Verschwundene Kostbarkeiten, Teil 26: Nach dem Krieg entstanden am Bohlweg Baulichkeiten von einer erlesenen Einfallslosigkeit.
Der Bohlweg ist einer der prägenden Straßenzüge in der Innenstadt Braunschweigs. Als vielfrequentierte Verkehrsachse führt er die Bundesstraße 4 durch das Stadtzentrum. Hinzu kommt eine wichtige Straßenbahnlinie, die die südlichen mit den nördlichen Stadtteilen verbindet. Sie wurde 1893 als Pferdebahnstrecke eingeweiht und schon 1897 elektrifiziert. Die Geschichte dieser Straße und ihrer Bauten ist so vielfältig, so dass in diesem Beitrag lediglich ein geraffter Überblick gegeben werden kann.
Schon im Rahmen der Gründung des Weichbildes Hagen durch Heinrich den Löwen in den Jahren um 1160 gehörte der Bohlweg zur prägenden Nord-Süd-Achse dieser Teilstadt. Er verband das Weichbild Altewiek über das einstige Redingertor (südlich des späteren Schlosses) mit dem Hagenmarkt und war damit Teil des alten Fernverkehrsweges vom Harz über Braunschweig und Lüneburg nach Hamburg. Der Name des bereits 1239 als „bollewech“ erstmals erwähnten Straßenzuges ist leicht erklärt: Der Fahrdamm war anfangs über einer Gründung aus Holzpfählen mit Bohlen belegt. Der Bohlweg verläuft in einem tiefliegenden Bereich der einstigen Okerniederung – der innerstädtische Flusslauf lag gleich hinter den westlichen Grundstücken dieser Straße. Überschwemmungen waren keine Seltenheit.
Im nördlichen Blickpunkt des Bohlweges steht bis heute die Katharinenkirche. In früheren Jahrhunderten konnte man anhand der Bebauung deutlich die soziale Struktur der Bewohner erkennen. Im Norden standen in der Nähe des Hagenmarktes – dem wirtschaftlichen Zentrum des Weichbildes – die Häuser der vermögenden und einflussreichen Familien dieser Teilstadt. Sie hatten es nicht weit zum Hagenrathaus, das sich vor der Katharinenkirche erhob und mit seinem Südgiebel in der Blickachse des Bohlweges stand. Der mittlere und südöstliche Teil des Bohlweges zeigte eine Besonderheit: Es existierten große Hofstellen, so der Drostenhof, Steinhof, Langer Hof und schließlich der ehemalige Templerhof sowie der Graue Hof. Letzterer war Stadthof des Zisterzienserklosters Riddagshausen und schließlich Standort des Residenzschlosses.
Auf dem Drostenhof entstand seit 1307 ein Dominikanerkloster. Die faszinierende Geschichte des einstigen Paulinerklosters endete in den Jahren um 1900 mit dem Abbruch für ein noch heute bestehendes großes Verwaltungsgebäude im Stil der Neugotik. Die südwestliche Häuserzeile gegenüber der Residenz war eher kleinteilig parzelliert und von Fachwerk-Bürgerhäusern gekennzeichnet.
Zu den Patrizierhäusern aus dem 16. Jahrhundert gehörten der Steinbau Bohlweg 48 mit seinen noch spätgotisch anmutenden Vorhangbogenfenstern und das stattliche Haus Nr. 54 mit massivem Erd- und Obergeschoss sowie Fachwerkstock und steilem Satteldach. Beide Häuser wurden in der Barockzeit umgebaut, so erhielt Bohlweg 54 sein mächtiges Zwerchhaus mit geschweiftem Giebel.
In der Epoche des Barocks erfuhr der Bohlweg einen tiefgreifenden Wandel. Nach der Eroberung Braunschweigs durch herzogliche Truppen im Jahr 1671 gingen die großen Hofgrundstücke teilweise in landesherrlichen Besitz über. Der einstige Graue Hof erfuhr anfangs eine Umnutzung als Nebenresidenz, bis dort 1717 mit dem Bau eines großen Residenzschlosses begonnen wurde. Bereits 1690 war am Hagenmarkt das Opernhaus eröffnet worden. Nun etablierte sich der Bohlweg als „Achse des Hofes“. Im ehemaligen Paulinerkloster entstand das herzogliche Zeughaus, wozu der gotische Chor der ehemaligen Klosterkirche mit einer barocken Giebelfront umkleidet wurde.
Ab 1763 wurden dort unter Herzog Karl I. Räume für die fürstlichen Kunstsammlungen eingerichtet, woraus das Herzogliche Museum hervorging – Vorläufer des heutigen Herzog Anton Ulrich-Museums. Karl I. gründete 1745 auch das Collegium Carolinum, aus dem sich die heutige Technische Universität entwickelte. Erste Heimstatt dieser Bildungseinrichtung war eines der großen Bürgerhäuser im Nordteil des Bohlweges (Nr. 40), das für seine neue Nutzung umgebaut wurde und ein wundervolles Rokoko-Treppenhaus erhielt. Es beherbergte das Collegium (von 1862 an: Polytechnische Schule) bis zu seinem Umzug in den Neubau an der Pockelsstraße im Jahr 1877. Übrigens diente das bereits erwähnte Bürgerhaus Bohlweg 48 vorübergehend als „Speisehaus des Collegiums Carolinum“ – es war somit die Mensa der Hochschule. Zu den genannten landesherrlichen Bauten gehörte auch das barocke Kavalierhaus Bohlweg 38/Ecke Hagenscharrn, welches als Wohnbau für Hofstaat und Gäste diente.
Neben den landesherrlichen Bauten entfaltete sich im 18. Jahrhundert am Bohlweg auch eine rege private Bautätigkeit. Der Nordabschnitt der Straße gerierte zum beliebten Wohnort für höher gestellte Persönlichkeiten und Hofbeamte. Die Entwürfe der beiden bedeutendsten und unmittelbar benachbarten Barockhäuser schufen 1720 Landbaumeister Hermann Korb (Bohlweg 52, 1720, Bauherr: Küchenmeister Schrader) und Hofbaumeister Georg Christoph Sturm (Bohlweg 51, 1757, Bauherr: Kammerfourier Wittmann). Die barocken Fachwerkhäuser Bohlweg 26 bis 29 aus der Zeit um 1760 zeigten mit ihren Putzfassaden die Absicht des damaligen Städtebaus zur Schaffung einheitlicher Straßenbilder (heute Standort des modernen Rathauses).
