„Es genügt, ein Mensch zu heißen“ – mit einem Podiumsgespräch wurde die Ausstellung „Der Weiße Faden“ in der Klosterkirche Riddagshausen feierlich eröffnet.
20 Fotografien von 20 Frauen unterschiedlichen Glaubens laden dazu ein, unser Bild vom eigenen Glauben und dem Glauben anderer kritisch zu hinterfragen. Die Ausstellung läuft bis zum 3. April 2025. Im Gespräch mit Prof. Dr. Cord Friedrich Berghahn von der TU Braunschweig und Prof. Dr. Michael Grisko von der Richard Borek Stiftung verriet Elena Kaufmann, wie es zu dieser Ausstellung kam – und auch, was Lessings „Nathan der Weise“ damit zu tun hat.
Nach einer Begrüßung durch Uta Dieterich von der Kirchengemeinde Riddagshausen, Christopher Kumitz-Brennecke von der Landeskirche Braunschweig sowie Maria-Rosa Berghahn von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz gab die Künstlerin einen Einblick darin, wie das Fotoprojekt entstand.
Prägend war für sie die Erfahrung der Fremdheit, als sie 2012 von Sankt Petersburg nach Erfurt zog: sowohl kulturell als auch sprachlich. „Erfurt war nicht Berlin. Ich sprach nur Englisch, aber mit mir wollte kaum jemand Englisch sprechen.“ Als junge Fotografin gelang Elena Kaufmann aber der Kontakt zur jüdischen Gemeinde Erfurt über ihr Fotoprojekt „Ein Jahr mit dem Stern“, bei dem sie das Alltagsleben in der Gemeinde begleitete. Ihre Erfahrung, trotz eines anderen Glaubens mit offenen Armen empfangen worden zu sein, wurde zur Initialzündung für das Projekt „Der Weiße Faden“: Die Frage nach der verbindenden, menschlichen Ebene trotz religiöser und kultureller Unterschiede.
Dabei bildete die Beschäftigung mit Gotthold Ephraim Lessings Drama „Nathan der Weise“ ebenfalls eine Quelle der Inspiration. In dem 1779 geschriebenen und 1783 uraufgeführten Stück geht es um Toleranz und einen interreligiösen Dialog anstelle des Beharrens auf der Alleingültigkeit einer Religion. Die enthaltene „Ringparabel“ gehört zu den Schlüsseltexten der europäischen Aufklärung. Wie der Lessing-Experte Prof. Dr. Cord Berghahn betonte, ist die Frage nach dem Verhältnis Mensch-Religion ein zentraler Teil: „Wenn es um die Religion geht, geht es um den Kern des Ganzen: Aus der Religion selbst heraus zu zeigen, dass man ein Mensch sein kann.“
Zwei Jahre lang suchte Elena Kaufmann für ihr Projekt Frauen unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse, um sie für ihr Projekt zu gewinnen. Das war nicht immer einfach – nicht nur wegen der Corona-Pandemie. „Manchmal bin ich hinter den Menschen geradezu hergerannt“, erinnert sie sich lachend. Verschlungene und teils ganz zufällige Wege führten sie in einen hinduistischen Tempel in Hannover oder in eine einfache Wohnung im Leipzig. Oft wusste sie nicht, was sie hinter den Türen erwartete. Doch immer gelang es, einen Kommunikationsraum zu eröffnen zwischen den Menschen, in dem gegenseitiger Respekt und die Gemeinsamkeit eine zwischenmenschliche Ebene schaffen. Dieses Anliegen spiegelt sich in ihrer Ausstellung nun auch in der Klosterkirche Riddagshausen wider, die mit den hohen Decken ihrer Seitenschiffe und dem gedämpften Licht einen faszinierenden Rahmen für diese Ausstellung bietet. Inmitten dieses ehrwürdigen Ortes sind die Porträts der Frauen und ihre getrennt davon aufgestellten Glaubensbekenntnisse leise, aber kraftvolle Plädoyers für einen interreligiösen Dialog – besonders in Zeiten, in denen die Spaltung unserer Gesellschaft beängstigende Ausmaße anzunehmen scheint.
Am 20.3., 18 Uhr, gibt es eine weitere Gelegenheit die Künstlerin vor Ort zu erleben: Im Gespräch mit der Leiterin des Museums für Photographie Barbara Hofmann-Johnson und Christoph Borek. Dann kann man mehr über das besondere weiße Gewand der Frauen und die über 40 Bilder erfahren, die es braucht, bis das „richtige“ Porträt sitzt.
