Die Taufe des Erbprinzen 1914

Ernst August Erbprinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg kam zur Ausstellungseröffnung ins Schlossmuseum. Foto: Schlossmuseum/Marek Kruszewski
Ernst August Erbprinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg kam zur Ausstellungseröffnung ins Schlossmuseum. Foto: Schlossmuseum/Marek Kruszewski

Sonder­aus­stel­lung im Schloss­mu­seum erinnert an das letzte große Fürsten­fest vor dem Ersten Weltkrieg.

Im Mai 1914 herrschte im Braun­schweiger Land Feier­stim­mung. Am Vorabend des 1. Weltkrieges feierte der Braun­schweiger Hof die Taufe des Erbprinzen Ernst August zu Braun­schweig und Lüneburg. Eine Sonder­aus­stel­lung im Schloss­mu­seum stellt dieses Ereignis in Kontext zu den Bräuchen, Famili­en­tra­di­tionen sowie kirch­li­chen und landes­herr­li­chen Regelungen zur Taufe. Darüber hinaus werden rund 40 Taufkleider, Ausstat­tungs­stücke und Taufge­schenke von privaten Leihge­bern gezeigt. Konzi­piert wurde die Ausstel­lung von der Leiterin des Schloss­mu­seums und Geschäfts­füh­rerin der “Stiftung Residenz­schloss Braun­schweig”, Anne-Christin Rullmann, in Zusam­men­ar­beit mit Dr. Bernd Wedemeyer (Richard Borek Stiftung).

Im Braun­schweiger Schloss hatte sich zur Taufe am 9. Mai 1914 die adlige Verwandt­schaft des Erbprinzen versam­melt. Für Oberbür­ger­meister Dr. Gert Hoffmann ist das Schloss­mu­seum auch deshalb der richtige Ort für diese Sonder­schau. Er sagt: „Ich freue mich, dass mit der Ausstel­lung an das erfolg­reiche Themen­jahr 1913 angeknüpft wird. Zwölf Monate nach ihrer glanz­vollen Hochzeit in Berlin hatte das Herzogs­paar zur Taufe des Thron­fol­gers und damit zum letzten großen Fürsten­fest vor dem Ersten Weltkrieg geladen. Als der zwei Monate später ausbrach standen sich die Paten des Täuflings als Gegner gegenüber. Sein Ende bedeutete auch das Ende der Monarchie in Deutsch­land.”

Doch an den Krieg dachten die Braun­schweiger damals noch nicht, die jubelnd die Straßen­ränder säumten, um die Gäste zu begrüßen. Selbst auf den Dächern saßen die Menschen, um die Vorfahrten, Paraden und das Festpro­gramm nicht zu verpassen. Ein histo­ri­scher Wochen­schau-Film (Link siehe unten) zeigt die Begrü­ßungs­ze­re­mo­nien unter anderem von Kaiser Wilhelm II und seiner Frau. Die Filme wurden damals unter anderem in zwei Braun­schweiger Kinos gezeigt.

Von den fünf Namens­paten, die Erbprinz Ernst August Georg Wilhelm Christian Ludwig Franz Josef Nikolaus hatte, war nur Kaiser Wilhelm II. anwesend, König Georg V von Großbri­tan­nien und Irland, der Dänen­könig Christian X., König Ludwig III. von Bayern, Kaiser Franz Josef von Öster­reich und Zar Nikolaus II. von Russland ließen sich durch Gesandte vertreten. 11 weitere Paten reisten zur Taufe nach Brauschweig an, darunter die Kaiserin, die ihren laut schrei­enden Enkel im Dom über das Taufbe­cken hielt. Den herzog­li­chen Hof stellte das vor große organi­sa­to­ri­sche und logis­ti­sche Heraus­for­de­rungen. Denn die hohen Gäste mussten standes­gemäß empfangen werden, wie ein zeitge­nös­si­sches Schreiben zeigt.