Mit dem Palais Bohlweg 37 barg der Bohlweg auch ein hochrangiges Zeugnis für den Frühklassizismus. Das 1797/98 für den Kaufmann Graff errichtete Haus ging 1805 zu der Familie von Veltheim über und wurde 1888 für den Durchbruch Dankwardstraße abgebrochen. Als Baumeister gilt Christian Gottlob Langwagen. Ein Hauptwerk des Spätklassizismus war schließlich der Neubau des Residenzschlosses nach Plänen Carl Theodor Ottmers. Vorausgegangen war der durch den Aufstand gegen den unbeliebten Herzog Karl II. entfachte Brand des Grauen Hofes im September 1830. Das Schicksal dieser Residenz ist ein eigenes Kapitel …
Dem Bauboom der Gründerjahre fiel im späten 19. Jahrhundert ein großer Teil der älteren Bausubstanz zum Opfer. Gerade in der Umgebung des herzoglichen Regierungssitzes wollten die zu Geld gekommenen Geschäftsleute mit aufwendigen Fassaden imponieren. Trotzdem hatten sich auch gegenüber dem Schloss bis in den Zweiten Weltkrieg einige bescheidene Fachwerkhäuser erhalten.
Nach Bombenangriffen und Wiederaufbau hat sich das Erscheinungsbild des Bohlwegs vollständig verändert. Überwiegend entstanden Baulichkeiten von einer erlesenen Einfallslosigkeit. Ein großes Politikum war der Umgang mit der Schlossruine: Ihr Abbruch im Jahr 1960 und der teilweise Wiederaufbau im Rahmen eines großen Einkaufszentrums (2005-2007) erhitzten die Gemüter.
Elmar Arnhold ist Bauhistoriker (Gebautes Erbe) und Stadtteilheimatpfleger. Auf Instagram @elmararnhold veröffentlicht er regemäßig Beiträge zu historischen Bauten in Braunschweig.
Die herausragenden Kirchen im Braunschweiger Land, Teil 6: Die Klosteranlage Walkenried und ihre berühmte Ruine.
Die ehemalige Klosterkirche in Walkenried ist fraglos die berühmteste Ruine im Braunschweigischen Land. Das gesamte Klosterensemble hat sich dank erheblicher Anstrengungen in den jüngsten Jahrzehnten zu einem frequentierten Anziehungspunkt für Touristen entwickelt und findet nun die Beachtung, die ihm historisch gebührt.
Das Angebot ist groß: Die Klostermauern beherbergen das Zisterzienser-Museum, das zu den schönsten und innovativsten Klostermuseen Europas zählt. In unmittelbarer Nähe befindet sich das erste von drei Infozentren zum UNESCO-Welterbe „Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft“. Im wunderschönen, doppelschiffigen Kreuzgang des Klosters finden die Walkenrieder Kreuzgangkonzerte statt. Und regelmäßig im Spätsommer steht der Internationale Klostermarkt Walkenried an.
Das Kloster Walkenried blickt auf eine nahezu 900-jährige Geschichte zurück. Im Jahr 1127 stiftete Adelheid von Walkenried das dritte Zisterzienserkloster auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Beim Gründungskonvent waren zwölf Mönche anwesend. Kaiser Lothar III. von Süpplingenburg (1075-1137), Großvater Heinrichs des Löwen (1129-1195), unterstützte die Entwicklung des Klosters maßgeblich. Nach einem Reitunfall hielt sich sein Enkel 1193/94 zur Genesung in Walkenried auf. Die ursprüngliche romanische Kirche des Klosters, die Heinrich der Löwe während seines Aufenthalts besuchte, wurde allerdings nur rund 70 Jahre lang genutzt und dann bereits durch einen noch größeren, 90 Meter langen gotischen Neubau ersetzt. Die romanische Basilika war „nur“ 50 Meter lang und war bereits 1137 fertiggestellt worden. Die 1290 geweihte neue Kirche wurde von Kaiser Otto IV., Sohn Heinrichs des Löwen, mitfinanziert. Sie galt als eine der größten in Norddeutschland.
Während der Blütezeit lebten 80 Mönche und bis zu 180 Laienbrüder im Kloster. Im 13. Jahrhundert gehörten dem Kloster zahlreiche Ländereien und Forsten in der Umgebung, Bergwerks- und Hüttenbetriebe im Harz, aber auch Weinberge bei Würzburg sowie Anteile an der Saline in Lüneburg. Das Kloster entwickelte sich zu einem mittelalterlichen „Konzern“. Anfang des 16. Jahrhunderts schrumpften Einfluss und wirtschaftliche Macht des Klosters allerdings erheblich. Walkenried hatte sich von allen unrentablen Bergbau-Liegenschaften getrennt. Insgesamt bedeutete das eine dramatische Verkleinerung des klösterlichen Besitzes.
Während des Bauernaufstands 1525 besetzten rund 800 Bauern das Kloster. Der Abriss des Kirchendachreiters durch die Aufständischen leitete den Verfall der Kirche ein. Die Mönche flüchten mehrheitlich aus Walkenried. Die wenigen verbliebenen Mönche traten 1546 zur Lehre Luthers über. Walkenried hatte seinen zisterziensischen Charakter verloren.
Die Kirche wurde 1570 aufgegeben. Seither dient der Kapitelsaal, der einstige Versammlungsort der Mönche, als evangelische Kirche. Die Ausstattung des Kapitelsaals stammt größtenteils aus nachmönchischer Zeit. Die Steine der Ruine wurden mehr als 150 Jahre lang zu großen Teilen abgetragen und anderweitig verwendet. Der Bischof von Halberstadt übergab schließlich 1593 das Klostergebäude und die verbliebenen Ländereien an die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg.
