Lack-Luxus aus Braun­schweig

Diese um 1795 gefertigte Stobwasser-Schreibkommode zählte zu den luxuriösen Möbeln, die die Braunschweiger Manufaktur vertrieb.
Diese um 1795 gefertigte Stobwasser-Schreibkommode zählte zu den luxuriösen Möbeln, die die Braunschweiger Manufaktur vertrieb.

Objekt des Monats, Folge 21: Eine Schreib­kom­mode aus Deutsch­lands berühm­tester Lackwa­ren­ma­nu­faktur.

Im Zuge der Bestre­bungen Herzog Carl I., Braun­schweig zu einem Zentrum von Kunst, Kultur und Wissen­schaft zu entwi­ckeln, kam es 1763 zur Gründung der berühmten Lackwa­ren­ma­nu­faktur Stobwasser. Bis ins 19. Jahrhun­dert fand sie weit über die Grenzen der Stadt hinaus große Anerken­nung.

Das Spektrum Stobwas­ser­scher Lackwaren, das vor allem die begehrten Schnupf­tabak- und Tabak­dosen, Zigar­ren­etuis, Schatullen und Tabletts umfasste, wurde seit dem ausge­henden 18. Jahrhun­dert durch kunstvoll bemalte, elegante Möbel erweitert, wie beispiels­weise diese um 1795 gefer­tigte Schreib­kom­mode. Als Einrich­tungs­ge­gen­stände „deluxe“ fanden solche Möbel ihren Weg in mehrere Herrscher­häuser.

Reprä­sen­ta­tive Möbel – nicht für jedermann

Die aufwendig herge­stellten Lackmöbel stießen beim wohlha­benden Bürger­turm, aber auch bei höfischem Klientel im In- und Ausland auf rege Nachfrage. Welcher Erfolg ihnen beschieden war, veran­schau­li­chen eine große Anzahl reich bemalter Einrich­tungs­ge­gen­stände, die unter Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III. vom preußi­schen Königs­haus angekauft wurden. Auch der herzog­liche Hof in Weimar erwarb mehrere Reprä­sen­ta­ti­ons­möbel.

Wie umfang­reich die Aufträge allein für den Braun­schweiger Hof waren, ist einer Inven­tar­liste der Möbel­kammer zu entnehmen: über 100 mit Lackma­lerei versehene Gebrauchs­ge­gen­stände und Möbel der Manufaktur werden dort aufge­führt.

Klassi­zis­ti­sche Möbel dieser Art gingen oftmals auf Entwürfe von Archi­tekten wie Peter Josef Krahe und Karl Friedrich Schinkel sowie des Bildhauers Franz Ludwig Catel und anderer namhafter Künstler zurück. Ihre Fertigung erfolgte sowohl in der Braun­schweiger Manufaktur als auch in der 1773 gegrün­deten Zweig­nie­der­las­sung in Berlin.

Möbel­kunst und Lackma­lerei im späten 18. Jahrhun­dert

Die 1,40 cm große Schreib­kom­mode reprä­sen­tiert diesen Möbeltyp gerade beispiel­haft. Sie wurde aus verschie­denen Hölzern gearbeitet und mit Metall­be­schlägen versehen. Der kasten­för­mige Unterbau steht auf vier Füßen und ist durch Schub­laden geglie­dert, die mit vergol­deten floralen Motiven verziert sind. Zwischen Unterbau und zurück­ge­setztem Aufsatz ist eine heraus­zieh­bare Schreib­klappe einge­lassen.

Stobwasser-Schreibkommode, Detail: Eine idyllische Familienszene.
Stobwasser-Schreib­kom­mode, Detail: Eine idylli­sche Famili­en­szene.

Den Mehrfunk­ti­ons­cha­rakter des Möbels vervoll­stän­digt der Aufsatz mit drei weiteren kleinen Schub­laden sowie zwei Türflü­geln, in die gerahmte Bildplatten einge­setzt sind. Sie zeigen Repro­duk­tion nach Zeich­nungen des populären hanno­ver­schen Hofmalers Johann Heinrich Ramberg (1763 – 1840).

Stobwasser-Schreibkommode, Detail: Die drei Grazien und Amor.
Stobwasser-Schreib­kom­mode, Detail: Die drei Grazien und Amor.

 Auf der linken Seite ist eine idylli­sche Famili­en­szene zu sehen (Abb. 2), während rechts eine Darstel­lung der drei Grazien, die tanzend einen Blumen­korb mit dem Liebes­gott Amor in den Höhe halten, wieder­ge­geben ist (Abb. 3). Der allseitig gemalte Dekor aus Blüten‑, Schleifen- und Blatt­or­na­menten sowie ein durch Rosen und Ranken schwe­bender geflü­gelter Putto (Abb. 4) befindet sich auf einer mit auf einer mit dunkel­brauner Lackfas­sung aufge­brachten Grundie­rung.

Stobwasser-Schreibkommode, Detail: Blüten- und Rankenverzierung.
Stobwasser-Schreib­kom­mode, Detail: Blüten- und Ranken­ver­zie­rung.

Neben der Schreib­kom­mode, die im Jahr 2005 von der Richard Borek Stiftung im Kunst­han­del­er­worben wurde, befinden sich nahezu identi­sche Stücke im Städti­schen Museum Braun­schweig, in der Hessi­schen Hausstif­tung sowie im Museum Schloss Fasanerie in Eichzell bei Fulda.

Stobwasser heute

Die Frage, inwieweit sich die Produk­tion Stobwas­sers mit der gegen­wär­tigen Kunst und Kultur verknüpfen lässt, steht im Mittel­punkt der ab Mitte November begin­nenden Veran­stal­tungs­reihe „Stobwasser. Ganz schön gelackt“ im Städti­schen Museum Braun­schweig. Der Eintritt ist kostenlos.

Das könnte Sie auch interessieren