Die Eröffnung der Ausstellung, gefördert unter anderem von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, Die Braunschweigische Stiftung und der manyFACES Stiftung, markiert den Anfang des Jubiläumsjahres „750 Jahre Klosterkirche Riddagshausen“. Mit dem Wahlspruch der Zisterzienser – Die Tür steht offen, und so auch das Herz – lädt die Kirchengemeinde Riddagshausen-Gliesmarode im Jahr 2025 zu verschiedenen Veranstaltungen ein. Neben einem Video-Konzert der Capella della Torre am 29. März und einer Aufführung der Musik Hildegard von Bingens am 16. August gehört der Festgottesdienst am 15. Juni zu den weiteren Höhepunkten. Mehr Informationen zum Jubiläum stellt die Kirchengemeinde auf ihrer Website bereit.
Das Museum für Photographie in Braunschweig zeigt ein außergewöhnliches Fotoalbum. Wie es half, ein Krankenhaus zu unterstützen.
In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat … lebte in Braunschweig eine Frau, die ihrer Zeit ein bisschen voraus war. Käthe Buchler, geboren 1876, war eine talentierte, ambitionierte und experimentierfreudige Amateurfotografin, die der Stadt Bilder hinterließ, die zu wertvollen Zeitzeugnissen wurden: Ihre Bilder aus den Jahren des Ersten Weltkrieges führen eindringlich vor Augen, wie es im Alltag an der „Heimatfront“ zuging. Sie fotografierte verwundete Soldaten im Lazarett, Frauen in Männerberufen und Kinder im Braunschweiger Rettungshaus, einer Erziehungsanstalt für sozial benachteiligte Jungen und Mädchen.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 27.11.2024
Das Museum für Photographie in Braunschweig präsentiert in seiner aktuellen Jubiläumsausstellung zum 40-jährigen Bestehen aber auch die verspielte, romantische Seite der gebildeten, wohlhabenden Bürgersfrau: Käthe Buchlers Märchenalbum. Die Sammlung poetischer Inszenierungen vor allem von Märchen der Brüder Grimm entstand noch vor dem Ersten Weltkrieg. Das Fotoalbum ist datiert auf den 19. November 1909 und in der Ausstellung sorgsam hinter Glas geschützt. Familie, Freunde, Bekannte der Fotografin standen damals Pate für das Märchenpersonal der hessischen Brüder.
So sehen wir ein traurig dreinschauendes, blumenbekränztes Schneewittchen mit wallendem Haar im weißen Kleid, umgeben von einem Zwergen-Trio – allerliebst dargestellt von drei Kindern mit angeklebten Rauschebärten. Unter dem Foto ist vermerkt, wer Schneewittchen darstellt: eine gewisse Elisabeth Hartwig. Für die lächelnde Gänseliesel mit ihren dicken Zöpfen hat Käthe Buchler ihre Tochter Ellen gewinnen können, die die fette Gans unter den Arm geklemmt hat. Wir sehen auch die Mutter der sieben Geißlein, die mit dem Finger droht vor dem bösen Wolf, der sich schon herangepirscht hat und seine Pranke auf eines der kleinen Geißenkinder legt. Alle Darsteller tragen Tiermasken; die Ziegenschar hat auch noch üppige weiße Kragen um die Hälse gelegt bekommen. Ob „Aschenbrödel“ im geschnürten Mieder, „Die sieben Raben“ (junge Frauen mit federbesetzten Häubchen) oder „Rotkäppchen“ mit Wein und Kuchen im Körbchen: Die Fotos sind sorgsam arrangiert und die Modelle liebevollst kostümiert und ausgestattet mit allerlei Requisiten.
„Die Bilder dieses einmaligen Märchenbuchs dienten dazu, Geld zu sammeln für wohltätige Zwecke“, berichtet Museumsleiterin Barbara Hofmann-Johnson. Die Fotografin hatte auf der ersten Buchseite vermerkt: „Aufgenommen für den Bazar zum besten eines Krüppelheim‘s in Braunschweig“. Das Museum vermutet, dass die Spende dem Herzogin Elisabeth Hospital galt, das im Juni 1909 auf Betreiben der namensgebenden Herzogin und des damaligen Stadtrates Max Jüdel als Herzogin-Elisabeth-Heim (Landeskrüppel-, Heil- und Pflegeanstalt) gegründet worden war. Fortschritte in der chirurgischen Orthopädie sollten hier für die Behandlung körperlich benachteiligter Kinder genutzt werden.
