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Aus Amsterdam ins Schlossmuseum

Historische Fotos, wie hier vom Kleinen Audienzzimmers, halfen bei der Einrichtung des Schlossmuseums. Foto: Stadtarchiv H XVI A II 3b
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Im Juni 2005 fand die Erstbesichtigung von Objekten der Welfenauktion in Amsterdam statt.

Es war ein Sammelsurium aus verschiedenen Schlössern, das das Welfenhaus nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrem Schloss Marienburg zusammengetragen und gelagert hatte. Das meiste, vom edlen Besteck bis zum imposanten Gemälde, wurde wegen fehlender Verwendung auf dem Dachboden gestapelt. Weil sich Prinz Ernst August von Hannover nicht mit dem Land Niedersachsen auf die Übernahme der Marienburg und der Kunstobjekte durch das Land einigen konnte, entschloss er sich zu einem Verkauf der Kunstobjekte über eine Auktion mit Sotheby`s, um die notwendigen Mittel zur Sanierung des Schlosses Marienburg zu erhalten. Das war ein großes Glück für das seinerzeit erst in Planung befindliche Schlossmuseum im rekonstruierten Residenzschloss Braunschweig.

Audienzzimmer Schlossmuseum mit zwei Sesseln mit blassrotem Bezug. Foto: Schlossmuseum/Küstner

Audienzzimmer Schlossmuseum mit zwei Sesseln mit blassrotem Bezug. Foto: Schlossmuseum/Küstner

Im Juni 2005 hatte Sotheby’s einen Großteil der zu Versteigerung stehenden Stücke von Pattensen aus in Lastwagen zur Vorbereitung der Auktion nach Amsterdam in eine große Halle transportieren lassen. Braunschweiger Museen und Stiftungen waren dorthin eingeladen, um einige wichtige Objekte vorab prüfen und erwerben zu können. Auch Dr. Bernd Wedemeyer war dabei, der Experte schlechthin für das Braunschweiger Welfenschloss und mit eingebunden in die Entstehung des Schlossmuseums, das sechs Jahre später, am 8. April 2011, eröffnet werden sollte. Bei der Vorbesichtigung achtete er vor allem auf die Schlag- oder Brandstempel „H.R.Schl.“, „H.S.B“ oder S.B.“, die die Möbel, Gemälde und Kunstgegenstände als Originale aus dem Herzoglichen Residenzschloss Braunschweig ausweisen.

Schlechter Zustand

„Die Stücke waren teilweise in erbärmlichen Zustand. Die Gemälde waren stark verschmutzt, wiesen teilweise Wasserschäden auf. Es war sofort klar, dass größere Restaurierungsarbeiten notwendig würden. Kein einziges Exponat war zu dem Zeitpunkt ausstellungswürdig“, erinnert sich Bernd Wedemeyer an seinen Rundgang. Er konnte sich jedoch einen guten Eindruck verschaffen und fuhr mit der Gewissheit zurück nach Braunschweig, dass das geplante Schlossmuseum mit Originalteilen würde ausgestattet werden können. Anhand von Fotografien suchte er nach den ursprünglichen Standorten der Möbel und Gemälde.

Heute ist die repräsentative und prachtvolle Flucht von Spiel- und Musikzimmer, Arbeitszimmer, Audienzzimmer sowie Thronsaal im Nordflügel des rekonstruierten Residenzschlosses ausschließlich mit Originalen bestückt. Die Enfilade des Schlossmuseums mit ihren idealtypisch rekonstruierten Räumen erlaubt damit einen authentischen Eindruck, wie es zurzeit von Herzog Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg (reg. 1831-1884) im Schloss aussah.

Höheres Budget nötig

Die Objekte im Schloss waren in Zeitabständen immer wieder inventarisiert worden. Deswegen ließ sich mit Gewissheit sagen, was dem von 1960 bis 2007 von der Braunschweiger Bildfläche verschwundenen Bauwerk zuzuordnen war. Bei der Besichtigung in Amsterdam existierte allerdings noch kein Auktionskatalog. Er wurde erst kurz vor der Auktion im Oktober 2005 mit Kurzbeschreibungen der Stücke und dem Einstiegsgebot herausgegeben. „Die genannten Preise wurden teilweise bei weitem übertroffen, so dass auch das Budget der Richard Borek Stiftung im Laufe der beiden Wochen mehrfach erhöht werden musste, um die Stücke für Braunschweig sichern zu können“, erinnert sich Bernd Wedemeyer.

Das repräsentative Gemälde zeigt Herzog Wilhelm. Foto: Schlossmuseum

Das repräsentative Gemälde zeigt Herzog Wilhelm. Foto: Schlossmuseum

Nicht alles im Katalog entsprach allerdings den Tatsachen. So war ein Gemälde als Bildnis von Ernst August von Hannover bezeichnet worden, aber erst während der Versteigerung wurde entdeckt, dass im Hintergrund der Obelisk am Löwenwall zu erkennen war. Es handelte sich um ein Porträt von Herzog Wilhelm. Kurzentschlossen wurde das Gemälde ersteigert. Heute ist es Hauptblickfang im umgebauten Weißen Saal des Schlossmuseums.

Welfensilber in Boston

Bis heute tauchen immer wieder einzelne Stücke auf, die einst zum Braunschweiger Schloss gehörten und die die Richard Borek Stiftung gerne ersteigert hätte, wenn sie denn bei der Auktion angeboten worden wären. So befindet sich beispielsweise im Museum of Fine Art Boston eine umfangreiches Silberzimmer mit Objekten des hannöverschen Welfenhauses.

Die Auktion erbrachte bei einem Ausrufwert von 12 Millionen Euro schließlich 44 Millionen Euro, also weit mehr, als sich das Welfenhaus erhofft hatte. Die Mittel wurden zum Teil für Umbauten und ein Nutzungskonzept verwendet. Erst vor einigen Jahren einigte sich Erbprinz Ernst August von Hannover mit dem Land Niedersachen. Heute ist Schloss Marienburg Eigentum einer Stiftung, deren Vorstandsvorsitzender der Erbprinz ist.

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