Verschwundene Kostbarkeiten, Teil 5: Das Mummehaus „Zur Eule“ Hintern Brüdern
In der Nordhälfte der Braunschweiger Innenstadt hatten sich bis zur Zerstörung während des Zweiten Weltkrieges weitläufige Quartiere mit ihrer Bebauung aus dem späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit erhalten. Dies gilt in besonderem Maße auch für das Umfeld von Petri- und Brüdernkirche. Der leicht gewundene Straßenzug Hintern Brüdern verläuft noch heute nördlich der ehemaligen Franziskaner-Klosterkirche. Gegenüber dem Kirchenbau erhebt sich heute eine im Stil der Postmoderne entworfene Wohn- und Geschäftshausanlage aus den 1980er Jahren.
Blick in den Hof nach Süden auf die Rückseite des Haupthauses. Aus: Hermann Flesche, Brunswiek 1932
Haupthaus Hintern Brüdern 18. Foto: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege
Vor den Kriegszerstörungen von 1944 bestand Hintern Brüdern aus einer fast lückenlosen historischen Fachwerkbebauung. Breite Hausparzellen mit entsprechend stattlichen Häusern wechselten mit bescheidenen Gebäuden und ergaben gegenüber der wuchtigen Bettelordenskirche ein abwechslungsreiches Stadtbild. Die großen Grundstücke erstreckten sich nach Norden bis zur Langen Straße. Auch in den Höfen existierten bisweilen historisch wertvolle Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Über das Quartier zwischen den beiden Straßenzügen verlief im 12./13. Jahrhundert die nördliche Stadtbefestigung des Weichbildes Altstadt. Die einstige Stadtmauer konnte anhand archäologischer Befunde bei den Ausgrabungen auf dem Gelände des heutigen Pressehauses nachgewiesen werden.
Zu den markanten Bürgerhäusern gehörte das Anwesen Hintern Brüdern 18, für das wohl für das Jahr 1465 der Eigenname „Zur Eule“ überliefert ist. Noch älter ist eine Erwähnung als herzogliche Münzschmiede (1321). Hinter dem viergeschossigen Vorderhaus erstreckte sich eine der reizvollsten Hofanlagen des alten Braunschweigs. Der tiefe Hof grenzte mit seinem Rückgebäude an die Lange Straße. Das wuchtige Haupthaus Hintern Brüdern besaß ein niedriges Zwischengeschoss und ein überaus steil aufragendes Satteldach. Diese Merkmale deuten auf eine Bauzeit des Hauses im 15. Jahrhundert. Die Fassade wurde im 18. Jahrhundert in barocker Manier umgebaut, indem man die ursprünglichen Geschossvorkragungen beseitigte und vor dem Dach ein mittiges Zwerchhaus aufsetzte. Die riesige Dachfläche erhielt eine Mansarde und durchlaufende Lüftungsöffnungen für Speicherräume – eine für das alte Braunschweig einzigartige Dachlandschaft. Auch das Dielentor erhielt eine barocke Gestaltung mit Schnitzornamenten.
Östliche Hofbebauung mit Renaissancefachwerk von 1594, frühe Farbaufnahme. Aus: H. Edel: Die Fachwerkhäuser der Stadt Braunschweig, 1928
Die Attraktion des Anwesens war der ringsum mit Fachwerkhäusern umbaute Hof, dessen verwinkelter Umriss die malerische Wirkung des Ensembles noch steigerte. Ältestes Bauwerk auf dem Grundstück war jedoch eine Kemenate an der Westseite des Grundstücks, die vermutlich im 13. Jahrhundert errichtet worden war. Sie zeigte sich jedoch durch das jüngere Fachwerk völlig umbaut. Aus dem Spätmittelalter stammten die rückwärtigen Anbauten an das Vorderhaus mit spätgotischem Treppenfries und Heiligenfiguren, das rückwärtige Hofgebäude zur Langen Straße (Treppenfris) und ein Speicher an der östlichen Hofseite. Dort anschließend zog ein weiterer Fachwerkbau von 1594 im Gewand reichen Schnitzwerks der Spätrenaissance die Blicke auf sich. An der westlichen Hofseite befanden sich auch jüngere Gebäude, darunter eine eingeschossige Remise. Die Hoffläche war mit Velpker Sandsteinplatten und kleinteiligem Lesesteinpflaster belegt. Der Hof präsentierte sich nach Renovierung der Fassaden in den 1920er Jahren zuletzt in einem gepflegten Zustand und gehörte zu den intimen Sehenswürdigkeiten einer an Kulturgütern überreich gesegneten Stadt.
In den Gebäuden Hintern Brüdern 18 firmierte von 1907 bis zur Zerstörung in der Nacht zum 15. Oktober 1944 die bekannte Braunschweiger Mummebrauerei Nettelbeck. Nach der Vernichtung des Firmensitzes verlegte die Brauerei ihren Standort 1947 nach Melverode, wo bis heute diese Spezialität der Löwenstadt produziert wird.
Elmar Arnhold ist Bauhistoriker (Gebautes Erbe) und Stadtteilheimatpfleger. Auf Instagram @elmararnhold veröffentlicht er regemäßig Beiträge zu historischen Bauten in Braunschweig.
Als Herz der einstigen Residenzstadt im ehemaligen Braunschweiger Land zählt das Große Schloss Blankenburg zu den zeitORTEn der Region Braunschweig-Wolfsburg.
Schloss Blankenburg – das größte noch erhaltene Welfenschloss – ist das Wahrzeichen der Stadt Blankenburg mit einer über 900-jährigen Geschichte. Die heutige Schlossanlage geht aus mittelalterlichen Burgresten und Bauten aus der Renaissancezeit hervor – und ist bereits der vierte Bau, der auf dem Blankenstein entstand. Für das Netzwerk zeitORTE hat Bloggerin Beate Ziehres dem imposanten Schloss einen Besuch abgestattet. Gemeinsam mit Göran Heßler, stellvertretender Präsident des Vereins Rettung Schloss Blankenburg e.V. unternahm sie einen Rundgang durch die historischen Gemäuer, besuchte die Kapelle, deren Dachboden und den berühmten Grauen Saal.
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Das Netzwerk zeitORTE bündelt über 100 bedeutsame Orte, die die reiche Geschichte der Region Braunschweig-Wolfsburg offenbaren – von Schätzen der Vergangenheit über Schrittmacher der Gegenwart bis hin zu Laboren der Zukunft. zeitORTE sind historische Schauplätze wie geologisch einmalige Phänomene, archäologische Ausgrabungen, Bauwerke oder Ensembles des Mittelalters, Bibliotheken der Aufklärung, alte Fabrikgelände, moderne Stätten von Kunst und Architektur, Museen der Zukunft und Produktionsstätten von Weltruf.
Zweite große Sanierung für die „Victoria Luise“ seit ihrem Aufbau 1979 auf der Lünischhöhe nahe dem Klostergut.
Nach zwei Jahren sind die Restaurierungsarbeiten an der Riddagshäuser Bockwindmühle „Victoria Luise“ abgeschlossen. Im Wesentlichen wurde das größtenteils aus Eichenholz gefertigte Gebäude witterungsbeständig gemacht. Dazu zählten ein neuer Anstrich sowie Reparaturen des aus Holzschindeln bestehenden Dachs. Darüber hinaus wurden die Flügel neu ausgerichtet und die Mechanik gewartet. Seither läuft sie wieder geräuscharm wie am ersten Tag. Es war die zweite große Sanierung nach 2007. Die Mühle ist als betriebsfähige Museumsmühle zu besichtigen.
Im September 1979 war die Bockwindmühle von Remlingen nach Braunschweig auf die Lünischhöhe, einem Hügel ganz in der Nähe des Klostergutes Riddagshausen, versetzt worden. „Ein erster Plan, sie per Bundeswehr-Hubschrauber zu transportieren, scheiterte am doch zu großen Gewicht“, erinnert sich Henning Borek, damals wie heute Vorsitzender des Fördervereins Riddagshausen – Naturschutz und Bürgerschaft.