In Käthe Buchlers Märchenalbum sind 35 Aufnahmen enthalten, die die Fotografin mit 23 Bildern des professionellen Braunschweiger Fotografen Adolph Sternitzky erweiterte. Er besaß ein eigenes Studio; die Märchenbilder von Käthe Buchler waren im Atelier ihres befreundeten Kollegen Wilhelm Müller entstanden. Das Originalbuch war der Museumssammlung 2019 überlassen worden. Bilder des Albums waren dort 2021 zum ersten Mal zu sehen gewesen: als Abzüge von Vintage-Fotografien aus dem Album sowie Neuabzüge (sogenannten Modern Prints) von digitalisierten Glasplattennegativen. Das Märchenbuch war für die Ausstellung „Double Dialoges“ erstmals digitalisiert und 2024 im Braunschweiger Stadtarchiv restauriert worden.
Nachfahren Käthe Buchlers hatten dem Museum im Jahr 2003 rund 1000 beschichtete Glasplatten, Kontaktabzüge und Abzüge überlassen. Noch in diesem Jahr sollen die letzten 300 Platten digitalisiert werden, um ihre Motive für die Nachwelt zu erhalten.
Käthe Buchler entdeckte ihre Leidenschaft für die Fotografie 1901, nachdem sie von ihrem Mann eine in Braunschweig gefertigte doppeläugige Voigtländer-Kamera geschenkt bekommen hatte. Sie versuchte es erst autodidaktisch, nahm ab 1906 jedoch an Fotografiekursen an der Lette-Schule in Berlin teil. „Dort waren Frauen zugelassen, was sonst zu jener Zeit nicht selbstverständlich war“, betont Museumsleiterin Hofmann-Johnson. Später habe Käthe Buchler ihre Bilder unter anderem in Lichtbildervorträgen gezeigt, die häufig aufklärerische und karitative Ziele verfolgt hätten.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 27.11.2024 und erreichbar unter: www.braunschweiger-zeitung.de/kultur/article407588937/kaethe-buchler-eine-maerchenhafte-braunschweigerin.html
Objekt des Monats, Folge 12: Günther Kaphammels „Heiliger Abend“ aus dem Jahr 1992
Im Jahr 2025 feiern wir den 750. Jahrestag der Weihe der Klosterkirche Riddagshausen, gegründet wurde das Zisterzienserkloster bereits 1145. Zu seinen Förderern zählten die sächsischen und später braunschweigischen Herzöge sowie der Adel des Landes. Künstler trugen schon immer zur Berühmtheit des Ortes bei. Dazu gehört auch der Braunschweiger Maler und Zeichner Günther Kaphammel (1926–2002), der vor allem durch seine Aquarelle über die Region hinaus bekannt wurde. Er verfasste zudem ein Buch über den sogenannte „Goldenen Schnitt“ („Der Goldene Schnitt. Harmonische Proportionen“, Kaphammel 1999), ein Thema, mit dem er sich ein Leben lang auseinandersetzte.
Kaphammels Werke vermitteln durch die zeichnerische Erfassung der Gebäudegefüge bei malerischer Farbigkeit die vielfältigsten Stimmungen im Klosterbereich. Sein zur Jahreszeit ausgewählter „Heiliger Abend“ aus dem Jahr 1992 zeigt, wie das farbige, warm strahlende Langhaus die Feiernden am Weihnachtsfest in der Klosterkirche geborgen umfangen hält. Mitte der 70er Jahre gestaltete Günther Kaphammel in einjähriger Arbeit die Innenmalerei der Säulenkapitelle und Gewölbebereiche der Klosterkirche.
Malerkollegen aus den 1950ern waren Wilhelm Frantzen und Robert Naumann. Ihre Reihe beginnt aber im 17. Jahrhundert mit Matthäus Merians Wiedergabe der Klosteranlage und setzt sich im darauffolgenden Jahrhundert fort mit Pascha Johann Friedrich Weitschs dichten Waldlandschaften. Wilhelm Pätz, Ludwig Tacke und Constantin Uhde schufen im 19. Jahrhundert ihre genauen Gebäudeansichten und weiten Bachlandschaften.
