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Das Ende des Landes Braunschweig

In der damaligen Kant-Hochschule (heute Haus der Wissenschaft) wurde der Braunschweigische Landtag am 21. November vor 70 Jahren aufgelöst. Foto: Universitätsbibliothek Braunschweig
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Vor 70 Jahren wurde der Braunschweigische Landtag aufgelöst. Eine Feierstunde in der ehemaligen Kant-Hochschule (heute Haus der Wissenschaft) am 21. November und eine achtseitige Beilage von „Der Löwe – das Journal der Braunschweigischen Stiftungen“ in der Braunschweiger Zeitung am 17. November erinnern daran.

Am 21. November 1946 endete mit der Auflösung des Braunschweigischen Landtags die Existenz des traditionsreichen Landes Braunschweig. An jenem Tag verkündete der britische Group Captain G.R. Hicks in der Aula der damaligen Kant-Hochschule, dem heutigen Haus der Wissenschaft: „Hiermit erkläre ich den Landtag für aufgelöst und seine Kabinettsmitglieder ihrer Pflichten entbunden.“ Genau 70 Jahre später wird eine Veranstaltung der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK) am historischen Ort an jenes Datum erinnern, an dem Braunschweig endgültig im Bundesland Niedersachsen aufging.

„Der Löwe – das Journal der Braunschweigischen Stiftung“ erscheint bereits an diesem Donnerstag, 17. November, mit einer achtseitigen Sonderausgabe zur 70. Wiederkehr der Auflösung des Braunschweigischen Landtags. Die Beilage beschreibt die damalige politische Situation und porträtiert mit Alfred Kubel und Otto Bennemann herausragende Braunschweigische Persönlichkeiten jener Zeit. Darüber hinaus werden ausführliche Interviews mit den für das Braunschweigische in der jüngeren Vergangenheit so bedeutenden Oberbürgermeister a.D. Dr. Gert Hoffmann und Ministerpräsident a.D. Gerhard Glogowski veröffentlicht. Auf weiteren Seiten geht es um Institutionen und auch Bauwerke, die die Braunschweigische Identität im Besonderen prägen.

„Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist Hüter des Braunschweigischen Erbes. Sie erfüllt damit den Auftrag des letzten Braunschweigischen Landtags, dem insbesondere die eigenverantwortliche Verwaltung des großen Braunschweigischen Vermögens ein ganz wichtiges Anliegen war. Davon lassen wir uns von niemandem abbringen“, verdeutlicht SBK-Präsident Gert Hoffmann das große Selbstvertrauen, mit dem die SBK zu dieser Veranstaltung einlädt. Geregelt ist das in Artikel 72 der Niedersächsischen Landesverfassung.

Nach dem Krieg tagte der Braunschweigische Landtag, der sich aus vom Military Government Detachment bestimmten und nicht gewählten Mitgliedern zusammensetzte, erstmalig wieder am 21. Februar 1946. Diese wie alle folgenden Sitzungen fanden in der Aula der Kant-Hochschule in Braunschweig statt. Diesen Sitzungssaal nutzte auch der Rat der Stadt Braunschweig. Denn: Nach den verheerenden Zerstörungen durch alliierte Bomberverbände – vor allem in der schrecklichen Feuernacht des 15. Oktober 1944 – stand in der Okerstadt kein anderer Sitzungssaal dieser Größenordnung mehr zur Verfügung.

Doch statt eines kompletten Neustarts einer zukünftig wieder autark agierenden Braunschweigischen Landespolitik war das Ende des viele Jahrhunderte alten Braunschweigischen Parlaments nicht mehr fern. Nach nur acht Monaten und 14 Nachkriegssitzungen verlor das Land Braunschweig mit der Auflösung des Landtages am 21. November 1946 seine staatliche Selbstständigkeit. Durch die Verordnung Nr. 55 führte die britische Militärregierung die zuvor selbständigen Länder Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie die ehemalige Provinz Hannover zusammen. Die Briten gründeten rückwirkend zum 1. November 1946 das Bundesland Niedersachsen.

Doch das Ende des Braunschweigischen bedeutete das freilich nicht. Denn für Gerhard Glogowski sind regionale Identitäten wie das Braunschweigische insbesondere in einer globalisierten Welt keinesfalls überholt. „Ich bin der Auffassung, dass es in dieser Zeit gerade regionaler Identität bedarf. Globalisierung macht den Menschen Ängste. Auch Europa ist nicht so gestaltet, dass es für die Menschen nur Zuversicht bedeutet, sondern auch Kälte, Entfernung, Nichtverstehen. Je stärker Globalisierung um sich greift, je mehr brauchen wir Braunschweigische Identität, brauchen wir den regionalen Konsens, nämlich das Abbilden von Heimat“, meint er.

Trotz der stark ausgeprägten Identitäten der einzelnen Landesteile sei es mittlerweile gelungen ein gemeinsames „Niedersachsen-Bewusstsein“ zu entwickeln, erklärt Bernd Busemann, Präsident des Niedersächsischen Landtags. Er wird den Festvortrag halten. „Wir legen traditionell großen Wert auf einen innerniedersächsischen Föderalismus. Unsere Landesverfassung schützt ausdrücklich die Belange der früheren Länder Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe. Landschaften und Landschaftsverbände füllen diesen Anspruch mit Wirklichkeit – und natürlich auch starke und vielfältige Institutionen auf der Ebene der alten niedersächsischen Länder wie die Braunschweigischen Stiftungen“, verdeutlicht er.

Information:

Auf www.der-loewe.info steht die Beilage vom 18.November an auch als PDF zur Verfügung

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