Der Wellkopf für die Flügel wurde instandgesetzt. Foto: Der Löwe
Die Demontage der Mühle in Remlingen begann am 28. März 1979, eingeweiht wurde sie auf ihrem neuen Platz am 1. September 1979. Die Kosten für die Umsetzung wurden überwiegend durch Spenden, aber auch durch Eigenmittel der Bürgerschaft gedeckt. Die Initiative, eine Windmühle nach Riddagshausen zu holen, war seinerzeit vornehmlich von Richard Borek II. (1911-1993) und eben Henning Borek ausgegangen.
Das Stockgetriebe im Inneren der Mühle wird durch einen Elektromotor angetrieben. Foto: Der Löwe
Hintergrund war, dass es einst in Riddagshausen eine Windmühle, allerdings eine Holländerwindmühle, gegeben hatte. Sie stand in der Nähe des heutigen Hotelbetriebs Landhaus Seela am Mittelweg, wurde aber 1921 vom Blitz getroffen und schließlich abgerissen. Die Chance, Ersatz zu schaffen, bot sich, als die Stadt plante, Verkehrslauf, Ortsgestaltung und Naturschutzgebiet Riddagshausen neu zu ordnen und aufzuwerten. Das gelang, wie wir heute wissen, mit großem Erfolg. Nach der Auflösung der Grabeland-Kleingärten 1977 wurde das Areal für die Mühle frei, die heute ein herausragendes historisches Kleinod ist und einen wunderschönen Ausflug in längst vergangene Zeiten ermöglicht. „Noch heute sind rund 90 Prozent der Substanz original und mittlerweile 187 Jahre alt. Die Flügel mussten jedoch neu angefertigt werden“, berichtet Henning Borek.
Die Bürgerschaft Riddagshausen, vor allem Borek und Müller Werner Goldmann, sorgen seither für die Erhaltung der Bockwindmühle. Eigentümerin ist die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, die die Baulast 2014 zusammen mit der Klosterkirche und weiten Teilen des ehemaligen Klosterguts, von der Stadt übernommen hat. Werner Goldmann führt interessierte Besuchergruppen durch die Mühle, erklärt ihnen, wie sie funktioniert, und erzählt spannende Geschichten zu den ausgestellten Exponaten. Darunter befinden sich mehrere Mühlsteine sowie unterschiedliche Getreidesorten.
Wie viele andere Bockwindmühlen ist also auch die Riddagshäuser eine „Wandermühle“. Sie wurde in ihrer Geschichte nicht nur einmal versetzt. Denn an ihrem ersten Standort blieb sie kaum zwölf Monate stehen. 1835 ließ der Kammerassessor von Veltheim als Verwalter der Gutsherrschaft Löhneysen anstelle einer bereits 1590 zwischen Remlingen und Wittmar stehenden und seit etlichen Jahrzehnten stillliegenden Turmwindmühle die Bockwindmühle errichten. Ein inzwischen erlassenes Gesetz zur Entfernung der Windmühlen von öffentlichen Hauptstraßen verlangte allerdings bald die Versetzung der Mühle an den südlichen Ortsrand von Remlingen.
Der erste Mühlenpächter war Hermann Petze. Von 1887 an betrieben drei Generationen der Familie Glockentöger die mit zwei Malgängen ausgestattete Mühle. Nach einem Flügelbruch 1944 war die Mühle noch bis 1947 mit nur einem Flügelpaar in Betrieb. 1956 wurde das letzte Flügelpaar entfernt. „Die für den Windbetrieb notwendigen Segel und Windbretter existieren noch“, berichtet Henning Borek. Bis 1966 war die Mühle noch elektrisch in Betrieb. Auch heute wird die Mühle zu Demonstrationszwecken per Elektromotor und über Ketten angetrieben. „Sie ist voll funktionsfähig, mit ihr kann noch immer Korn geschrotet werden“, versichert Henning Borek und führt voller Begeisterung durch das Technikmuseum der besonderen Art.
Zum Technikmuseum gehören auch verschiedene Mühlsteine. Foto: Der Löwe
Bockwindmühle „Victoria Luise“
Riddagshäuser Weg 3
38104 Braunschweig
Es gibt keine regulären Öffnungszeiten. Ein Besichtigungstermin kann mit Werner Goldmann (0157-7820 9237) verabredet werden.
Herzog Anton Ulrich-Museum zeigt mit den Silbermöbeln und den Silbermedaillen der Welfen zwei außergewöhnliche Sammlungen.
Die Triade, bestehend aus einem Prunkspiegel, einem Wandtisch und zwei Beistelltischen. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum, Kathrin Ulrich
Mit den beiden neuen Dauerausstellungen „Grandios! Die Silbermöbel der Welfen“ und „Schatz aus der Tiefe. Silbermedaillen der Welfen“ zeigt das Herzog Anton Ulrich-Museum zwei außergewöhnliche Sammlungen. Nach einer abenteuerlichen Reise durch drei turbulente Jahrhunderte europäischer Geschichte sind einerseits die Silbermöbel der Welfen nun als langfristige Leihgabe nach Braunschweig gekommen, und andererseits wird in einzigartiger Genauigkeit die Entwicklung der welfischen Münzprägung und Medaillenkunst dargestellt.
Ernst August Erbprinz von Hannover hat die Silbermöbel dem Herzog Anton Ulrich-Museum als Dauerleihgaben des Hauses Hannover für die Zeit der Sanierung der Marienburg bei Hildesheim anvertraut. Für Ernst August gehören die Silbermöbel zum Kernbestand des Kulturerbes seiner Familie. „Seit ihrer Entstehung vor fast 300 Jahren nehmen die Silbermöbel einen besonderen Platz in meiner Familie ein. Sie verbinden durch ihre wechselvolle Geschichte die ältere Linie der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel mit den Kurfürsten und Königen von Hannover“, sagt er. Die Silbermöbel werden nach Schloss Marienburg zurückkehren, sobald die Sanierung des Familiensitzes abgeschlossen ist und die Silbermöbel dort angemessen präsentiert werden können.
Die Silbermöbel gelten als herausragende Zeugnisse fürstlicher Repräsentation und sind Meisterwerke Augsburger Goldschmiedekunst. Die Objekte sind in verschiedenen Werkstätten der besten Gold- und Silberschmiede in zwei Etappen zwischen etwa 1725 und 1730 hergestellt worden. Beschäftigt waren Künstler der berühmten Goldschmiededynastien Biller und Drentwett. Die schon in ihrer Zeit als „königliche“ Stücke gefeierten Silbermöbel repräsentieren einen kaum je wieder erreichten Stand gestalterischen Könnens in der Silberverarbeitung, heißt es auf der Internetseite des Herzog Anton Ulrich-Museums. Das Ensemble nimmt unter den wenigen erhaltenen Werken dieser Art einen international herausragenden Platz ein.
Die Reise der Silbermöbel. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum, Kathrin Ulrich
„Die Möbel gehören zu den bedeutendsten Stücken ihrer Art. Ihr künstlerischer und materieller Wert ist hervorragenden Gemälden der Braunschweiger Galerie absolut ebenbürtig. Für das Herzog Anton Ulrich-Museum bedeutet diese Leihgabe eine hohe Auszeichnung und die einzigartige Chance, bedeutendstes Kulturgut einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren“, erläutert Museumsdirektor Dr. Thomas Richter. Gezeigt werden 13 Stücke – zwei Prunkspiegel, zwei Tische, vier Gueridons und fünf Stühle.
In Auftrag gegeben wurden die ersten acht Silbermöbel – die beiden Prunkspiegel, zwei Tische und vier Guéridons (Beistell- bzw. Kerzentische) – von dem in Wien residierenden Prinz Maximilian Wilhelm von Hannover (1666 – 1726), dem jüngeren Bruder König Georgs I. Lange konnte er sich allerdings nicht an den kostbaren Stücken erfreuen. Er starb schon 1726, kurz nach Fertigstellung. Herzog August Wilhelm von Braunschweig-Wolfenbüttel (1662-1731) erwarb die Silbermöbel und gab die weiteren fünf Stücke, einen Armlehnstuhl sowie die vier weiteren Stühle, als Ergänzung ebenfalls in Augsburg in Auftrag.