Das Kloster war schon sehr bedeutend, als es 1275 geweiht wurde. Die Mönche bewirtschafteten das damals in der ganzen Region modernste Kirchengebäude, das heute in Europa zu den besterhaltenen seiner Art zählt: drei vollständig eingewölbte Schiffe, ein Kapellenkranz rings um den typisch rechteckigen Chorbau und ein großes, doppeltüriges Westportal mit einer Marienfigur und Laubwerk.
Die Zisterzienser bauten in Riddagshausen so, wie es die Mönche des Ordens stets taten: Architektur wird zur Skulptur. Man trifft im Baugefüge auf Hörner, Blattnester, Rosetten und abstrakte plastische Gebilde. In der Kirchenarchitektur veranschaulichen sie die Kraftmomente von Lasten und Tragen. Ihre floralen Formen sind zeittypisch botanisch bestimmbar: Eiche, Weinlaub, Efeu, Erdbeere und Löwenzahn. Laubwerk spiegelt den sogenannten hortus conclusus wieder, den beschlossenen Garten als Symbol der Muttergottes, der Schutzpatronin der Kirche. Darüber hinaus weist das Weinlaub auf Leben und Passion Christi hin.
Aber nicht nur die fortschrittlichste Baukunst im Vergleich zu den großen Kathedralen brachten die Zisterzienser mit, sondern auch ihre überlegene Systematik bei Fischzucht in großen Teichen, beim Obstanbau in weiten Gärten und beim Ackerbau durch Fruchtwechsel auf den großen Flächen. Kontakte mit ihren Schwesterklöstern in ganz Europa ließen das Wissen dieses Ordens durch die strenge Auslegung von „Bete und Arbeite“ anschwellen.
1568 kam mit der Reformation die Aufhebung des Klosters, dem bis 1690 die Einrichtung einer herzoglichen Lateinschule und bis 1809 ein Predigerseminar für die evangelische Landeskirche folgten. Geblieben sind außer der Kirche noch ein Torhausrest von ca. 1180, die Fremdenkapelle von ca. 1230 und die Siechenkapelle des Hospitals aus dem frühen 14. Jahrhundert. Den Eindruck der ehemaligen Landwirtschaft am Kloster vermitteln noch die Gebäude von Meierei, Schmiede und Schafmeisterhaus.
Längst umgibt die Klosteranlage eine weitläufige Naturlandschaft, deren Zentren die noch erhaltenen elf Fischteiche sind. Zugvögel und andere Wildtiere sind hier zu Gast. 1975 erhielt diese das Prädikat „Europareservat“. Die Klosterkirche wurde nach Jahren des Verfalls vor allem durch die öffentlichkeitswirksame Unterstützung von Richard Borek II (1911-1993), dem Begründer des „Freundeskreises Riddagshausen“, saniert und 1975, im 700-jährigen Jubiläumsjahr, neu geweiht. Auch das Dorf wurde seit den 1960ern aufgewertet. Der ebenfalls durch Richard Borek geförderte Wiederaufbau großer, in Dörfern des Braunschweiger Landes abgebrochener braunschweigischer Bauernhäuser im Ortskern, stärkt den Charakter Riddagshausens als sehenswertes Ausflugsziel.
Dr. Bernd Wedemeyer ist Bau- und Kunsthistoriker.
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Die sogenannte Braunschweiger Revolution trieb den ungeliebten „Diamantenherzog“ Karl II. (1804-1873) in die Flucht.
Am 7. September 1830 ging das Braunschweiger Schloss in Flammen auf. Eine wütende Menge stürmte die herzoglichen Privatgemächer und die benachbarte Kanzlei. Die sogenannte Braunschweiger Revolution trieb den ungeliebten „Diamantenherzog“ Karl II. (1804-1873) in die Flucht. Karls jüngerer Bruder Wilhelm (1806-1884) übernahm wenige Tage später provisorisch die Regierung.
Die Erstürmung des Schlosses brachte Diverses von dort in Umlauf, von Alltagsdingen bis zu Schrifttum, Bargeld und Kostbarkeiten. Wir können uns vorstellen, wie unübersichtlich die Lage war; zeitgenössische Darstellungen zeigen große Menschenmengen. Gegenstände wurden eingesteckt und weggeschafft, um sie vor den Flammen zu schützen. Was passierte mit diesen Sachen und mit den Menschen, die sie an sich nahmen?