Grundlage des heutigen Zustands der Klosteranlage war eine umfangreiche Sanierung, die von 1977 bis 1994 von der Braunschweig-Stiftung, heute ein Teilvermögen der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz, ermöglicht wurden. Dazu gehörten der Teilausbau der Südklausur als Haupteingang und der Wiederaufbau von zwei Fensterbögen des Hohen Chores zur Sicherung der Kirchenruine. Besonders erwähnenswert sind die Arbeiten am zweischiffigen Kreuzgang. Der Kapitelsaal erhielt die ursprüngliche farbige Fassung der Gewölberippen in den 1980er Jahren zurück. Weitere umfangreiche Sanierungen erfolgten von 1999 an und machten weite Teile der Klosteranlage für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Zisterzienser-Museum existiert seit 2006.
Mehrere Forschungsprojekte Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD) beschäftigten sich mit der Klosteranlage Walkenried. Dabei entpuppte sich die Erde rund um das Kloster als wahre Schatztruhe für Funde aus der Romanik, Gotik und Neuzeit. Gefunden wurde unter anderem ein Handwerkerareal. Es belegt, dass die Mönche an Ort und Stelle Bronze verarbeiteten. Unterirdische Holzleitungen zeigten, dass sich die Mönche schon fließendes Wasser zunutze gemacht hatten. Sie wurden zum Teil auf das Jahr 1183 datiert. Ein sehr gut erhaltener Gipsbrennofen gilt als archäologisches Highlight. Wahrscheinlich wurde in ihm der Gips gebrannt, den man dann als Mörtel zum Bau des gotischen Klostergebäudes verwendet hat.
Während der jüngsten archäologischen Grabungen wurden Baustrukturen des Gründungsklosters entdeckt. Erstmals konnte nachgewiesen werden, dass die Arkadenpfeiler des späteren gotischen Langhauses auf Streifenfundamenten ruhten, die wenigstens teilweise aus Baumaterial der romanischen Vorgängeranlage stammten. Offenbar wurde bei der Errichtung der gotischen Kirche zunächst der romanische Vorgängerbau vollständig abgerissen. Das Projekt wurde durch Förderung der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ermöglicht.
Wer sich auf eigene Faust vor Ort in Walkenried informieren will, hat zwei detailliert ausgearbeitete Möglichkeiten: Der Kloster-Erkenntnisweg verfügt über 13 Stationen, die mit bebilderten Informationstafeln zu einer Entdeckungsreise innerhalb des mittelalterlichen Klosterbezirks und in die unmittelbare Umgebung einladen. Außerdem hat die Kirchengemeinde Walkenried einen spirituellen Klosterrundgang entwickelt, auf dem sich die Kraftquellen der Mönche erkunden lassen. An insgesamt acht Stationen an ausgewählten Orten im und am Kloster können sich Besucherinnen und Besucher inspirieren lassen.
Älteren Braunschweigerinnen und Braunschweigern ist es als Orientierung im Raum Gartenstadt/Rüningen immer noch ein Begriff: Coca-Cola an der Alten Frankfurter Straße. Doch das Unternehmen stellte bereits zum 31. Dezember 1993 die Abfüllung ein. Gelegenheit für eine Spurensuche.
Coca-Cola. Das klingt nach Amerika und Abenteuer, weiter Welt und Moderne. Und natürlich der rote bemantelte Weihnachtsmann im leuchtenden Truck. The Coca-Cola Company wurde 1892 von dem Apothekengroßhändler Asa Griggs Candler in Atlanta gegründet, nachdem John Stith Pemberton einige Jahre vorher durch Zufall das Rezept entwickelt hatte. Ein Jahr später ließ Candler Coca-Cola als Marke schützen und vermarktete das Produkt in den USA und seit 1896 im benachbarten Ausland. In Deutschland wurde Coca-Cola zuerst 1929 in der „Essener Vertriebsgesellschaft für Naturgetränke“ abgefüllt, im ersten Jahr wurden 5.840 Kisten verkauft, heute ist Coca-Cola in fast jeder Region der Erde das am meisten verkaufte Cola-Getränk.
Wie sich der Vertrieb der Limonade in Braunschweig ung Umgebung entwickelte, lesen Sie hier.
Die Stiftung Eisenbahnarchiv lädt ein zu einer kostenlosen Foto-Ausstellung in die Stadtbibliothek. Was es alles zu sehen gibt.
Wer Eindrücke vom alten Braunschweig sammeln will, wird ab sofort in der Stadtbibliothek fündig. Dort gibt die Stiftung Eisenbahnarchiv tiefe Einblicke in die Verkehrsgeschichte der Stadt. Die Foto-Ausstellung zeigt auch, wie sich Braunschweig gewandelt hat.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 20.03.2024
Experten werden einige der 60 großen Fotos kennen. Sie wurden im Bildband „Verkehrsknoten Braunschweig“ bereits gezeigt. Aber längst nicht alle Fotos, die nun in der Ausstellung zu sehen sind, beteuert Christian Ernst. Er ist Autor des Bildbands und gehört zu den Gründern der Stiftung. Die Stiftung verfügt mittlerweile über rund 100.000 Fotos zur Verkehrsgeschichte. Die allermeisten Fotos zeigen den Wandel in der Stadt Braunschweig. Ernst sagt: „Im Bildband ließen sich rund 200 Fotos unterbringen. Unter den 60 Fotos, die wir nun in der Stadtbibliothek ausstellen, wurden 12 noch nie öffentlich gezeigt.“ Zum Beispiel: Bus und Bahnen als Arbeitsort. Wer erinnert sich noch daran, dass in Braunschweigs Bussen und Straßenbahnen die Schaffner einst feste Arbeitsplätze hatten, wo die Fahrgäste zahlten?
Die Stadtbibliothek am Schlossplatz sei der wohl beste Ort, die Fotos zu zeigen, sagt Stiftungsvorsitzender Hans-Georg Ahrens: „Natürlich möchten wir, dass möglichst viele Menschen unsere Ausstellung besuchen. Die Stadtbibliothek hat eine enorm hohe Besucherzahl. Fast alle Besucher bringen auch etwas Zeit mit, um sich unsere Fotos im Zeitungslesesaal anschauen zu können. Wir haben hier schon häufiger Fotos ausgestellt und kommen gern wieder.“
Die Bilder zeigen auch den rasanten Wandel, den Braunschweig hinter sich hat. Mitunter heißt es: „Das Foto entstand dort, wo heute die VW-Halle steht.“ Oder: „Der Fotograf stand auf einer Brücke, die es heute nicht mehr gibt.“ Fantasie ist mitunter nötig, um sich vorzustellen: Auf dem Schloss-Vorplatz befand sich einst ein riesiger Trümmerberg mit einer Höhe, die das Rathaus bis auf die Spitze des Turms verdeckte. Alle Bilder werden zwar mit kurzen Bildunterschriften erklärt, doch oft ist die Geschichte hinter den Fotos viel umfang- und facettenreicher.