Konrad Detlev von Dehn ersteigerte die Silbermöbel in Wien, die das neue Braunschweiger Residenzschloss fürstlich ausstatteten. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum, Kathrin Ulrich
Weil August Wilhelm seinem Nachfolger hohe Schulden hinterließ, verkaufte dieser die Silbermöbel an die rivalisierende kurfürstlich-königliche Welfenlinie in Hannover. 1933/34 verlegte der letzte Herzog von Braunschweig seinen Wohnsitz von Österreich nach Schloss Blankenburg im Harz. Damit fanden die Silbermöbel zum zweiten Mal den Weg ins Braunschweiger Land, bis sie 1945 von der britischen Besatzungsmacht nach Schloss Marienburg gebracht wurden. 1952 waren die Stücke im Victoria and Albert Museum in London zu sehen. Jetzt „gastieren“ sie zum dritten Mal in drei Jahrhunderten im alten Land Braunschweig.
In Kooperation mit der Braunschweigischen Sparkassenstiftung präsentiert das Herzog Anton Ulrich-Museum außerdem Silbermedaillen der Welfen aus der „Münzforschungssammlung der Braunschweigischen Landessparkasse in der Braunschweigischen Sparkassenstiftung“. Sie ist ein Schatz der besonderen Art: Mehr als 8.000 Münzen und Medaillen der Welfenherzöge aller Linien, der im welfischen Territorium gelegenen Städte, insbesondere Braunschweigs, und der mit den Welfen verbundenen Bistümer, Abteien und Stifte, reflektieren spannende Facetten der Wirtschafts- und Geldgeschichte. Die Ursprünge der „Münzforschungssammlung“ reichen ins 19. Jahrhundert zurück und liegen in Münzbeständen der Braunschweigischen Staatsbank. Eigentümerin der Sammlung ist heute die Braunschweigische Sparkassenstiftung, die Sammlung wurde dem Herzog Anton Ulrich-Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt.
In der Ausstellung „Schatz aus der Tiefe. Silbermedaillen der Welfen“ werden 50 ausgewählte Silbermedaillen des 16. bis 18. Jahrhunderts gezeigt. Sie bieten faszinierende Einblicke in die Medaillenkunst der Welfen. Dabei tauchen immer wieder auch die Bergwerke im Harz und der Wilde Mann als Symbolfigur des Harzes auf, denn der Harz spielte eine herausragende Rolle für die Silbergewinnung. Daneben finden sich klassische Themen der fürstlichen Repräsentation, insbesondere Porträts der Herrscher und Symbole ihrer Macht wie etwa Darstellungen der Schlösser und Residenzen oder das Welfenross.
Die Silbermedaillen der Welfen zeigen die spannenden Facetten der Wirtschafts- und Geldgeschichte. Foto: Herzog Anton Ulrich-Museum, Kathrin Ulrich
Begleitet werden die Dauerausstellung von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm, das neben -Führungen und Fortbildungen für Lehrkräfte auch Kostümführungen für Kinder und Familien umfasst. Zu themenbezogenen Fachvorträgen werden darüber hinaus renommierte Expertinnen und Experten namhafter Kulturinstitutionen eingeladen.
Mehr unter: www.3landesmuseen-braunschweig.de/herzog-anton-ulrich-museum
Herzog Anton Ulrich-Museum
Museumstraße 1
38100 Braunschweig
Telefon: 0531 1225 – 0
E-Mail: info.haum@3landesmuseen.de
Eintritt:
Lessing-Preis wurde an die Zeit-Online-Journalistin Vanessa Vu für ihre Haltung in Podcasts und Instagram-Talks verliehen.
Dichter Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781) hat die Kritik zur Intervention erhoben. Mit seinen Werken und Aufführungen begründete er erst eine kritische Öffentlichkeit. Mit der diesjährigen Verleihung des Lessing-Preises für Kritik an die Zeit-Online-Journalistin Vanessa Vu, die für ihre Interventionen in digitalen Medien ausgezeichnet wurde, habe die Auszeichnung eine neue Wendung genommen, sagte Cord-Friedrich Berghahn, Präsident der Lessing-Akademie. „Podcasts und Instagram-Talks sind dabei nur scheinbar weit weg von Lessings Ansatz. Denn es eint sie das gemeinsame Ziel, nämlich mit ihrer Kritik Öffentlichkeit zu erreichen“, argumentierte er während der Preisverleihung im Wolfenbütteler Lessing-Theater.
Beispielgebend für die ausgezeichnete Arbeit von Vanessa Vu wurde im Rahmen der Zeremonie ihr mit Minh Thu Tran gemeinsam produzierter Podcast über den ersten rassistisch motivierten Mord in der Bundesrepublik abgespielt. Beim Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg am 22. August 1980 starben zwei junge Männer (18 und 22 Jahre alt). Sie waren als sogenannte Boatpeople aus Vietnam nach Deutschland gekommen. Das Ereignis griff Vanessa Vu in ihrer unabhängigen Reihe „Rice and Shine“ anlässlich des 40. Jahrestags 2020 auf. Sie recherchierte in alten Gerichtsakten, alten Zeitungsberichten und führte Gespräche mit Zeitzeugen.
Herausgekommen ist der spannende und gleichsam erhellende Podcast, der unter www.riceandshine-podcast.de/2020/08/22/hamburg-1980/ zu hören ist.
Der Lessing-Preis für Kritik wird seit dem Jahr 2000 im zweijährigen Rhythmus von der Lessing-Akademie und der Braunschweigischen Stiftung verliehen. Seit 2019 ist die Stadt Wolfenbüttel als dritte preisvergebende Einrichtung beteiligt. Mit dem Preis wird, nach dem Vorbild Lessings, Kritik in einem elementaren, fachübergreifenden, auch gesellschaftlich wirksamen Sinn ausgezeichnet: Kritik als bedeutende, geistig und institutionell unabhängige, risikofreudige Leistung. „Wir leben in einer Zeit, in der Kritikfähigkeit und Kritikbereitschaft abnehmen. Wenn es dunkler in der Welt wird, sind Leuchttürme wichtig. Lessing ist aktueller denn je, der Lessing-Preis wichtiger denn je“, erklärte Gerhard Glogowski, Vorstandsvorsitzender der Braunschweigischen Stiftung.
Gruppenbild vor dem Lessing-Theater (v.l.): Corinna Fischer (Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur), Cord-Friedrich Berghahn, Moshtari Hilal, Sinthujan Varatharajah, Gerhard Glogoweski, Vanessa Vu und Laudatorin Bascha Mika. Foto: DBS/Peter Sierigk
Die Laudatio auf Vanessa Vu hielt Bascha Mika, Professorin an der Universität der Künste Berlin und Mitglied im Stiftungsrat für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Sie lobte: „Der mehrfach ausgezeichnete Podcast ‚Rice and Shine‘, den Vanessa Vu seit 2018 mit Minh Thu Tran betreibt, beschäftigt sich mit all den Phänomenen, die die gesellschaftliche Spaltung und ihre Überwindung aus der viet-deutschen Perspektive betreffen, hervorragend in der Form, handwerklich vorbildlich, professionell nach allen Regeln der Podcastkunst. Und das alles mit einem großartigen Gespür für die richtigen, wichtigen und durchaus auch unterhaltsamen Themen.“
In ihrer Dankesrede verwies Vanessa Vu trotz aller Freude über die Auszeichnung vor allem auf Missstände, die Minderheiten in der Gesellschaft bis heute noch immer erdulden müssten. „Natürlich freue ich mich über die vielen Chancen und Räume, die sich mir eröffnen. Meine Freude darüber ist aber immer wieder auch davon getrübt, dass ich eine Ausnahmeerscheinung bin. Warum bin ich bis heute in so vielen Räumen und Positionen, die gesellschaftlich anerkannt sind und auch die Macht haben, die Gesellschaft zu prägen, immer wieder eine der sehr wenigen nicht weißen Personen? Warum gibt es dort nicht mehr Menschen, die aus strukturschwachen Räumen kommen, die in Armut aufgewachsen sind, die weiblich oder non-binär sind, die eine Behinderung haben oder anders glauben, als die christliche Mehrheit? Was von außen gerne als Erfolg gewertet wird, ist für mich auch ein Armutszeugnis. Denn der objektive Erfolg von Einzelpersonen wie mir ist nur der schöne Teil, ist der Gute-Laune-Teil einer Gesellschaft, der es trotz aller Ressourcen und verfassungsrechtlich verbriefter Ziele bis heute kaum gelungen ist, für Chancengleichheit und fair verteilte Teilhabe zu sorgen“, kritisierte Vanessa Vu.
