Klappernde Mühle im Schun­tertal

Über einen Mühlgraben treibt die Schunter das große Stahlrad der Liesebach-Mühle an. Foto: Meike Buck
Über einen Mühlgraben treibt die Schunter das große Stahlrad der Liesebach-Mühle an. Foto: Meike Buck

Seit 2009 kümmert sich ein ehren­amt­li­cher Förder­verein um die Mühle Liesebach in Räbke. Stück für Stück setzen die Mitglieder die Gebäude und die Technik in der alten Wasser­mühle wieder in Stand. Die Mühle ist auch eine offizi­elle Einkehr­stätte des Braun­schweiger Jakobs­weges.

„Den eigent­li­chen Anfang hat Hermine Liesebach gemacht, die Witwe des letzten Müllers“, erzählt Klaus Röhr, Vorsit­zender des Räbker Freun­des­kreises Mühle Liesebach. „Als erstes hat sie das Wasserrad erneuern lassen.“ Daraus ist ein Förder­verein entstanden, der heute rund 140 Mitglieder zählt. Ehren­amt­lich kümmert er sich um die Instand­set­zung, Pflege und Reparatur des Mühlen­ge­bäudes und der ‑technik.

„Frau Liesebach ist gerade 96 Jahre alt geworden und verfolgt unsere Arbeit immer noch mit großem Interesse.“ Bereits seit vielen Jahren unter­stützt die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz den Erhalt der Mühlen­technik und die Arbeit des Freun­des­kreises. Dieses Jahr wurden der Einbau einer Schie­betür im Versamm­lungs­raum und die Erneue­rung der Elektro­technik reali­siert werden.

Die Wasser­mühle Liesebach wurde bereits 1236 in Betrieb genommen und bis 1864 nahezu unver­än­dert mit einem Mahlgang betrieben. Erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun­derts trieb das oberschläch­tige Wasserrad mit einem gussei­sernen Getriebe zwei Mahlgänge an. Zu der Zeit gab es in Räbke sieben Mühlen, darunter drei Papier­mühlen und eine Ölmühle, die vom Wasser der Schunter angetrieben wurden – heute arbeitet keine einzige mehr. „Die Schunter hat hier ein großes Gefälle, deshalb war der Ort präde­sti­niert für die Mühlen­wirt­schaft“, erklärt Röhr. Über mehrere Mühlgräben konnte der Fluss die einzelnen Mühlen versorgen.

Als der Müller Franz Liesebach die Wasser­mühle 1905 kaufte, ließ er die Mühlen­technik aufwendig erneuern. Er inves­tierte unter anderem in ein neues Wasserrad aus Stahl und moderne Sicht- und Reini­gungs­ma­schinen. 1937 erfolgte eine nochma­lige Moder­ni­sie­rung durch die Helmstedter Mühlen­bau­firma Nickel. Für wasser­arme Zeiten wurde auch ein elektri­scher Hilfs­an­trieb eingebaut.

Zu Beginn der 1950er Jahre belie­ferte Richard Liesebach, der Sohn des Namens­ge­bers, mit Pferd und Wagen noch einige Bäcke­reien in der unmit­tel­baren Umgebung. Besonders das Weizen-Auszugs­mehl „Elmgold“ war beliebt. Doch als die Mahltechnik zunehmend veraltete und die Mühle mit der indus­tri­ellen Konkur­renz nicht mithalten konnte, stellte er 1954 den Betrieb ein.

„Auch nach der Schlie­ßung blieben Gebäude und Mahltechnik fast unver­än­dert erhalten“, erzählt Röhr, der auf Nachfrage gerne durch die Mühle führt und Inter­es­sierten die Technik erläutert. Alle Vereins­mit­glieder haben sich ihr Wissen über die Technik selbst erarbeitet und in Gesprä­chen mit Experten vertieft.

„Die Technik ist komplett funkti­ons­tüchtig“, ist Röhr stolz. Neben einem neueren Mahlgang mit Walzen kann auch noch ein tradi­tio­neller Stein­mahl­gang betrieben werden. Neun Mal musste das Getreide durch die Mahlgänge laufen, bis es den gewünschten Feinheits­grad erreicht hatte. „Das war staubig, laut und knochen­harte Arbeit“, weiß der Vereins­vor­sit­zende. Heute treibt das Wasser aber vor allem einen Generator an, der Strom erzeugt. Damit versorgt der Verein die Gebäude, die Überschüsse werden ins Netz einge­speist. Für die nächsten Jahre haben sich Röhr und seine Mitstreiter die Instand­set­zung des Lasten­auf­zuges vorge­nommen.

Eine ganz neue Funktion haben die histo­ri­schen Gebäude mit der Eröffnung des Braun­schweiger Jakobs­weges zwischen Magdeburg und Höxter bekommen: Für Pilger gibt es in der alten Wasser­mühle einen Versamm­lungs­raum. „Viele möchten auch eine Führung durch die Mühle haben“, freut sich Röhr über die zahlrei­chen Gäste.

Am Deutschen Mühlentag am Pfingst­montag, den 5. Juni, beteiligt sich auch die Mühle Liesebach mit einem bunten Programm. Inter­es­sierte können sich die Technik erklären lassen, alte Handwerks­tech­niken kennen lernen oder sich bei Mühlen­brot und hausge­machtem Kuchen stärken.

Infor­ma­tionen

Mühle Liesebach

Arme Reihe 67

Räbke am Elm

Besich­ti­gung der Mühle und Führungen auf Anfrage

Deutscher Mühlentag: Pfingst­montag, 5. Juni 2017, 9 bis 18 Uhr

Führungen durch die Mühle, Präsen­ta­tionen zu handwerk­li­chen Berufen, Speisen und Getränke mit Mühlen­brot und Kuchen, Kutsch­fahrten durch das Dorf u.v.m.

Mehr unter www.muehle-raebke.de

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