Die Ausstellung „Schienen-Verkehrsknotenpunkt Braunschweig“ ist in der Stadtbibliothek bis zum Dienstag, 30. April, zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 10 bis 19 und Samstag 10 bis 14 Uhr.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 20.03.2024 und erreichbar unter: www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article241933226/Die-schoensten-Fotos-aus-Braunschweigs-Verkehrsgeschichte.html
Auftaktveranstaltung zum ersten Themenjahr der Braunschweigischen Landschaft „Wasser verbindet eine Region“ in Helmstedt.
Unter dem Motto „Wasser verbindet eine Region“ veranstaltet die Braunschweigische Landschaft erstmals in ihrer Geschichte ein Themenjahr. „Wasser verbindet unsere Region vor allem historisch, kulturell und ökologisch. Die Wasserläufe in der Region verbinden uns im wahrsten Sinne des Wortes miteinander“, sagte Anja Hesse, Geschäftsführerin der Braunschweigischen Landschaft und Kulturdezernentin der Stadt Braunschweig, während der Auftaktveranstaltung am Sonntag, 14. April 2024, im Helmstedter Juleum. In den kommenden Monaten werden die verschiedenen Arbeitsgruppen der Braunschweigischen Landschaft mehr als 100 Veranstaltungen anbieten.
„Wir werden in den kommenden Monaten noch intensiver über Stadt- und Landkreisgrenzen hinweg zusammenarbeiten, um viele Menschen für das Braunschweiger Land, seine Kultur und Geschichte zu begeistern“, kündigte die Geschäftsführerin an. Bei allem Frohsinn und fulminanter Vermittlung müsse jedoch auch konstatiert werden, dass mit dem Thema auch eines der wichtigsten Güter der Menschheit aufgegriffen werde. Wasser sei zu einem der wertvollsten, umstrittensten und teuersten Gut geworden, schlug Anja Hesse auch nachdenkliche Töne an.
„Mit unserem ersten Themenjahr drehen wir für ein Jahr voll auf! Kein anderes Element verbindet uns, unsere Region und unsere Arbeitsgruppen auf so vielfältige Weise wie das Wasser“, erläuterte Anna Lamprecht. Im Rahmen des Themenjahrs lädt beispielsweise die AG Heimatpflege zu 32 Führungen, Vorträgen und Radtouren rund um das Thema „Wasser“ ein. Mit dem traditionsreichen Open-Air-Festival „Jazz Im Park“ (15. September, Rittergut Hedwigsburg in Kissenbrück), dem Tag „KULTURLANDKIRCHEN“ in neun Kirchen im Landkreis Helmstedt (9. Juni) und der Kinoreihe „LAND LICHT SPIELE“ in Kooperation mit dem Filmfest Braunschweig e.V. werden weitere Höhepunkte unter dem übergeordneten Thema „Wasser“ stattfinden.
Den in das Themenjahr einführenden Impulsvortrag hielt Tobias Henkel, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Stiftung Neuerkerode (esn). „Wasser ist heutzutage nicht nur bedeutend für Leben und Natur, sondern auch in dieser modernen Welt der Globalisierung und Digitalisierung etwas, das für die Nutzung von hochpermanenter Infrastruktur absolut erforderlich und unabdingbar ist. Erforderlich für Kommunikation, für Vernetzung und Verständigung von Menschen weltweit, für die Generierung von Wissen und Forschung“ strich er heraus.
„Wasser durchzieht unsere Landschaft, unsere Geschichte und unsere Kultur. In der Region Braunschweig sind wir reich mit Flüssen wie der Oker oder Aller sowie an Seen und Teichen und selbst jenen, die noch werden, wie der Lappwaldsee“, sagte er weiter. Wasser habe einen entscheidenden Anteil daran, wie sich Regionen entwickelten. In diesem Zusammenhang erinnerte er unter anderem an die Oberharzer Wasserwirtschaft und an Braunschweigs Zugehörigkeit zur Hanse.
Wasser sei nicht nur eine chemische Substanz, sondern auch ein soziales Konstrukt, das das Zusammenleben, die Organisation und Identität unserer Gesellschaft beeinflusse. „Es ist ein verbindendes Element, das sowohl die materielle als auch mehr symbolischen Aspekte des menschlichen Lebens prägt und somit eine zentrale Rolle im sozialen Gefüge unserer Gesellschaft spielt“, erläuterte Henkel.
Die Braunschweigische Landschaft feiert mit dem Fotowettbewerb unter dem Titel „KulturLandschaften“ eine weitere Premiere, bei der es natürlich auch um Wasser gehen soll. Die Braunschweigische Landschaft besitzt bereits eine Fotosammlung mit überwiegend ländlichen Ansichten der Region. Sie soll nun um Bilder mit Wasserbezügen erweitert werden. Bis zum Freitag, 26. April, können noch Bewerbungen eingereicht werden. Dotiert ist der Wettbewerb mit 5.000 Euro.
Hier geht es zu Programm-Flyer „Themenjahr Wasser“.
Fakten
Die Braunschweigische Landschaft will das Bewusstsein und die Verbundenheit mit dem alten Braunschweigischen Land stärken. Ihr Tätigkeitsgebiet umfasst die Städte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie die Landkreise Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel: Die Braunschweigische Landschaft bietet mehr als 200 Mitgliedsvereinen eine Plattform des Austausches und der Vernetzung.
Kontakt:
Braunschweigische Landschaft e. V.
Geschäftsstellenleiterin Anna Lamprecht
Löwenwall 16
38100 Braunschweig
Telefon: 0531 / 28 019 751
E-Mail: lamprecht@braunschweigischelandschaft.de
Internetseite: www.braunschweigischelandschaft.de
Vor 20 Jahren bewarben sich Braunschweig und die Region um den Titel „Europas Kulturhauptstadt 2010“.