Vanessa Vu, 1991 geboren als Vu Hong Van, ist Tochter vietnamesischer Einwanderer. Die Familie verbrachte ihre ersten Jahre in Deutschland in einem Asylbewerberheim im niederbayrischen Pfarrkirchen. Nach dem Abitur studierte Vu Ethnologie und Völkerrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Sozialwissenschaften in Paris und Südostasien-Studien in London. Anschließend absolvierte sie die Deutsche Journalistenschule München. Sie war Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung, die sie im Programm „Medienvielfalt, anders“ förderte.
Während ihrer Kindheit und Jugend, so berichtete sie, erlebte sie allerdings schwierige Situationen, auch Ausgrenzung und Anfeindungen. „Ich war überzeugt, wenn ich hier offenbar nicht hingehöre, dann sollte ich wenigstens nicht negativ auffallen. Ich lernte also, jedes Spiel so mitzuspielen, dass ich am besten keine Aufmerksamkeit erzeuge. Ich ging lange Zeit so klein und leise wie ich konnte, durch die Welt. Ich schlich und flüsterte mich durch meine ersten Jahre“, schilderte sie die Zeit, bevor sie eine selbstbewusste, kritische und vielfach ausgezeichnete Journalistin wurde, die die wahrnehmbare Stimme so vieler Menschen geworden ist, die wie sie einst einfach schweigen.
Preisträgerin Vanessa Vu während ihrer Dankrede. Foto: DBS/Peter Sierigk
Zur Besonderheit des Preises zählt, dass die Preisträgerin beziehungsweise der Preisträger eine Förderpreisträgerin beziehungsweise einen Förderpreisträger eigener Wahl bestimmt. Dotiert ist der Preis mit insgesamt 20.000 (15.000 und 5.000) Euro. Vanessa Vu wählte die Künstlerin Moshtari Hilal und den Geograph Sinthujan Varatharajah als Förderpreisträger aus.
Begründung der Jury für die Preisvergabe an Vanessa Vu: „Mit dem Lessing-Preis für Kritik zeichnet die Jury eine junge, vielseitig aktive Journalistin aus, die sich mit einem scharfen, aufmerksamen Blick nah am Puls der Zeit bewegt. Vanessa Vu, in Deutschland als Kind vietnamesischer Einwanderer geboren, bringt in ihren Texten, Podcasts und Gesprächsreihen unerzählte Geschichte zu Gehör und lotet dabei die Untiefen des gesellschaftlich scheinbar Selbstverständlichen aus. Mutig, bereichernd und pointiert konturiert sie über den Horizont eigener Erfahrungen hinaus das Gesicht der viet-deutschen „Generation 1991“. Die Vielschichtigkeit der Stimmen, die sie ohne Vorbehalt zu Wort kommen lasst, ihre – mit Lessing gesprochen – „aufrichtige Mühe um Offenlegung von Herkunft, Rassismus und Diskriminierung sowie ihr Gespür, die Bedürfnisse einer medienbewussten Gesellschaft zu hinterfragen, finden in Lessings wissbegieriger, beweglicher und unvoreingenommener Haltung ihren Widerhall. Mit ihrer journalistischen Arbeit tritt Vanessa Vu entschlossen für inklusive Erzählweisen ein, ohne die Besonnenheit kritischen Fragens aus den Augen zu verlieren.“
Die Jury 2022: Franziska Augstein (Publizistin, München), Cord-Friedrich Berghahn (Präsident der Lessing-Akademie Wolfenbüttel), Peter Burschel (Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel), Lena Gorelik (Schriftstellerin, München), Angela Ittel (Präsidentin der TU Braunschweig), Albrecht von Lucke (Publizist, Berlin).
2000: Karl Heinz Bohrer (Michael Maar)
2002: Alexander Kluge (St. Petersburger Cello-Duo)
2004: Elfriede Jelinek (Antonio Fian)
2006: Moshe Zimmermann (Sayed Kashua)
2008: Peter Sloterdijk (Dietmar Dath)
2010: Kurt Flasch (Fiorella Retucci)
2012: Claus Peymann (Nele Winkler)
2014: Hans-Ulrich Wehler (Albrecht von Lucke)
2016: Dieter Wieland (Thies Marsen)
2018: Elizabeth T. Spira (Stefanie Panzenböck)
2020: Ines Geipel (Margarita Maslyukova, Ekaterina Melnikova, Ekaterina Pavlenko)
Die Preisträgerin Vanessa Vu (Mitte) mit den Förderpreisträgern Moshtari Hilal und Sinthujan Varatharajah. Foto: DBS/Peter Sierigk
Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781), Bibliothekar der Herzog August Bibliothek, war ein bedeutender Dichter der Aufklärung. In seinen Stücken beschäftigt er sich vor allem kritisch mit Themen der Religion und der Toleranz. Seine Werke werden bis heute ununterbrochen aufgeführt. Neben Nathan der Weise gehört Emilia Galotti zu seinen bekanntesten Dramen. Es wurde am Herzoglichen Opernhaus am Hagenmarkt in Braunschweig 1772 uraufgeführt. Lessing starb in Braunschweig. Sein Grab befindet sich auf dem Magnifriedhof an der Ottmerstraße.
Verein „Kunstrauschen“ präsentiert 30 Identicons im Stadtraum, die auf historisch bedeutende Persönlichkeiten hinweisen.
Mit dem spannenden Projekt „Kulturstreifzug“ lädt der junge Verein „Kunstrauschen“ zu einem speziellen, künstlerischen Spaziergang durch die Stadt ein, der nicht nur Spaß macht, sondern gleichzeitig auch die Allgemeinbildung auffrischt. Bis zum 26. Mai werden sogenannte Identicons auf 30 historisch bedeutende Persönlichkeiten an zehn Litfaßsäulen in Braunschweig hinweisen. Zu jedem dieser im Stil der Männlich-/Weiblich-Zeichen aus der Biologie gestalteten Symbole gehört ein QR-Code. Nur, wer ihn mit seinem Smartphone scannt, wird erfahren, welche Persönlichkeit sich hinter dem jeweilgen Identicon verbirgt. Die Auflösung gibt es in etwa zwei bis vier minütigen biografischen Audios. In der Galerie Vita-Mine in der Karl-Marx-Straße 6 findet zeitgleich eine weiterführende Identicons-Kunstausstellung statt. Der „Kulturstreifzug“ ist das erste Projekt des Vereins. Weitere sollen folgen.
„Jede der dargestellten Persönlichkeit hat ein besonderes Merkmal, einen zentralen Punkt im Leben und den habe ich herausgestellt“, erklärt Grafikdesigner Timo Rödiger seine Umsetzung in abstrahierte Abbildungen, in die Identicons. Zu den so dargestellten Persönlichkeiten gehören unter anderem Mutter Theresa, Angela Merkel, Charles Darwin, Michelangelo, Käthe Kollwitz, Heinrich der Löwe, Wilhelm Conrad Röntgen oder Frida Kahlo. Wer sich auf die Spur der Berühmtheiten begibt, erlebt manche Überraschung. Die biografischen Audios hat Schauspielerin Susanne Maierhofer eingesprochen.
