ungewöhn­lich frühe Regelungen und Profes­sio­na­li­sie­rungs­be­stre­bungen.

Zum Weltkul­tur­erbe erklärt

Ein kleiner Beitrag zur Wirkung, die der Braun­schweiger Zollschreiber Hermann Bote (1450–1520) mit zwei politi­schen Liedern erzielte, ein Überblick über Verkün­dung von Gesetzen und Verord­nungen im Land Braun­schweig, beide von Brage Bei der Wieden, und die Vorstel­lung der Braun­schweiger „Tohope­sate“ von 1476, einer Urkunde, die als Teil ausge­wählter Quellen zur Hanse­ge­schichte zum Weltkul­tur­erbe erklärt worden ist, komplet­tieren den Band.

Bote gilt als Autor der 96 Historien über Till Eulen­spie­gels. Auf Botes Autoren­schaft deuten Initialen im ersten Eulen­spie­gel­buch von 1515 hin. Und bei der Urkunde handelt es sich um das Dokument eines Bündnis- und Hilfe­leis­tungs­ver­trags zwischen 19 Hanse­städten, darunter Braun­schweig. Er wurde zur Vertei­di­gung der Handels­in­ter­essen gegen einen politi­schen oder militä­ri­schen Gegner geschlossen.

Zudem werden neue Veröf­fent­li­chungen zur braun­schwei­gi­schen Landes­ge­schichte in kriti­schen Rezen­sionen vorge­stellt. Der Band schließt mit einer Analyse der Situation des Braun­schwei­gi­schen Geschichts­ver­eins, wie sie für andere histo­ri­sche Vereine bisher noch nicht vorge­nommen worden ist. Autor ist Philip Haas, Archivrat des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chiv, Abteilung Wolfen­büttel.

Die Bände von 1902 bis 2021 sind digital einzu­sehen unter: https://publikationsserver.tu-braunschweig.de/receive/dbbs_mods_00064800

Kontakt:
Braun­schwei­gi­scher Geschichts­verein e. V.
Forstweg 2 (Landes­ar­chiv)
38302 Wolfen­büttel
Telefon: 05331–935245 (9.30 – 13.30 Uhr)
Internet: www.bs-gv.de

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