Braunschweig und der Region fehlte es bei der Bewerbung zu Europas Kulturhauptstadt 2010 nicht an Selbstvertrauen. Vor 20 Jahren warben sie bundesweit für sich mit einem auffälligen, kräftig-orangenen Plakat, einem markanten Löwenkopf und dem frechen Slogan „König der Bewerber“ darauf. Für große Aufmerksamkeit war in der breiten Öffentlichkeit gesorgt. Es gab viel Sympathie, aber die Entscheidung fiel ein Jahr später im Bundesrat. Trotz der herausragenden Bewerbungsschrift unter dem Titel „Zeitlandschaften“ zogen Braunschweig und die Region angesichts des dramatischen Strukturwandels im Ruhrgebiet gegenüber Essen stellvertretend für 53 weitere Städte unter dem Titel „RUHR.2010“ den Kürzeren. Und dennoch war die Initiative, die Braunschweigs damaliger Oberbürgermeister Gert Hoffmann schon 2001 erstmals ins Spiel gebracht hatte, ein national bemerkenswerter Imagegewinn. Er wurde schließlich mit dem Titel „Stadt der Wissenschaft 2007“ bestätigt.
„Mit der Bewerbungsschrift sagen die Städte und Landkreise Braunschweig, Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg deutlich: Braunschweig und die Region haben nicht nur europäische Kultur-Geschichte geschrieben. Von hier werden auch künftig wichtige Signale nach Europa ausgehen. Die gebündelten Kräfte unserer Region haben das Potenzial, den Anforderungen und Herausforderungen einer Kulturhauptstadt Europas gerecht zu werden. Darin bestärken uns die vielen positiven Reaktionen aus der Bevölkerung. Diese Region brennt darauf zu zeigen, was sie hat und was sie kann“, hieß es vor zwei Jahrzehnten in der Bewerbungsschrift. Deutschland, Ungarn (Pécs) und die Türkei (Istanbul) hatten seinerzeit aufgrund des Rotationsprinzips das Nominierungsrecht.
Die Braunschweiger Zeitung kommentierte: „Die Qualität der Bewerbung, ganz besonders durch ihren regionalen Ansatz, ist stark und außergewöhnlich. Das breite Spektrum vom Goslarer Rammelsberg über die Wolfsburger Autostadt bis hin zu Braunschweigs jahrhundertealter Geschichte hat Substanz … Selbst die Motoren der Initiative stellten die Bewerbung zunächst unter das zweifelnde Motto: Der Weg ist das Ziel. Doch die Stimmung schlägt um.“ Das Braunschweiger Land war durch die gemeinsame Bewerbung von einer Aufbruchstimmung erfasst und störendes Konkurrenzdenken wurde hinten angestellt. In der Folge entwickelten sich Initiativen wie „ForschungsRegion Braunschweig“ (2004), „Projekt Region Braunschweig“ (2008) und „Allianz für die Region“ (2013).
Unter den ganz vielen Marketingaktionen Braunschweigs und der Region ragte im nationalen Ringen um die erhoffte Berücksichtigung das Hängen der Löwe-Plakate heraus. Dass das Foto tatsächlich eine Löwin und keinen Löwen zeigte, tat dem Hype um das unübersehbare Poster keinen Abbruch. Mehr als 3200 davon warben bundesweit in 36 Städten für Braunschweigs Bewerbung. Gehängt wurde es unter anderem in Berlin, Bonn, Dessau, Erfurt, Hamburg, Hannover, Kiel, Lüneburg, Magdeburg, Mainz, Mönchengladbach, Münster, Osnabrück, Passau, Weimar und Wiesbaden. Sowie in Braunschweig, Wolfsburg, Wolfenbüttel, Helmstedt, Salzgitter und Goslar. In Peine und Gifhorn gab es keine City-Light-Vitrinen, in denen die Werbung hätte gezeigt werden können. Das Stadtmarketing verkaufte 4500 Stück mit dem Motiv in verkleinertem Maßstab. Das Plakat war ein Coup, die Wahrnehmung, nicht zuletzt in den Medien, enorm.
„Braunschweig: Das ist der Löwe“, kommentierte Oberbürgermeister Gert Hoffmann das Plakatmotiv damals bei der Präsentation im Rathaus. „Das ist bundesweit bekannt, überdies ist der Löwe nicht nur unser Wappentier, sondern ein starkes und griffiges Leitmotiv für unsere regionale Bewerbung. Der Löwe steht für Kraft, Willensstärke, Selbstbewusstsein, Klugheit und Eleganz. Er macht einen berechtigten Anspruch geltend. Das ist kein leerer Slogan. Wir sind sicher, die beste Bewerbung vorgelegt zu haben. Der Löwe steht für eine Region mit einer reichen Geschichte, in der bedeutende Unternehmen ihren Sitz haben und die überdies eine der wichtigsten Forschungsregionen Europas ist. Auf dieser Basis lotet die Bewerbungsschrift die Zukunft der Region über das Jahr 2010 aus.“
Schon bei der Vorstellung der Bewerbung im Auswärtigen Amt in Berlin hatte der Braunschweiger Löwe für Furore gesorgt. Die Stadt hatte einen präparierten Löwen aus dem Staatlichen Naturhistorischen Museum mitgebracht, der es bis in die Tagesschau der ARD brachte. Mit der bundesweiten Imageaktion stiegen Braunschweig und die Region in die zweite Phase der Bewerbung ein.
Landesweit hatten sie sich zunächst gegen Osnabrück durchgesetzt. In einem Kommentar verstieg sich eine in Hannover erscheinende Zeitung damals auf die verwegene Feststellung, beim Zuschlag für Braunschweig habe sich um ein „abgekartetes Spiel“ gehandelt und die Bewerbung Osnabrücks sei nur pro forma geprüft worden. Die CDU/FDP-Landesregierung hatte sich in der Tat schon bei der Koalitionsvereinbarung bereits auf Braunschweig festgelegt. Die TAZ sprach im Vorfeld der Abstimmung im Landtag gar davon, dass Braunschweig sich „blamiert“ habe, weil es die Bewerbungsschrift noch einmal nachgeschärft habe.