Mit dem „Kulturstreifzug“ ist ein niederschwelliges Kulturprogramm gelungen, das von jedermann kostenfrei nutzbar ist. Das war das Ziel des Vereins „Kunstrauschen“. Es ist nicht erforderlich den Rundgang zu wählen, um teilzuhaben. Man kann an jedem Punkt der Route einsteigen. An jeder Litfaßsäule gibt es Hinweise zur vorherigen und zur nächsten Station. Die Identicons sind farblich so auffällig und jeweils oben an der Litfaßsäule präsentiert, so dass Interessenten nicht lange suchen müssen, bis sie die nächsten drei Persönlichkeiten entdecken können.
Die zehn Stationen im Öffentlichen Raum befinden sich an den Litfaßsäulen am Ägidienmarkt, am Bohlweg/Ecke Waisenhausdamm, an der Münzstraße, an der Neuen Straße, an der Kannengießerstraße, gegenüber dem Welfenhof, am Ruhfäutchenplatz, am Hagenscharrn, am Steinweg und am Eingang Theaterpark.
Am Samstag, 7. Mai, beginnt die Vernissage mit einem gemeinsamen öffentlichen Kulturstreifzug um 16 Uhr. Starpunkt ist die Litfaßsäule am Ägidienmarkt. Der Rundgang endet in der Galerie Vita-mine in der Karl-Marx-Straße. Die Finissage startet am Mittwoch, den 25. Mai um 17.30 Uhr an gleicher Stelle.
Gefördert wird der Kulturstreifzug von der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) und der Braunschweigischen Sparkassenstiftung (BSS), der Richard Borek Stiftung und dem Kulturamt der Stadt Braunschweig. Zweck des Vereins „Kunstrauschen“ ist die Förderung von Kunst und Kultur, insbesondere der bildenden Kunst, in Braunschweig und der Region.
Kunstrauschen e. V.
Berliner Straße 52J
38104 Braunschweig
Tel.: 0531-390 705 39
E-Mail: mail@kunstrauschen.de
Internetseite: www.kunstrauschen.de
Kabinett-Ausstellung im Schlossmuseum überzeugt mit zum Teil überraschenden Exponaten und läuft bis zum 21. August.
Anlässlich des Wiederaufbaus des Residenzschlosses vor 15 Jahren hat sich das Schlossmuseum etwas Besonderes einfallen lassen: In einer kleinen, aber feinen Kabinett-Ausstellung mit dem Titel „Schlossgeschichte – in 15 Objekten“ wird die Historie des Prachtbaus übersichtlich anhand eines Zeitstahls und unterhaltsam mit zum Teil überraschenden Exponaten erzählt. Für echte Schlossfreunde ist der Besuch im Raum vor der Enfilade fast schon ein Muss. Anlässlich des Jubiläums ist der Eintritt ins Schlossmuseum bis zum 15. Mai frei.
Diese beiden 3 D-Druckfiguren zeigen die Brunonia, die Wagenlenkerin der Quadriga. Foto: Der Löwe
Im Zentrum des Ausstellungsraums steht das Schlossmodel aus dem Jahr 1960, dessen Hersteller heute leider unbekannt ist. Um dieses Modell herum sind die 15 Stationen aufgebaut. Angefangen bei der Büste des Baumeisters Carl Theodor Ottmer bis hin zu den 3D-Druck-Figuren der Brunonia von Julian Rudolph reicht die Palette. Im Rahmen seiner Masterarbeit, die die Verbindungstechniken der Quadriga und anderer Mettalfiguren wie das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald zum Thema hatte, fand Rudolph heraus, dass nur in Braunschweig die nach der Herstellerfirma benannte „Howaldtsche Technik“ zur Verbindung von Metallplatten verwendet wurde. Die 3D-Figuren der Brunonia waren quasi ein Nebenprodukt.
Mit einer Flasche Erdbeersekt wird an anderer Stelle an den Schlosspark erinnert, der 1963 nach dem Abriss des Schlosses angelegt worden war. Seit den 1980er Jahren bis 2004 läuteten Braunschweigs Schülerinnen und Schüler dort die Sommerferien mit einer School’s-out-Party ein. Nach Baubeginn der Schloss-Rekonstruktion und der Schloss-Arkaden war das nicht mehr möglich. Im Springbrunnenbecken des Schlossparks erinnerten gerade einmal vier Kapitelle des Schlossportikus an das einstige Schloss, das 1960 abgerissen worden war. Die Mehrzahl der Trümmer, etwa 90 Prozent, landeten in Kralenriede und wurden zu einem Rodelberg. Wichtige Teile des Schlosses wurden jedoch im städtischen Bauhof gelagert oder in einer Tonkuhle, über der ein Kleingartenverein entstand, vergraben. Zur Rekonstruktion wurden viele dieser Teile restauriert und wieder verbaut. Sie sind wegen ihrer dunkleren Färbung gewollt und gut zu erkennen.
Bei den legendären School’s-out-Partys wurde im Schlosspark auch mit Erdbeersekt gefeiert. Foto: Der Löwe
Touristisch war das Schloss schon seit jeher ein Anziehungspunkt. In einem in der Ausstellung gezeigten Reiseführer aus dem Jahr 1914 wird das Schloss als einer der „schönsten Fürstensitze Deutschlands“ gepriesen. Für 1 Mark pro Person konnte das Schloss besichtigt werden. Laut dem „Kleinen Führer durch Braunschweig“ mussten sich Interessenten allerdings beim Schlossverwalter am Eingang zum Nordflügel melden. Heute geht es dort zum Roten Saal.
Noch weiter zurück reicht ein anderes, vielleicht das bedeutendste Exponat: die Grundsteinplatte aus Silber, die am 26. Mai 1833 geschützt durch eine Bleikassette, in das Fundament eingemauert worden war. Bei Bauarbeiten des ehemaligen Horten-Kaufhauses stieß ein Baggerfahrer 1972 zufällig auf Kassette und Grundsteinplatte. Er behielt sie bis zu seinem Tod 2007. Die Erben schließlich übergaben beides dem Städtischen Museum.
Neben weiteren sehenswerten Objekten sind auch zwei Stationen aus dem „Historischen Menü“, das normalerweise im Weißen Saal präsentiert wird, aufgebaut. Videos zeigen einen Rundgang durch das alte Schloss und die Entstehung des rekonstruierten Schlosses.
Über drei Jahrhunderte und drei Bauwerke reicht die Geschichte des Braunschweiger Residenzschlosses: 1717 ließ Herzog August Wilhelm ein bestehendes Gebäude in ein Stadtschloss, den so genannten „Grauen Hof“, umbauen. 1830 steckten es aufgebrachte Bürger und Bürgerinnen in Brand als sie den ungeliebten Herzog Karl II. aus Braunschweig vertrieben. Herzog Wilhelm ließ sein neues Schloss in klassizistischer Form von Baumeister Carl Theodor Ottmer errichten, das nach Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg 1960 abgerissen wurde. Heute ist das wiederaufgebaute Residenzschloss der Welfen ein öffentlich zugängliches Bauwerk mit verschiedenen kulturellen Nutzungen. Das Gebäude beherbergt neben dem Schlossmuseum die Stadtbibliothek, das Stadtarchiv und den Fachbereich Kultur der Stadt Braunschweig.
In diese Bleikassette wurde die Grundsteinplatte des Schlosses 1833 gelegt. Leihgabe des Städtischen Museums. Foto: Der Löwe
Besucherinnen und Besucher sind im Rahmen der Ausstellung „Schlossgeschichte – in 15 Objekten“ eingeladen, ihre eigenen Erlebnisse zum Schloss an einer besonderen Ausstellungswand zu äußern. Weitere Informationen zu Programmpunkten, wie die Jubiläumskonzerte auf einem historischen Hammerflügel von 1796, gibt es auf der Internetseite des Schlossmuseums.
Kontakt:
Schlossmuseum Braunschweig
Schlossplatz 1
38100 Braunschweig
Telefon: 0531/470 4876
E-Mail: schlossmuseum@residenzschloss-braunschweig.de
Internetseite: www.schlossmuseum-braunschweig.de
Öffnungszeiten:
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr, Mittwoch 13 – 20 Uhr.
Eintritt: Bis zum 15. Mai frei (sonst 4 Euro, Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre frei).
