Von Landschaften tafeln

Teller mit dem Prospekt „Rüningen nach Wolfenbüttel hin“, Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Pascha Weitsch, Fürstenberg, vor 1764, Braunschweig. Foto: Marc Stantien
Teller mit dem Prospekt „Rüningen nach Wolfenbüttel hin“, Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Pascha Weitsch, Fürstenberg, vor 1764, Braunschweig. Foto: Marc Stantien

Objekt des Monats, Folge 17: Das Tafel­ser­vice Herzog Carls I. und das Hollän­di­sche Service.

Dieser flache Teller mit Goldrand aus dem berühmten Fürsten­berger Tafel­ser­vice Herzog Carls I. (1713–1780) hat ein „graviertes Muster“ nach einem Entwurf von Johann Christof Rombrich (1757/1758). Das zarte Relief dieses Musters teilt die „Fahne“, den flachen erhöhten Teller­rand, in Felder bzw. Reserven, dabei wechseln sich geschuppte mit glatten und gravierten Feldern ab. Die glatten Felder sind mit Blumen­sträußen bemalt, die breiten gravierten Felder zieren Blumen­gir­landen und goldge­höhte relie­fierte Blatt­zweige.

Auf dem Spiegel des Tellers ist eine dörfliche Landschaft mit einer Kirche, Häusern und Figuren umrahmt von Gebüsch, Bäumen, Wurzeln und Wolken zu sehen. Da das Landschafts­bild nicht die gesamte Innen­fläche des Tellers bedeckt, spricht man hier von einer Malerei im „Inselstil“. Die rücksei­tige Beschrif­tung des Tellers benennt das Motiv als eine Ansicht des Ortes Rüningen.

Eine Manufaktur schreibt Geschichte

Mit der Landschafts­ma­lerei auf Porzellan schrieb die Manufaktur Fürsten­berg Geschichte. Auf Fürsten­berger Porzellan findet man die ersten topogra­fisch bestimm­baren Landschaften in der Porzel­lan­ge­schichte Europas. Pascha Weitsch (1723–1803) steht für diese Ära und die neue Auffas­sung in der Landschafts­ma­lerei: Er malte das persön­liche Natur­er­lebnis – und das zunächst auf Porzellan. Seine Motive fand Weitsch im Braun­schweiger Land und im Harz.

Das heraus­ra­gende Ergebnis ist das Tafel­ser­vice Herzog Carls I., gefertigt 1763 bis 1768. Weitsch bemalte im Auftrag des Herzogs alle Service­teile mit braun­schwei­gi­schen Ansichten – wie bei diesem Teller den Ort Rüningen. Die gedeckte Tafel bot somit ein Bild des gesamten Herzog­tums und seiner landschaft­li­chen Vielfalt.

Doch Pascha Weitsch ließ sich nicht nur von den realen Landschaften des Braun­schweiger Landes inspi­rieren, auch die nieder­län­di­sche Kunst des 17. Jahrhun­derts beein­flusste seine Werke. Diese Vorliebe prägte einen weiteren wichtigen Auftrag der Porzel­lan­ma­nu­faktur Fürsten­berg, das Hollän­di­sche Service. Das Hollän­di­sche Service zählt ebenfalls zu den berühmten Tafel­ser­vicen der Manufaktur. Mit seinen 185 Teilen ist dieses einzig­ar­tige Ensemble das am umfang­reichsten erhaltene Fürsten­berger Landschafts­ser­vice des 18. Jahrhun­derts.

Teller bemalt mit goldumrandeten niederländischen Küstenansichten, Blumenbouquets, Girlanden und Blumen, Holländisches Service, Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Fürstenberg, 1773/1774, Museum Wolfenbüttel, Foto: Andreas Greiner-Napp
Teller bemalt mit goldum­ran­deten nieder­län­di­schen Küsten­an­sichten, Blumen­bou­quets, Girlanden und Blumen, Hollän­di­sches Service, Porzel­lan­ma­nu­faktur Fürsten­berg, Fürsten­berg, 1773/1774, Museum Wolfen­büttel, Foto: Andreas Greiner-Napp

Schon wegen seines Umfangs, der Fülle an Formstü­cken und des außer­or­dent­lich guten Erhal­tungs­zu­standes ist das 1773/1774 gefer­tigte Hollän­di­sche Service eine Rarität, das Bildpro­gramm und die künst­le­ri­sche Ausfüh­rung machen es zu einem bedeu­tenden Beispiel europäi­scher Porzel­lan­kunst: Jedes der 185 Objekte zeigt ein anderes Motiv hollän­di­scher Küsten­land­schaften. Zusammen ergeben diese ein Gesamt­kunst­werk von einzig­ar­tiger Vielfalt, Pracht und handwerk­li­cher Perfek­tion.

Sowohl das Service Carls I. als auch das Hollän­di­sche Service stehen als bedeu­tende Fürsten­berger Landschafts­ser­vice des 18. Jahrhun­derts für die hohe Qualität der Porzel­lan­ma­nu­faktur in dieser Epoche.

Bis zum 30. November 2025 besteht die einmalige Gelegen­heit, ausge­wählte Teile des Tafel­ser­vice Herzog Carls I. aus dem Bestand der Richard Borek Stiftung und das komplette Hollän­di­sche Service aus der Sammlung des Museums Wolfen­büttel in einer Ausstel­lung im Wolfen­büt­teler Schloss Museum zu sehen.

Dr. Sandra Donner ist Museums­lei­terin des Museums Wolfen­büttel.

Das Hollän­di­sche Service im Schloss Museum Wolfen­büttel

Ausstel­lung im Schloss Museum Wolfen­büttel
06. Juni bis 30. November 2025
Schloss Museum Wolfen­büttel
Schloss­platz 13
38304 Wolfen­büttel
0 53 31/ 92 46 0
museum@wolfenbuettel.de
www.museumwolfenbuettel.de

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