Braunschweigs Oberbürgermeister Hoffmann dankte dagegen ausdrücklich dem damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff für ein überaus faires Auswahlverfahren. Die Entscheidung sei für ihn gewiss schwierig gewesen, denn auch seine Heimatstadt Osnabrück habe eine sehr respektable Bewerbung vorgelegt. „Das ist eine ganz wichtige Bestätigung für unsere Bewerbung und ein Signal an die Menschen in der ganzen Region, dass sie mit ihrer Aufbruchstimmung richtig liegen“, freute er sich, die gemeistert zu haben. Die Tatsache, dass Christoph Stölzl sich auf Grundlage der Bewerbungsschrift entschlossen hatte, Braunschweig und die Region als Kurator zu unterstützen, sei überaus hilfreich gewesen.
Christoph Stölzl, der ehemalige Berliner Kultursenator, hatte Ende März 2004 die offizielle Bewerbungsschrift in Hannover abgegeben. Die Jazzkantine spielte ihre eigens komponierte Braunschweiger Kulturhauptstadt-Hymne. „Schirmherren“ der Bewerbung waren Heinrich der Löwe, Till Eulenspiegel, Carl Friedrich Gauß und Gotthold Ephraim Lessing, dargestellt von Schauspielern in historischen Gewändern. Braunschweig und die Region wurden bundesweit als bedeutender Kultur- und Wissenschaftsstandort wahrgenommen.
Objekt des Monats, Folge 5: Porträt Herzog Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg
Es ist ein stolzer und entschlossener aus dem Bild gerichteter Blick, der Rücken durchgedrückt. Auffällig sind der in der Armbeuge abgelegte Helm, der Säbel und die glänzend geputzten hohen Stiefel. Links im Bild sticht der Herrscherthron und der abgelegte Mantel ins Auge, im rechten Bildhintergrund öffnet sich der Blick in eine imaginäre Landschaft mit Blick auf den Braunschweiger Löwenwall. Das imposante 253 x 168 cm große, heute im Braunschweiger Schlossmuseum hängende Porträt von Herzog Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg (1806−1884) gehört zu den wichtigsten Herrscherbildnissen des 19. Jahrhunderts in Norddeutschland.
Von Bedeutung ist vor allem Wilhelms lange Regierungszeit, die sich über 50 Jahre erstreckte. Nach der Flucht seines älteren Bruders Karl II. im September 1830 übernahm Wilhelm nur zwei Tage später die Regentschaft; seit Mai 1831 galt er als offizieller Nachfolger. Das Porträt wurde um 1846 vom Maler Gustav Adolf Barthel angefertigt, der im Jahre 1852 zum braunschweigischen Hofmaler ernannt wurde. Auftraggeber war Wilhelms Vetter König Ernst August von Hannover (1771−1851), der das Werk für seinen Sommersitz, Schloss Herrenhausen, erwarb.
Wilhelm war seit 1821 in hannoverschen Militärdiensten. Als Kommandeur des Garde-Kürassier-Regiments trägt er eine weiße Kürassier-Uniform. Diese kommt im Kontrast zu dem dunklen Vorhang, vor dem der Herzog in Dreiviertelansicht zum Betrachter steht, besonders strahlend zum Ausdruck. Von Wilhelms Mitgliedschaft im britischen Hosenbandorden, der bis heute einer der angesehensten Orden Europas ist, zeugt das aufgestickte rot-silberne englische Balkenkreuz auf dem blauen Mantel rechts von ihm. Im Hintergrund, durch eine Öffnung des Vorhangs, lässt sich der Obelisk auf dem Löwenwall in Braunschweig erkennen. Dieser wurde nicht nur im Gedenken an Wilhelms Vater Friedrich Wilhelm errichtet, sondern auch an seinen Großvater Carl Wilhelm Ferdinand, die beide im Kampf gegen Napoleons Truppen gefallen waren. Ihre Grabstätte, der Braunschweiger Dom St. Blasius, setzte der Künstler schemenhaft in die Ferne.
Betrachtet man Wilhelms Uniform genauer, fallen drei Orden auf seiner linken Brusthälfte auf. Neben dem großen silbernen Bruststern des St. Georgs-Orden sind darüber zwei weitere hannoversche Orden zu erkennen: An erster Stelle der nach Trageweise und Bindung typischen Ordensschnalle trägt Wilhelm den Guelphen-Orden vierter Klasse sowie an zweiter Stelle das Wilhelmskreuz, das bis 1866 an Offiziere verliehen wurde, um diese nach 25 Jahren treuer Dienste in der Hannoverschen Armee zu ehren.
Gestiftet wurde das Wilhelmskreuz am 2. März 1837 durch König Wilhelm IV. von Hannover (1765−1837). Auf der Vorderseite befinden sich die Initialen des Stifters W.R.IV., die von einer Krone überragt werden. Auf der Rückseite steht die Zahl XXV. Der Orden zählt aufgrund seiner Verdickungen an den Balkenenden zu den sogenannten Tatzenkreuzen, auch Templer-, Hanse- oder Kanonenkreuze genannt, das zunächst hohl aus Goldblech, später dann aus vergoldetem Kupferblech gearbeitet wurde. Ernst August, der jüngere Bruder Wilhelms IV. und ab Juni 1837 König von Hannover, war bei der Gestaltung des Wilhelmskreuzes aktiv beteiligt. So setzte er beispielsweise durch, dass die Auszeichnung die Form eines Kreuzes bekam, während sich Wilhelm IV. ursprünglich eine Medaille vorstellte. In den ersten drei Monaten wurde das Kreuz an einem gelb-weißen Band, danach am rot-blauen Band verliehen, wie auch auf dem Gemälde zu sehen. Schaut man genauer hin, lässt sich erkennen, dass Wilhelm die Rückseite mit der Jahreszahl XXV nach vorne trägt.
Herzog Wilhelm erhielt das Wilhelmskreuz im November des Jahres 1846 durch seinen Vetter König Ernst August. Seit seinem 15. Lebensjahr war Wilhelm im Dienst der hannoverschen Armee; zunächst als Rittmeister, später als Major. Seit 1831 war er Kommandeur des Hannoverschen Garde-Kürassier-Regiments. Im Juni 1848 wurde er zum Feldmarschall des Königreichs Hannover ernannt. Neben seiner Dienstauszeichnung erhielt der Herzog mit höchster Wahrscheinlichkeit auch eine entsprechende Verleihungsurkunde. Nach neuesten Untersuchungen des Ordenskundlers Stephan Schwarz dürfte „eine solche Verleihung einer Dienstauszeichnung für Offiziere an einen regierenden Herrscher eines anderen Staates einmalig in der deutschen Ordensgeschichte einmalig gewesen“.