Mehr unter:
www.der-loewe.info/der-lemme-fluegel-kommt-zurueck-ins-schloss
www.der-loewe.info/wie-das-residenzschloss-zurueck-in-die-mitte-der-stadt-kam
Das Festival Theaterformen zeigt vom 30. Juni bis 10. Juli 19 Stücke aus zwölf Ländern.
Nachdem das Festival Theaterformen 2020 in Braunschweig mehr oder weniger nur digital stattfinden konnten, ist die Vorfreude auf die vom 30. Juni bis 10. Juli stattfindende Neuauflage wieder mit Publikum bei allen Beteiligten riesengroß. 19 Produktionen aus zwölf Ländern werden im Großen Haus des Staatstheaters, dem Kleinen Haus und im LOT-Theater zu sehen sein. „Es sind Stücke zu spannenden politischen Themen“, sagte Dagmar Schlingmann anlässlich der Programmvorstellung im Louis-Spohr-Saal des Staatstheaters. Der Kartenvorverkauf hat begonnen.
Dagmar Schlingmann (links) und Anna Mülter. Foto: Theaterformen/Moritz Küstner
Die Stücke, so erklärte die Künstlerische Leiterin des Festivals, Anna Mülter, „werden unsere Gegenwart schonungslos in den Blick nehmen“. Viele von ihnen setzten sich mit unterschiedlichen Formen von Gewalt gegen Frauen, mit Rassismus und Inklusion auseinander. Vertreten sind zeitgenössische Produktionen, die vor allem Widerstand postulieren, aber eben auch Hoffnung auf Veränderung machen wollen. Im Rahmen des Festivals wird unter anderem eine Gesprächsreihe mit dem Titel „Perspektiven und Diskurse zu diskriminierungskritischem Theater“ angeboten. Für Anna Mülter ist es das erste Festival in Braunschweig. Sie löste 2021 Martine Dennewald ab, die seit 2014 die Theaterformen geleitet hatte, und feierte bereits eine gelungene Premiere im vergangenen Jahr in Hannover.
Die Theaterformen zählen zu den größten Festivals für internationales Theater in Deutschland. Veranstaltet wird es von den Staatstheatern Braunschweig und Hannover. Der Ursprung lag 1990 in der Löwenstadt. Seit 2007 wird es im jährlichen Wechsel in beiden Städten ausgetragen. Es wird unter anderem durch die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz gefördert. Das Gesamtbudget beträgt für das anstehende Festival rund 1,2 Millionen Euro. Das Land und die Stadt Braunschweig tragen den Löwenanteil.
Proben zu SWATIK. Foto: Theaterformen/Andreas Greiner/Napp
Auf die ganz große Kontroverse im Stadtraum verzichtet das Festival diesmal. Im vergangenen Jahr war noch die Raschplatz-Hochbrücke gesperrt und eine Bühne für das „Stadtlabor“ unter dem Motto Klimagerechtigkeit aufgebaut worden. Bezugnehmend auf den ehemaligen Schlosspark wird das Festivalzentrum auf dem Herzogin-Anna-Amalia-Platz zwischen Schloss-Arkaden und Kleinem Haus angesiedelt. Dort wird während des Festivalzeitraums unter anderem das Projekt „I am a tree“ der indigenen Künstlerin Naine Terena zu sehen sein. Jeweils nach Sonnenuntergang wird eine Projektion von Baniwa Botany, ebenfalls indigener Herkunft, zu sehen sein, die die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit ins Bewusstsein der Betrachter rücken soll.
Eröffnet wird das Festival am 30. Juni im Großen Haus mit dem Theaterstück „Is this a room“ von Tina Satter und ihrem Theaterkollektiv Half Straddle aus New York. Die Inszenierung, die ihre Uraufführung am Broadway feierte, zeigt den Fall der Whistleblowerin Reality Winner. Sie wurde vom FBI beschuldigt, Beweise für eine russische Einflussnahme auf den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 2016 veröffentlicht zu haben. Das Stück inszeniert das offizielle FBI-Protokoll Wort für Wort als hochaktuellen Polit-Thriller.
Im Rahmen des Festivals wird es zwei Uraufführungen geben. Eine davon ist die erste gemeinsame Produktion zwischen dem Festival Theaterformen und dem JUNGEN! Staatstheater Braunschweig. Dabei handelt es sich um ein Tanzstück des marokkanischen Choreografen Taoufiq lzeddiou mit dem Titel „SAWTIK. Deine Stimme – Your silence will not protect you“. lzeddiou verarbeitet darin die Erfahrungen junger Menschen aus zwei Jahren Pandemie. Die zweite Uraufführung ist das Projekt „Radio Ghost“ des Theater- und Digitalkunstkollektivs ZU-UK aus London. Darin werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Anweisungen durch die „Schloss-Arkaden“ geführt. Der Fokus liegt auf dem Aspekt des nachhaltigen Konsums.
Einen besonderen Raum nimmt das Projekt „Gathering in a better world“ während der Theaterformen ein. Am zweiten Festivalwochenende vom 7.bis 10. Juli werden im Rahmen eines internationalen Projektes des Goethe-Instituts drei behinderte Künstlerinnen und Künstler ihre Perspektiven aufzeigen. Edu O. (Brasilien), Jess Thom vom Projekt Touretteshero (Großbritannien) und Alexandrina Hemsley aka Yewandel03 (Großbritannien) werden die Räume im Großen Haus des Staatstheaters besetzen und ein vielgestaltiges Workshop- und Performance-Programm anbieten, das sich an Erwachsene, Familien und Kinder richtet. Der Eintritt zu dem viertätigen Programm ist frei. Das Programm wird in Johannesburg, Montevideo, Shanghai und Kyoto fortgesetzt.
Szene aus Carte Noir Nommée Désir. Foto: Theaterformen/Vincent Zobler
Den Abschluss des Festivals gestaltet die in Frankreich arbeitende Regisseurin und Autorin Rébecca Chaillon am 9. und 10. Juli im Großen Haus. Carte Noire nommée Désir ist ein bittersüßer Kommentar auf die Vergleiche Schwarzer Körper mit süßen Lebensmitteln und heißen Getränken. Acht schwarze Performerinnen hinterfragen die Hypersexualisierung und Exotisierung Schwarzer Körper und die fortlaufenden rassistischen Stereotypisierungen und Zuschreibungen in unserer Gesellschaft.
Das Festival Theaterformen findet im nächsten Jahr vom 22. Juni bis zum 2. Juli turnusgemäß wieder in Hannover statt.
Mehr zum Programm 2022 unter: www.theaterformen.de
Im DenkRaum Braunschweig können Menschen kreativ werden – der Gemeinwohl- und Nachhaltigkeitsgedanke steht dabei stets im Vordergrund.
Im Herzen der Stadt, halb versteckt in einem unscheinbaren Innenhof nahe des Hagenmarkts, liegt der Braunschweiger DenkRaum. Die Räumlichkeiten, die als Workshop- und Veranstaltungsort dienen, verströmen einen urbanen Loft-Charakter. Retro-Samtsofas, Grünpflanzen und selbstgebaute Palettenmöbel bilden einen spannenden Kontrast zum industriellen Betonboden. Als wir an diesem Morgen zu einem Gespräch mit Geschäftsführer Pascal Abel und Kommunikationsmanagerin Ina van Beesel verabredet sind, ist durch das gläserne Dach der blaue Himmel zu sehen.
Die unterschiedlichen Raumelemente sind Teil einer Infrastruktur, die kreatives Arbeiten fördert, erklärt Abel. „Wir nutzen sie gezielt als kreative Trigger. Denn wenn eine Firma zu uns kommt, muss sie erstmal aus ihrer gewohnten Perspektive herausgeholt werden.“ Es sei wichtig, die vielbefahrenen Autobahnen im Kopf zu verlassen und stattdessen die Landstraßen zu nutzen, beschreibt es der Gründer. „Das schafft man, indem man Dinge in ihrem ursprünglichen gedanklichen Kontext bricht“, ergänzt van Beesel. Ein Basketballkorb und eine Sofaecke, in der Mario Kart auf dem Nintendo gespielt werden kann, sollen dabei unterstützen.