In Archivakten zur Wiederbeschaffung von Gegenständen aus dem herzoglichen Besitz und aus der Staatskanzlei entsteht interessanterweise der Eindruck, als sei beim Schlossbrand nichts Besonderes passiert. Statt Plünderung und Diebstahl zu kriminalisieren, wurde nämlich auf Verständigung gesetzt. Wir entdecken sogar ein Motiv des Heldentums!
Das Herzogliche Staatsministerium bedankte sich nämlich unmittelbar nach dem Feuer mit einer Bekanntmachung in den Braunschweiger Anzeigen für den „thätig und unermüdet geleisteten Beistand“ vieler Bürger, die geholfen hatten, Akten aus der brennenden Staatskanzlei zu retten. „Bei der fraglichen Feuersbrunst sind aber auch viele Acten […] entweder ein Raub der Flammen geworden, oder auf sonstige Weise abhanden gekommen“, hieß es weiter. Das Ministerium forderte die Einwohner auf, Papiere und Gegenstände „an den Rath Wolpers im Dompropsteigebäude unverzüglich abzuliefern.“
Zentrale Anlaufstellen sollten es den Braunschweigern leicht machen, Gegenstände abzuliefern. Rat Wolpers, der zuständige Beamte, erstattete dem Ministerium regelmäßig Bericht: „Der hiesige Einwohner Söchtig, wohnhaft auf der Kaiserstraße, erschien heute [am 9. September 1830] um an mich das angeblich von ihm gerettete Große Staats Siegel abzuliefern, worüber er sich eine Bescheinigung und demnächst wegen seiner Armuth eine Erkenntlichkeit erbat. Erstere wurde ihm von mir ertheilt und wegen Letzterer desfalls zur Geduld verwiesen.“ Söchtig stellt sich also als Held dar, der das Siegel gerettet habe. Wolpers scheint nicht so recht an selbstlose Motive zu glauben. Aber das Ministerium ließ nur fraglos Quittungen ausstellen.
Aus diesen Amtsvorgängen erfahren wir heute etwas mehr über die Ausstattung der herzoglichen Residenz; zum Beispiel lernen wir, dass Bücher, Bargeld, silberne Dessertmesser und Korkenzieher abgeliefert wurden. Vor allem kleine Handwerker und Tagelöhner wurden vorstellig und erhofften sich eine Belohnung. Das Jahr 1830 war schwierig gewesen, die Ernte schlecht, die Getreidepreise hoch. Herzog Karl II. hatte kaum in öffentliche Bauprojekte investiert, also waren viele Handwerker ohne Arbeit. Das Schloss wurde somit zu einem Ort, der in harten Zeiten plötzlich Wohlstand versprach, wenn man es geschickt anfing. Viele Braunschweiger – genaue Zahlen haben wir leider nicht – entschieden sich dafür, „heiße Ware“ einzureichen und stattdessen „Finderlohn“ einzufordern. Damit wurden sie nicht weiter behelligt. Um weitere Unruhe zu vermeiden, verständigten sich der Magistrat und das herzogliche Ministerium mit den Bürgern auf generelle Amnestie.
Es gab aber auch schwerere Fälle von Plünderung und Diebstahl, die tatsächlich zum Prozess führten. Die Schuhmachergesellen Werner und Henning hatten beim Schlossbrand „Pretiosen und Gelder“ gestohlen und in ihrem Rucksack außer Landes gebracht. Schmuck, Edelsteine und Siegel mit dem herzoglichen Wappen wurden von der Polizei in einem Bordell in Hannover sichergestellt. Die beiden Diebe wurden zu neun Monaten „öffentlicher Arbeitsstrafe“ verurteilt.
Heidi Mehrkens ist Lecturer in Modern European History an der schottischen University of Aberdeen. Sie lehrt und forscht unter anderem zur Kultur- und Politikgeschichte moderner europäischer Monarchien sowie zur Militär- und Mediengeschichte des 19. Jahrhunderts. Sie arbeitet derzeit zur Regierungszeit Herzog Karls II. von Braunschweig im internationalen Kontext.
Eines der bedeutendsten Exponate des Braunschweigischen Landesmuseums wird an das Militärhistorische Museum in Dresden verliehen.