Die Verleihung war „aus Sicht Hannovers“ jedoch „keine Verleihung an einen fremdländischen Herrscher, sondern an ein Familienmitglied“. Denn trotz diverser Zerwürfnisse blieben das Haus Braunschweig und das Haus Hannover dynastisch verbunden, was auch auf dem hannöversch geprägten Porträtgemälde deutlich wird.
Das Porträt aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung wurde im Jahr 2014 aufwendig restauriert. Es ist in der Dauerausstellung im Weißen Saal des Schlossmuseums Braunschweig zu sehen.
Weiterführende Informationen zur Verleihung des Wilhelmskreuzes finden sich bei Johann Schwarz: Verleihung einer Hannoverschen Dienstauszeichnung an einen regierenden ausländischen Fürsten. Gewidmet S.K.H. Erbprinz Ernst August von Hannover, in: Orden und Ehrenzeichen. Das Magazin für Freunde der Phaleristik 148 (2023), S. 339−341.
Verschwundene Kostbarkeiten, Teil 25: Die Fachwerkhäuser der Neustadt fielen in Gänze in Schutt und Asche.
Seit Jahrhunderten schließt der wuchtige Westbau von St. Andreas die Weberstraße im einstigen Weichbild Neustadt wirkungsvoll ab. Der heute mit fast 94 Metern höchste Kirchturm Braunschweigs war ursprünglich noch einmal deutlich höher: Die 1544 vollendete Turmspitze schob sich 122 Meter hoch in den Himmel über der Löwenstadt, während der Nordturm unvollendet blieb. Die heutige glockenförmige Turmspitze von 1742 zeigt sich in barocken Formen und konnte 1955 nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg neu errichtet werden.
Mehr noch als St. Andreas wurde die historische Neustadt von den Verwüstungen des Krieges getroffen. Das fast durchweg von Fachwerkbebauung geprägte Quartier fiel in Gänze dem Feuersturm des 15. Oktober 1944 zum Opfer. Von dem typischen „Straßendreistrahl“ – den vom Radeklint ausgehenden Straßenzügen Beckenwerker-, Weber- und Lange Straße – blieb nur der Grundriss übrig – und dieser wurde während des Wiederaufbaus verändert. Die drei Straßen bildeten mit Wollmarkt und Alte Waage das Grundgerüst der mittelalterlichen Braunschweiger Teilstadt. Diese entstand nach der Anlage von Altstadt und Hagen ab 1200 planmäßig in dem noch „offenen“ Sektor der städtischen Gesamtbefestigung. Sie wurde 1231 erstmals als „nova civitas in Bruneswich“ erwähnt. Im westlichen Teil der Neustadt dominierte das Textil- und Metallhandwerk, Straßennamen wie Beckenwerkerstraße, Kupfertwete und eben Weberstraße zeugen bis heute davon. Die führenden Kaufmanns-, Rats- und Patrizierfamilien dieses Weichbildes wohnten in der Reichsstraße.
In der Weberstraße waren die Tuchmacher – Leineweber und Lakenmacher – angesiedelt. Dies erinnert an die starke Stellung des mittelalterlichen Braunschweigs als Zentrum der Textilherstellung und des Tuchhandels. Das Gewandhaus der Altstadt, ein Gebäude für den Handel und die Lagerung von Textilwaren, war und ist der größte mittelalterliche Profanbau der Stadt. Übrigens gehörte die Leineweberei seinerzeit zu den „unehrlichen“ Handwerkstätigkeiten. Sie war in der Weberstraße seit 1342 nachweisbar.
Die Weberstraße war die mittlere der drei von Osten auf dem Radeklint einmündenden Straßenzüge. In fast gerader Linie führte sie auf den Westbau der Andreaskirche. Leichte Verschränkungen in den Baufluchten ließen das Straßenbild jedoch sehr lebhaft erscheinen. Die Bebauung bestand bis zur Zerstörung fast vollständig aus Fachwerkhäusern. Lediglich an der Einmündung in den Wollmarkt traten zwei später überbaute und veränderte Kemenaten in Erscheinung. Wie in anderen Quartieren des alten Braunschweigs wechselten sich traufständige Fachwerkbauten aus dem 15. bis zum 18. Jahrhundert in lebendiger Folge ab. Die größten Exemplare stammten aus dem späten 15. Jahrhundert.
In dieser Epoche, die kunstgeschichtlich der späten Gotik zugeordnet wird, muss in sämtlichen Weichbilden eine unglaubliche Baukonjunktur geherrscht haben. In Literatur und historischen Bildquellen sind an die 300 spätmittelalterliche Häuser überliefert. Schönstes und größtes noch erhaltenes Beispiel ist der 1489 errichtete „Ritter St. Georg“ an der Alten Knochenhauerstraße. Noch größer war das aus zwei Bauteilen bestehende Haus Weberstraße 5 mit seinen insgesamt 23 Spann (=Gefachbreiten) an der Südseite des Straßenzuges. Die stark über kräftig profilierten Knaggen vorkragenden Stockwerke beinhalteten ursprünglich Speicherräume. Ihr Fassungsvermögen muss enorm gewesen sein, nur vergleichbar mit den Speicherstöcken der Alten Waage.
Und damit nicht genug: Im Hof von Weberstraße 5 stand ein ähnlich großer Seitenflügel aus gleicher Bauzeit. Typisch für die spätgotischen Bauten waren Treppenfriese an den Stockwerkschwellen, wie sie heute ebenfalls am „Ritter St. Georg“ oder an den Stiftsherrenhäusern an der Kleinen Burg zu betrachten sind. Weitere bemerkenswerte Denkmäler aus der Zeit vor 1500 waren an der Nordseite der Weberstraße mit Nr. 28 und Nr. 40 erhalten geblieben. Bemerkenswert war der kleine Speicherbau Nr. 15, der sein spätmittelalterliches Erscheinungsbild und seine Nutzung bis zuletzt bewahrt hatte.