Der Blick in die Halle des DenkRaums. Foto: DenkRaum
Der DenkRaum ist wandelbar: Auf einer Fläche von gut 500 Quadratmetern können sowohl Yoga- und Meditationskurse als auch Business-Meetings stattfinden – der Platz reicht für bis zu 100 Personen aus. Ein reiner Co-Working-Space sei es jedoch nicht, betont Abel. Vielmehr verstehe sich der DenkRaum als gemeinwohlorientierter Workshop- und Veranstaltungsort, in dem sich jeder eingeladen fühlen soll, aktiv mitzuarbeiten. „Mein Herz schlägt höher, wenn Menschen hier kreativ werden und den Mut finden, ihre Ideen umzusetzen.“
Dabei seien klassische frontale Formate wie Vorträge oder Projektvorstellungen auf einer Bühne ebenso möglich wie Workshop-Formate mit Gruppenarbeitsplätzen, portablen Stehtischen und Whiteboards. Ina van Beesel bevorzugt das Arbeiten in Kleingruppen: „Dabei hat jeder gleichermaßen die Möglichkeit sich einzubringen und seine Meinung zu äußern.“
Um die Kreativität zu fördern, steht eine Spielecke mit Nintendo bereit. Foto: Der Löwe
Die Idee zu einem solchen Ort kam dem 36-Jährigen während seines Masterstudiums an der Technischen Universität Braunschweig. Dort gab es eine Partizipationsplattform, über die Studierende den Campus und die Uni mitgestalten konnten, erzählt Pascal Abel. Gemeinsam mit dem Gründungsteam legte er Ende 2017 das Konzept zum Kreativraum vor. Kurz darauf entdeckten sie die leerstehenden Räumlichkeiten des Studentenwohnheims im Wilhelmsgarten – und schnell kam das Projekt ins Rollen.
„Es war sofort klar, dass wir den Raum in einer Kooperation betreiben, dabei aber selbstständig bleiben wollen“, erklärt der Wahlbraunschweiger. „Deshalb haben wir den DenkRaum ausgegründet.“ Ohne die Unterstützung von Frauke Oerding-Blumenberg, der geschäftsführenden Gesellschafterin der Oeding Unternehmensgruppe, zu der auch die nachhaltige Oeding Print-Druckerei aus Braunschweig gehört, wäre all das jedoch nicht möglich gewesen, räumt er ein. „Sie und das Studentenwerk stellen uns den Raum kostenlos zur Verfügung.“
Zunächst als Lernort für Studierende gedacht, haben Abel und sein Team das Konzept mittlerweile überarbeitet. Mit dem Programm „Raum geben“ wird der DenkRaum gemeinwohlorientierten Organisationen in Zusammenarbeit mit der Braunschweigischen Stiftung seit 2021 kostenfrei zur Verfügung gestellt. Insbesondere Projekte mit Bezug zu Diversität, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl werden auf diese Weise unterstützt. Das ist für Abel ein wichtiger Gedanke, denn Nachhaltigkeit spielt auch bei dem Start-up eine entscheidende Rolle: „Wir achten auf ein regionales Catering und bauen alte Möbel um, anstatt neue zu kaufen.“
Gemeinsam mit regionalen Yoga- und Meditations-Gruppen hat der DenkRaum das Programm Body & Mind initiiert. Die Teilnehmer sollen dort neue Energie tanken können. Foto: DenkRaum
Abel selbst treibt der Wunsch um, Braunschweig nachhaltig zu verändern und aktiv zu gestalten. Seine Vorstellung einer Zukunftsstadt beinhaltet vor allem ein Ziel: die sogenannten Partnerschaften auf dem Weg. „Meine Vision für Braunschweig ist eine sehr partizipative – was schaffen wir, wenn wir den 250.000 Menschen die Möglichkeit geben, sich am Wandel zu beteiligen?“ Die Technik und das Werkzeug seien bereits vorhanden, doch für einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft müsse eine Atmosphäre des Miteinanders herrschen. „Wir müssen uns auf das besinnen, was wir im Kollektiv erreichen können.“
Vereine, Gruppen und Organisationen, die sich mit ihren Ideen an den DenkRaum wenden, erhalten nicht nur einen Ort zum Arbeiten, sondern auch wertvolle Impulse. Denn damit ein Projekt nach der Ideenfindung und Konzipierung realisiert werden kann, muss es gefördert werden. Welche Möglichkeiten der Förderung gibt es? Wie stellt man die notwendigen Anträge? Und wie funktioniert effektive Vernetzung? Bei all diesen Fragen hilft das DenkRaum-Programm „Projektstart“. „Wir fragen, wie wir unterstützen können und ob sich Partner finden lassen, die das Programm mitfinanzieren“, erläutert van Beesel.
Der gemeinsame Ansatz ist Abel wichtig: „Ich wünsche mir einen Wandel, aber gestalten kann ich ihn nicht allein.“ Sein Konzept geht auf. Unter den Ideen, die mit „Raum geben“ bereits verwirklicht wurden, findet sich etwa die Braunschweiger Initiative „Hey, Alter“, die Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien mit der Bereitstellung von gespendeten Laptops zu mehr Chancengleichheit beim Homeschooling verhilft.
Keine Grenzen: Auch Livestreams sind im DenkRaum möglich. Foto: DenkRaum
Der DenkRaum begreift sich als gemeinwohlorientiert. Um Modernisierungen und die Ausstattung finanzieren zu können, werden die Räumlichkeiten regelmäßig an Unternehmen vermietet – ähnlich einem Tagungsraum. In der Tagesmiete sind außerdem Getränke und Snacks sowie ein Mittagscatering im Bistro „Erna & Käthe“ inbegriffen. Rund 150.000 Euro hat das DenkRaum-Team so bereits in den Raum investieren können. „Wenn wir Wandel gestalten wollen, sind wir alle Handwerker“, ist Pascal Abel überzeugt. Den Ausbau leisten die Geschäftsführer, vier Angestellten und die Ehrenamtlichen in Eigenregie – auch Familie und Freunde helfen stets dabei mit. Am nächsten Wochenende beispielsweise soll die gesamte Beleuchtung erneuert und der Aufbau einer Photovoltaikanlage vorbereitet werden, erzählt er. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit – für den DenkRaum und schlussendlich auch für die Stadt Braunschweig.
DenkRaum Braunschweig
Wilhelmsgarten 1
38100 Braunschweig
Ansprechpartnerin: Ina van Beesel
Mail: Ina.vanbeesel@denkraum-braunschweig.de
Telefon: 0531 18059705
Internetseite: https://denkraum-braunschweig.de/
Neue Broschüre zum 15-jährigen Jubiläum des Wiederaufbaus mit Erinnerungen des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Gert Hoffmann an die kontroversen Debatten erschienen.
Der einstige Abriss des kriegsbeschädigten Residenzschlosses am Bohlweg 1960 und der Wiederaufbau 2007 hat die Gemüter der Braunschweigerinnen und Braunschweiger erhitzt wie kein zweites Thema in der Nachkriegsgeschichte. Es wurde stets sehr kontrovers diskutiert. An die jeweiligen Umstände und die Argumente erinnert die neue, von der Richard Borek Stiftung herausgegebene 32-seitige Broschüre „15 Jahre Wiederaufbau Residenzschloss Braunschweig“. Sie ist für die Schutzgebühr von einem Euro im Ladengeschäft „Borek am Dom“ sowie im Schlossmuseum vom 6. Mai an erhältlich.
Cover „15 Jahre Wiederaufbau Residenzschloss Braunschweig“. Foto: RBS/LIO Design GmbH
Das Magazin zeichnet die Ereignisse des Abrisses in den schwierigen Nachkriegsjahren ebenso nach wie das spannende Ringen um den Wiederaufbau von 2002 an. Und es schildert die positive Wirkung, die die Rekonstruktion des Residenzschlosses nun schon seit anderthalb Jahrzehnte auf das Stadtbild Braunschweigs und sicher noch viele Jahrzehnte haben wird. Die Beiträge dieser Broschüre haben mit dem Kunsthistoriker Dr. Bernd Wedemeyer, dem früheren Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann und dem langjährigen Geschäftsführer der Braunschweig Stadtmarketing GmbH, Gerold Leppa, sehr kompetente Autoren verfasst.