So teilte das herzog­liche Hofmar­schallamt dem Staat­mi­nis­te­rium mit, dass

„1. Seine könig­liche Hoheit der Großherzog von Mecklen­burg-Schwerin am Freitag, d.8.d.Mts, vormit­tags 10,27 Uhr,

2. Seine könig­liche Hoheit der Prinz von Bayern als Vertreter des Königs von Bayern am gleichen Tage 7,40 Uhr hier eintreffen werde.

Höchstem Befehle zufolge findet bei beiden Ankünften großer Empfang statt.

Anzug Gala bzw. Parade­anzug.

Die Herren des herzog­li­chen Staats­mi­nis­te­riums werden ganz ergebenst gebeten, zu beiden Empfängen auf dem Bahnhofe sich sehr gefäl­ligst einfinden zu wollen.”

Die Ausstel­lung zeigt einige dieser Schrift­wechsel, die geführt wurden, um den reibungs­losen Ablauf des Festes zu gewähr­leisten.

Ein Bild der Taufe im Braun­schweiger Dom bildet den Hinter­grund der Vitrine, in der Taufkleid mit meter­langer Schleppe und Steck­kissen des Täuflings gezeigt werden. Die Leihgaben des Welfen­hauses werden heute noch bei Taufen genutzt. Die Taufschale, ein Geschenk zur Geburt Ernst Augusts von den adligen Damen der Braun­schweiger Gesell­schaft, konnte 2005 bei einer Verstei­ge­rung auf der Marien­burg erworben und zurück nach Braun­schweig gebracht werden. Auch der Taufbe­cher seiner Mutter, Herzogin Viktoria Luise, ist zu sehen.

Zahlreiche Fotos, Dokumente, zeitge­nös­si­schen Presse­be­richten etc. zeichnen ein Bild des festli­chen Ereig­nisses, das im gesamten Braun­schweiger Land über Tage gefeiert wurde, nach. In Dörfern und Städten des Landes waren die Straßen mit Fahnen geschmückt und Ämter und Schulen hatten am Tauftag geschlossen. Im Schloss wurde im Anschluss an die Taufe ein Bankett für 250 geladene Gäste gegeben. Tisch­ord­nung und Menükarte können in der Ausstel­lung nachge­lesen werden.

Auch die Rechnung für die Wiege des Erbprinzen wird gezeigt, und eine Rechnung, die die Herzog­liche Polizei-Direktion Braun­schweig an das Staats­mi­nis­te­rium schickte. Es berech­nete die „Kosten, welche aus Anlass der Tauffei­er­lich­keiten entstanden sind, und Gewährung einer Belohnung für die Beamten der Schutz­mann­schaft.” 2478,30 musste das Staats­mi­nis­te­rium der Polizei­di­rek­tion für den Einsatz überweisen.

Dass die Taufen auf dem Land in früheren Zeiten auch von Bauern recht ausge­lassen über Tage und begleitet von großem Alkohol­ge­nuss gefeiert wurden, zeigen Verord­nungen von Kirchen­oberen und Fürsten: „Die Gelage bei Kinds­taufen sollen ganz und gar abgeschafft sein”, bestimmte Herzog August der Jüngere 1637. Die Leute hielten sich aber nicht daran.

Öffnungs­zeiten: dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr

Termine: An jedem dritten Donnerstag im Monat findet ab 15:30 Uhr eine öffent­liche Kombi-Führung in der Ausstel­lung und im Braun­schweiger Dom statt. Zu den Referenten zählen Dompre­diger Joachim Hempel, Stiftungs­di­rektor Tobias Henkel und Museums­lei­terin Anne-Kristin Rullmann. Donnerstag, 15. Mai/ 19. Juni/ 17. Juli/ 21. August/ 18. September/ 23. Oktober
Beginn: 15:30 Uhr im Schloss­mu­seum Braun­schweig, Schloss­platz 1
Dauer: ca. 75 Minuten
Kosten: 3 Euro Museums­ein­tritt

Link zum Video:
http://www.filmportal.de/video/fuerstliches-familienglueck

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