Auch das stattliche Renaissance-Fachwerkhaus Weberstraße 12 gehörte zu den herausragenden Bauten, wobei die ursprüngliche Unterteilung in Wohnbereich und Dielenteil noch gut erkennbar war: In die Diele mit der Toreinfahrt wurde wohl um 1900 ein Laden eingebaut, der rechts anschließende Wohnteil lag etwas höher und war unterkellert. Die Dachaufbauten (Zwerchhaus und Gauben) entstanden wohl um 1800 für eine Wohnnutzung des Dachraums, auch der Speicherstock wurde damals zu Wohnräumen umfunktioniert. Am Renaissancehaus Weberstraße 47 hatte sich noch ein rundbogiges Dielentor erhalten.
Viele der großen Häuser wurden nachträglich unter verschiedenen Besitzern aufgeteilt und damit entsprechend verändert. Zudem gestaltete man die ursprünglichen Speicher seit dem 18./19. Jahrhundert für eine Wohnnutzung um. Damit wuchs die Belegung der Häuser stark an – was schließlich zu unvorstellbar beengten Wohnverhältnissen führte. Im Viertel zwischen Lange Straße, Weber- und Beckenwerkerstraße erfolgte von 1933 an eine erste Stadtsanierung, die bei Kriegsbeginn eingestellt wurde. Im Rahmen der von dem Städtebauer und Hochschullehrer Hermann Flesche geleiteten Sanierung wurden Häuser instandgesetzt und vor allem die engen Hinterhöfe entkernt sowie kleine Freiflächen gestaltet. In der Zeit des Nationalsozialismus erfolgten solche Sanierungen selbstverständlich mit ideologischem Unterton – es ging um die Beseitigung von „Brutstätten der Kriminalität“ und um „Volkshygiene“.
Der vom NS-Regime entfachte Krieg fegte das frisch sanierte Quartier beiseite. Der Wiederaufbau ging in der einstigen Neustadt eher schleppend voran. In den späten 1950er Jahren wurde der Straßendreistrahl am Radeklint durch großmaßstäbliche Bebauung gekappt. An der Weberstraße entstanden seit den 1960er/70er Jahren schließlich eine Berufsschule, die Sporthalle Alte Waage und 1999 die Rückseite eines Großkinos. Damit gerierte die Weberstraße von einer Inkunabel des alten Braunschweig zu einer der erbarmungswürdigsten Fehlleistungen des Wiederaufbaus dieser Stadt.
Elmar Arnhold ist Bauhistoriker (Gebautes Erbe) und Stadtteilheimatpfleger. Auf Instagram @elmararnhold veröffentlicht er regelmäßig Beiträge zu historischen Bauten in Braunschweig.
Unter dem Titel „Herzogliches Kalenderblatt“ erscheinen künftig in loser Reihenfolge Beiträge über besondere Ereignisse aus der Geschichte des Residenzschlosses Braunschweig.
Es war sicher kein gewöhnlicher Dienstag für Braunschweig und man kann sich gut vorstellen, dass die Grundsteinlegung am 26. März 1833 ein großer Festakt auf der Schlossbaustelle war. Darauf weisen die vom Schloss- und Hofbaumeister Carl Theodor Ottmer mit leichter Hand skizzierten Festbauten hin: Triumphbogen, Fahnen, Girlanden und die Herzogskrone. Alles war vorbereitet. Auf einer Tribüne versammelten sich die hohen Gäste, Reden wurden gehalten. Im Beisein von Herzog Wilhelm, den Mitgliedern der Schlossbaukommission sowie den Planern und Bauleuten wurde eine Gedenkplatte in einer Bleikassette in das Schlossfundament aus Kalkstein eingemauert, das seit dem Sommer 1831 über einem Pfahlrost entstanden war.
Die herausragenden Kirchen im Braunschweiger Land, Teil 5: Keine andere Kirche in Braunschweig hat so vielen artfremden Nutzungen gedient wie St. Aegidien.
Trotz der vierspurigen Auguststraße, die den historischen Aegidienmarkt auf unsensible Art trennt, dominiert die gotische Aegidienkirche mit ihrem gewaltigen Satteldach und ihrem erhöhten Standort noch immer das alte Zentrum der mittelalterlichen Teilstadt Altewiek.
Verschwundene Kostbarkeiten, Teil 26: Nach dem Krieg entstanden am Bohlweg Baulichkeiten von einer erlesenen Einfallslosigkeit.
Ausstellung „clouds in the sky“ in der Jakob-Kemenate und der Kemenate Hagenbrücke mit großem Publikumsinteresse eröffnet.
Die herausragenden Kirchen im Braunschweiger Land, Teil 6: Die Klosteranlage Walkenried und ihre berühmte Ruine.
Den Begriff Kinderhospiz verbinden Eltern oft mit Tod. Was das jedoch für eine Entlastung im Alltag sein kann, zeigen zwei Vereine in Braunschweig.
Älteren Braunschweigerinnen und Braunschweigern ist es als Orientierung im Raum Gartenstadt/Rüningen immer noch ein Begriff: Coca-Cola an der Alten Frankfurter Straße. Doch das Unternehmen stellte bereits zum 31. Dezember 1993 die Abfüllung ein. Gelegenheit für eine Spurensuche.
Gilbert Holzgang, Regisseur des Theaters Zeitraum, bringt dokumentarisches Solo-Stück mit Schauspielerin Kathrin Reinhardt auf die Bühne.
Wer Eindrücke vom alten Braunschweig sammeln will, wird ab sofort in der Stadtbibliothek fündig. Dort gibt die Stiftung Eisenbahnarchiv tiefe Einblicke in die Verkehrsgeschichte der Stadt.
Doppelveranstaltung: Ausstellung „clouds in the sky“ und wissenschaftliches Forum „Spuren künstlerischen Handelns“.
Auftaktveranstaltung zum ersten Themenjahr der Braunschweigischen Landschaft „Wasser verbindet eine Region“ in Helmstedt.
In der Schau „Crossroads“ des renommierten Liebenburger Künstlers in St. Andreas werden Metropolen zu visionären Zeichengeflechten.