„Es ist gelungen, die Kubatur des Residenzschlosses mit fünf Fassaden wieder herzustellen und mit den Kultureinrichtungen der Stadt darin eine höchst demokratische Nutzung unterzubringen. Der Wiederaufbau des Residenzschlosses ist eine Erfolgsgeschichte, aber es sollte nicht in Vergessenheit geraten, wie schwierig das war und wie unnötig einst auch der Abriss war. Wir wollen an die historischen Dimensionen dieser beiden für Braunschweig so prägenden Ereignisse in populärer Art und Weise erinnern“, nennt Richard Borek sen. die Beweggründe für die Herausgabe der Broschüre. Es ist bereits die fünfte dieser Art nach „Kulturschloss Braunschweig“, „10 Jahre Wiederaufbau Residenzschloss Braunschweig“, „Interviews zum Residenzschloss Braunschweig“ und „Stiftung Residenzschloss Braunschweig“.
Im Zentrum dieser neuen Veröffentlichung stehen die persönlichen Erinnerungen des ehemaligen Oberbürgermeisters Dr. Gert Hoffmann (2001 bis 2014), in dessen Amtszeit der Wiederaufbau des Residenzschlosses fiel. Sein Beitrag fußt auf dem betreffenden Kapitel seiner Memoiren „Von Irrwegen in die Verantwortung“ (Klartext, Essen 2018). Dr. Hoffmann berichtet von den Versuchen der Kritiker, das Projekt zu Fall zu bringen, von schwierigen Verhandlungen mit ECE, von politischen Kontroversen, von seinen taktischen Schachzügen und nicht zuletzt über heftige persönliche Anfeindungen gegen ihn.
In dem Kapitel heißt es: „Ich stellte mich allmählich darauf ein, die Sache mit meiner knappen Einstimmenmehrheit durchziehen zu müssen. Ich wusste aber, dass es in CDU und FDP ebenfalls noch einige Bedenkenträger gab. Angesichts dieses starken Gegenwinds drückte ich ECE in weiteren Verhandlungen auf 25.000 Quadratmeter Verkaufsfläche herunter und die im Gegenzug für die Grundstücksübertragung zu erbringenden Gegenleistungen auf 20 Millionen Euro hoch. Auf dieser Basis erhielt ich eine entsprechende Absichtserklärung. Das wurde auch dadurch möglich, weil sich inzwischen auch der noch relativ junge Unternehmenschef Alexander Otto der Sache energisch angenommen hatte und sie mit mir ins Ziel bringen wollte.“ Das Kapitel liest sich so spannend wie ein Roman.
Unter dem Strich bleibt für ihn aber vor allem, dass sich das erbitterte Ringen, die vielen Anstrengungen und der bedeutende politische Aufwand für Braunschweig gelohnt haben. „Die Schlossfassade selbst zeigt allen Besuchern eindrucksvoll, dass Braunschweig einmal Landeshauptstadt war, was für das Selbstbewusstsein dieser nach dem Zweiten Weltkrieg und durch die deutsche Teilung so gebeutelten Stadt sehr förderlich ist“, schließt Dr. Hoffmann sein Kapitel.
Schlossruine 1960. Foto: Stadtarchiv Braunschweig
Bestätigt wird er von Gerold Leppa, dem langjährigen Geschäftsführer der Braunschweig Stadtmarketing GmbH, im Schlusskapitel der neuen Broschüre. „Ein so prägnanter Ort wie das Schloss ist daher ein wichtiger Baustein, wenn es darum geht, durch die sinnvolle Verzahnung verschiedenster Angebote Besuchsanreize und -anlässe zu schaffen, die die Innenstadt weiterhin zum zentralen Anziehungspunkt unseres Stadtlebens machen. Wenn wir davon sprechen, dass in vielen Städten einzelne Innenstadtlagen an Attraktivität und Anziehungskraft verlieren, bin ich froh, dass wir mit dem rekonstruierten Residenzschloss einen Ort haben, der durch seine Präsenz und Identifikationskraft auch in 15 Jahren und darüber hinaus noch das Zeug zum Anziehungspunkt für die Braunschweigerinnen und Braunschweiger ebenso wie für Gäste aus Nah und Fern haben wird“, meint er.
Vorausgestellt ist den Erinnerungen und Bewertungen des Wiederaufbaus des Residenzschlosses Braunschweig vor 15 Jahren ein Kapitel über den Schlossabriss 1960. Kunsthistoriker Dr. Bernd Wedemeyer erinnert daran, dass das Schloss zum Zeitpunkt des Abrisses noch zu retten gewesen wäre: „Die fatale Abbruchentscheidung stand am Ende einer von Niederlagen gekennzeichneten Suche nach Nutzungskonzepten, die sich über 14 Jahre hinzog … Im Gegensatz zu süddeutschen Schlössern, die zum Teil (wie die Schlösser in Mannheim, Karlsruhe und München) nicht weniger, teilweise noch stärker zerstört waren, die aber wegen ihres unbestrittenen Kunstwertes wiederaufgebaut wurden, musste das Braunschweiger Schloss stets eine Nutzung vorweisen, um erhalten werden zu können“, erklärt er die Entscheidung des Stadtrats gegen den bürgerlichen Block zugunsten einer großzügigen, autogerechten Innenstadtplanung ohne Schloss durch.“
Die mit der Anlage des „Schlossparks“ einhergehende Entkernung der Innenstadt, die Abbruchsszenarien, die sich vor allem im Bereich der heutigen Kurt-Schumacher-Straße und am Kennedyplatz zugunsten der damals modernen, autogerechten Stadt wiederholten, waren die örtlichen Folgen des Schlossabbruches. „Erst der Neubau von Schloss und Schlossplatz – die Wiederherstellung von Urbanität im Stadtkern – hat Braunschweig die zentrale Traditionsinsel der stadt- und landesgeschichtlichen Identität zurückgegeben“, erläutert Kunsthistoriker Dr. Wedemeyer die gelungene Korrektur vor 15 Jahren.
Die Abcalis GmbH, eine Ausgründung der TU Braunschweig, gewinnt einen internationalen Preis. Biotechnologen entwickeln tierversuchsfreie Antikörper.
Verschwundene Kostbarkeiten, Teil 5: Das Mummehaus „Zur Eule“ Hintern Brüdern
Als Herz der einstigen Residenzstadt im ehemaligen Braunschweiger Land zählt das Große Schloss Blankenburg zu den zeitORTEn der Region Braunschweig-Wolfsburg.
Aus dem provisorischen Ausschank im Klostergarten der Brüdernkirche ist eine feste Institution geworden. Auch Konzerte finden wieder statt.
Die Braunschweigische Landschaft lädt am Sonntag, 22. Mai, unter dem Motto „Natur zum Anfassen“ in den Schul- und Bürgergarten Dowesee ein. Der Aktionstag findet von 11 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt statt. Mehr als 30 V...
Der renommierte Bauhistoriker und Stadtteilheimatpfleger Innenstadt Elmar Arnhold berichtet am 15. Mai um 15 Uhr im „Reallabor Hagenmarkt“ über die Geschichte des Platzes und dessen Bedeutung aus bauhistorischer Sicht. E...
Zweite große Sanierung für die „Victoria Luise“ seit ihrem Aufbau 1979 auf der Lünischhöhe nahe dem Klostergut.
Das Warten hat ein Ende. Wegen der Corona-Pandemie musste die Hausbesetzung von Sara Zorlu, die Gewinnerin der letztjährigen Ausschreibung, mehrfach verschoben werden. Jetzt ist es jedoch vom 20 bis 22. Mai soweit. Das d...
Herzog Anton Ulrich-Museum zeigt mit den Silbermöbeln und den Silbermedaillen der Welfen zwei außergewöhnliche Sammlungen.
Lessing-Preis wurde an die Zeit-Online-Journalistin Vanessa Vu für ihre Haltung in Podcasts und Instagram-Talks verliehen.