Das Braunschweigische Landesmuseum verleiht für drei Jahre die Uniform des Braunschweiger Herzogs Friedrich Wilhelm samt Zubehör an das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden.
Bauhistoriker Elmar Arnhold legt mit „Fachwerkhäuser in Braunschweig“ seinen dritten populären Band für Braunschweig-Liebhaber vor.
Im Zuge der Sanierung des Fachwerkensembles am Ackerhof wurde die Idee geboren, die große Bedeutung Braunschweigs als mittelalterliche Stadt in einem Buch populär zu präsentieren. Bauhistoriker und Stadteilheimatpfleger Elmar Arnhold nahm sich der Sache an.
Die Stuckdecke in der Villa Westermann stellt eine Besonderheit von überregionaler Bedeutung dar.
Die Villa Westermann (Löwenwall 6) ist in den vergangenen fünf Jahren Schritt für Schritt von Grund auf saniert worden. Herausragend war dabei eine aus 45 Kassettenfeldern bestehende Stuckdecke. Sie war viele Jahrzehnte lang hinter einer Unterdecke verborgen.
Am 12. November 1989 um 7.58 Uhr fiel endlich auch der Eiserne Vorhang zwischen Hessen und Mattierzoll.
Noch heute ist Enrico Kretschmar, der erste demokratisch gewählte Bürgermeister der Gemeinde Hessen nach der Wende, ergriffen von den dramatischen Ereignissen rund um den 12. November 1989. Denn an diesem Tag öffnete sich der Eiserne Vorhang zwischen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Bundesrepublik Deutschland endlich auch zwischen Hessen (heute Sachsen-Anhalt) und Mattierzoll (Landkreis Wolfenbüttel).
Stadtmauerfragment aus dem 12. Jahrhundert hinter der Jugendherberge am Neuen Geiershagen wieder aufgebaut.
Was lange währt, wird endlich gut: Dreizehn Jahre nach seiner Entdeckung 2011 wurde das Stadtmauerfragment aus dem 12. Jahrhundert hinter der Jugendherberge am Neuen Geiershagen wieder aufgebaut und Kern eines neuen Informations- und Bildungsorts,
In den versteckten Höfen der Innenstadt gehören die Mini-Märkte zu den Highlights des Weihnachtsmarktes. Verschwinden sie jetzt?
Der Blick auf den Kalender verrät: Weihnachten rückt näher. Klingt im Herbst eher noch nebensächlich, ist aber wahr. Mit der Weihnachtszeit nahen auch die Weihnachtsmärkte. Selbige sind für manche Freude pur, anderen hingegen sind sie ein Grauen – wegen des dichten Gedränges. Auch Wolfenbüttel bildet da keine Ausnahme, was den Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus betrifft.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 18.09.2024
Aufgrund der Baustelle in der Innenstadt wird der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr wieder vor dem Schloss stattfinden. Das bedeutet zwar mehr Platz für Stände und Besucher, für die Adventshöfe ist das aber nicht positiv. Der Wolfenbütteler Weihnachtsmarkt droht eines seiner Highlights zu verlieren. Gegenüber unserer Zeitung bestätigte die Stadt, dass nur einer der Höfe in diesem Jahr öffnen wird.
Adventshof, Museumshof, Kommisse und Klosterhof: Sie alle waren Jahr für Jahr eigene kleine Weihnachtsmärkte, die um den eigentlichen Weihnachtsmarkt vorm historischen Wolfenbütteler Rathaus als Zufluchtsorte vor dem engen Trubel auf dem Stadtmarkt dienten. Das ist nun vorbei. Wie aus dem Umfeld der Betreiber und von der Stadtverwaltung zu hören ist, finden in diesem Jahr keine Minimärkte mehr statt. Lediglich in der Kommisse wird es noch den Adventsmarkt geben.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Der Exklusivhof etwa lag an der Breiten Herzogstraße und wurde vom damaligen Laden Vitrine der Stadt zur Verfügung gestellt. Uwe Thomas, Eigentümer des Gebäudes, erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung, dass dort in diesem Jahr nichts geplant sei. Von der Stadt habe er keine Anfrage erhalten. Entsprechend würde der Adventshof, der am weitesten vom Stadtmarkt entfernt sei, nicht stattfinden. Stattdessen wollen Thomas und seine Frau Christiane ab dem 5. Oktober einen eigenen Weihnachtsladen in der eigenen Vitrine anbieten.
