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Zentraler Bestandteil der höfischen Tafel

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Weißes Gold aus Fürstenberg, Folge 2: Tafelaufsatz mit Satyrpaar, um 1765

Das spektakulärste Einzelwerk der Porzellanmanufaktur Fürstenberg ist der Tafelaufsatz mit Satyrpaar. Und er gehört zu den rarsten Objekten: Es ist nur eine zweite Ausformung des wohl von Simon Feilner (1726-1798) geschaffenen Modells bekannt, die aber weniger gut erhalten ist. Zunächst beeindruckt der Tafelaufsatz durch seine plastische Opulenz. Wild bewegt erscheint das große, flache Unterteil mit den vielgestaltigen Rocaillen. An den vier Ecken sind muschelförmige Schalen aufgesetzt, die von bocksbeinigen Puttenpaaren getragen werden. In der Mitte, wo die Ornamente scheinbar wie Wellen hochschlagen, erhebt sich ein Sockel mit einem Satyrpaar, das wiederum eine große Muschelschale trägt. Diese wird von einer hohen, palmenförmigen Korbschale gekrönt.

Nähe zum Herrscher sichtbar

Tafelaufsatz mit Satyrpaar, um 1765. Foto: Museum Schloss Fürstenberg

Im 18. Jahrhundert waren solche Tafelaufsätze, auch Platmenagen genannt, ein zentraler Bestandteil des höfischen Tafelgeräts. Vordergründig dienten sie dem Anbieten von Salz, Pfeffer, Zucker, Essig, Öl, Senf und Zitronen zum Nachwürzen der Speisen. Vor allem waren sie wichtig für die Gestaltung der Tafel: Sie markierten die Mitte der gesamten Komposition aus Terrinen, Platten, Schalen und Schüsseln, die in symmetrischer Aufstellung die diversen Speisen offerierten. Mit dieser Auszeichnung des Tafelmittelpunkts war allen Gästen zudem sogleich ersichtlich, wo der Gastgeber saß, um den sie sich dann entsprechend ihres Ranges mehr oder weniger weit entfernt platzierten. Innerhalb des Hofzeremoniells kam daher dem Tafelereignis eine zentrale Bedeutung zu, weil es die Nähe oder Ferne eines Höflings zum Herrscher unmittelbar und öffentlich sichtbar machte.

Tratsch über vergangenen Festivitäten

Die symbolische Funktion korrespondiert auch mit der Ikonographie des Tafelaufsatzes. So symbolisieren die Putten mit den Muschelschalen auf den Schultern die vier Jahreszeiten, wovon der Herbst als Zeit der Weinlese durch das weinumkränzte Satyrpaar des zentralen Aufsatzes besonders betont wird. Damit wird ein Bezug zu den ausschweifenden Festen des antiken Gottes des Weins, Bacchus, hergestellt. Zu dessen Gefolge gehörten die Satyrn, die sich bei ausschweifenden Gelagen und Festumzügen verlustierten und ihren Trieben freien Lauf ließen. Die Unterhaltung bei Tisch konnte durch diese Motive leicht zum Tratsch über die Erlebnisse bei vergangenen Festivitäten befördert werden – vorausgesetzt, die Gäste verfügten über die nötige Bildung, um die mythologischen Anspielungen zu verstehen.

Anlässlich des 275-jährigen Gründungsjubiläums der Porzellanmanufaktur stellt „Der Löwe – das Portal für das Braunschweigische“ in einer sechsteiligen Reihe herausragende Stücke des Museums Schloss Fürstenberg vor.

Dr. Christian Lechelt ist Leiter des Museums Schloss Fürstenberg.

Kontakt:

Museum Schloss Fürstenberg
Meinbrexener Straße 2
37699 Fürstenberg

Telefon: 05271/966778-10
E-Mail: museum@fuerstenberg-schloss.com
Internet: www.fuerstenberg-schloss.com

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag sowie an Feiertagen 10-17 Uhr. Vom 19.12. bis 26.12. und vom 31.12. bis 6.1.2023 geschlossen

Eintritt: 8,50 Euro, ermäßigt: 5,50 Euro

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