Am nächsten am Stadtmarkt waren der Klosterhof und der Museumshof in der Klosterstraße. Der Museumshof im Schatten der Neuen Kanzlei wurde von den 3Landesmuseen vergeben. Auf Nachfrage unserer Zeitung heißt es von dort, dass bereits Anfang des Jahres Kontakt mit der Stadt bezüglich auf einer Neuauflage des Museumshofs bestanden habe.
„Auf eine Nachfrage unsererseits zur Platzierung der Buden, Hintergrund waren ausstehende Arbeiten zu Brandschutzmaßnahmen am Gebäudekomplex, haben wir bisher keine Rückmeldung erhalten“, erklärt Heike Pöppelmann, die leitende Museumsdirektorin des Braunschweigisches Landesmuseums, schriftlich. Die 3Landesmuseen gehen nach aktuellem Stand davon aus, dass kein Museumshof zustande kommt. Auch eine Nutzung außerhalb des regulären Weihnachtsmarktes sei nicht vorgesehen.
Auf dem Klosterhof wurden Glühwein, Flammlachs und vieles mehr angeboten, an den Wochenenden fanden auch kleine Konzerte statt. An eine Eröffnung ist aber in diesem Jahr nicht zu denken: Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, der das Kloster heute gehört, erklärt, dass es baufällig sein. Im Innenhof stehen Stützbalken, die Fassade bröckele. Eine öffentliche Nutzung sei unter diesen Umständen nicht denkbar. Das Gebäude beherbergte bis 2006 ein Nonnenkloster. Seitdem wird das Fachwerkhaus nicht mehr genutzt.
Der einzige „überlebende Hof“ ist wohl der Hof der Kommisse. Auf der Seite der Stadt ist bereits angekündigt, dass in der Kommisse wieder ein Kunsthandwerkermarkt stattfinden soll. Auch auf dem Hof der Kommisse wird es Speisen und Getränke geben. Vom eigentlichen Weihnachtsmarkt vor dem Schloss wird dieser Hof knapp 500 Meter entfernt sein. Die Frage, ob der Weihnachtsmarkt im nächsten Jahr wieder auf den Stadtmarkt und damit in die Nähe der Adventshöfe zurückkehren wird, ist derweil noch nicht geklärt.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 18.09.2024 und erreichbar unter: www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/wolfenbuettel/article407240095/weihnachtsmarkt-wolfenbuettel-adventshoefe-vor-dem-aus.html
„Timejumps“ machen die Veränderungen des Stadtbilds anhand historischer Fotos und Zeitraffer-Überblendungen ins Hier und Jetzt deutlich. Einen spektakulären Blick wirft Kameramann Dirk Troue in dieser Folge vom Kirchturm der St. Andreaskirche auf den Platz der Alten Waage, die Lange Straße und den Meinhardshof.
„Es genügt, ein Mensch zu heißen“ - mit einem Podiumsgespräch wurde die Ausstellung „Der Weiße Faden“ in der Klosterkirche Riddagshausen feierlich eröffnet.
Das Museum für Photographie in Braunschweig zeigt ein außergewöhnliches Fotoalbum. Wie es half, ein Krankenhaus zu unterstützen.
Objekt des Monats, Folge 11: Günther Kaphammels „Heiliger Abend“ aus dem Jahr 1992:
Fotoausstellung „Der weiße Faden“ von Elena Kaufmann in der Klosterkirche Riddagshausen
Die Verwaltung legt Zahlen für das Großprojekt in der City vor. Dabei handelt es sich um eine „erste grobe Schätzung“ in Millionenhöhe.
Traditioneller Silvestervortag von Gerd Biegel im Kaiserdom Königslutter am 31. Dezember um 15 Uhr
Die sogenannte Braunschweiger Revolution trieb den ungeliebten „Diamantenherzog“ Karl II. (1804-1873) in die Flucht.
Das Berliner Ensemble Polyharmonique präsentiert ihre „Historia Nativitatis“, wie sie im 17. Jahrhundert in Mitteldeutschland hätte erklungen sein können.
Nachruf auf Bernd Assert: „Er war einfach ein Mensch, glaubwürdig, aufrecht und ehrlich“
Objekt des Monats, Folge 11: Günther Kaphammels „Heiliger Abend“ aus dem Jahr 1992: