Kultur­denkmal „Karl-Kanal“ gerettet

Stadtheimatpfleger Reinhard Wetterau am Karl-Kanal. Foto: meyermedia
Stadtheimatpfleger Reinhard Wetterau am Karl-Kanal. Foto: meyermedia

Der Einsatz von Stadt­hei­mat­pfleger Reinhard Wetterau zum Schutz der letzten Reste des einstigen Wasser­wegs war erfolg­reich.

Stadt­hei­mat­pfleger Reinhard Wetterau kämpfte in den vergangen Wochen um den Erhalt der letzten origi­nalen Überreste des Karl-Kanals in Riddags­hausen. Den Wasser­kanal hatte der Braun­schweiger Herzog Karl I. im 18. Jahrhun­dert erbauen lassen. Ein einma­liges Braun­schwei­gi­sches Kulturgut, wie Wetterau immer wieder betonte. Auf dem extra angelegten Wasserweg des Herzogs wurden die damals unter anderem für den Bau von Massiv­treppen, Bordsteinen und Straßen­pflas­tern verwen­dete Rogen­steine vom Nußberg bis in den Bereich des heutigen Botani­schen Gartens trans­por­tiert. Wetterau schritt ein, als vor Wochen publik wurde, dass die Mittel­riede mit Hilfe eines EU-Förder­pro­gramms zur Renatu­rie­rung von Bachläufen in den Ursprungs­zu­stand versetzt werden sollte.

Denn damit wären die letzten Reste des histo­ri­schen Karl-Kanals unwie­der­bring­lich verloren gegangen. Reinhard Wetterau, auch Stadt­teil­hei­mat­pfleger Riddags­hau­sens, legte der Stadt die origi­nalen Baupläne der herzog­li­chen Direktion von 1760, die im Magazin des Nieder­säch­si­schen Landes­ar­chivs, Standort Wolfen­büttel lagern, vor, um die Zerstö­rung des Kultur­denk­mals zu verhin­dern. Nach einer Krisen­sit­zung des Wasser­bau­amtes der Stadt Braun­schweig, der Denkmal­pflege, dem Institut für Braun­schwei­gi­sche Regio­nal­ge­schichte und dem Heimat­pfleger haben die Betei­ligten eine Lösung gefunden. Danach gab Reinhard Wetterau dem Löwen das folgende Interview:

Wie sieht der Kompro­miss aus?

Nach einer sehr sachlich geführten Diskus­sion haben wir einver­nehm­lich eine Lösung gefunden: Die Renatu­rie­rung der Mittel­riede wird von der Brücke am ehema­ligen Sport­platz von Riddags­hausen bis zum ehema­ligen Kanal­ab­zweig in Höhe des Denkmals für den Wasser­bau­meister Barward Tafel­maker umgesetzt. Der folgende Abschnitt, der ein Teil des Karl-Kanals war, bleibt bis zum Endpunkt der Ausbau­maß­nahmen an der Grüne­wald­straße unver­än­dert. Die in diesen Bereich vorge­se­hene Renatu­rie­rung wird baulich so ausge­bildet, dass der mäandri­sche Graben so an die Mittel­riede angeschlossen wird, dass er im Hochwas­ser­fall als „Rückflut­be­cken“ mit Wasser gefüllt wird. Alle sind hochzu­frieden, sowohl die Wasser­bauer und Natur­schützer als auch die Denkmal­schützer und ich als Stadt­hei­mat­pfleger, denn alle Belange sind gewahrt worden.

Wo verlief der Karl-Kanal und wie bedeutend war die Wasser­straße für die Braun­schwei­gi­sche Landes­ge­schichte?

Der Karl-Kanal begann an der Mündung der Mittel­riede in die Schunter, wurde bis zum Glies­ma­roder Turm geführt und zweigte von dort aus im rechten Winkel ab. Er verlief dann, praktisch im Verlauf der heutigen Karlstraße, bis zum heutigen Botani­schen Garten, wo ja noch immer das Hafen­meis­ter­haus steht. Es gab einen weiteren Ausbau der Mittel­riede in Richtung Riddags­hausen, so ungefähr bis auf halber Höhe des Tafel­ma­ker­weges, wo der Denkmal­stein des Tafel­ma­kers (Anmerk. Red.: Der Braun­schweiger Barward Tafel­maker (1487–1565) war ein deutscher Baumeister und Brauer) steht. Dort schuf man einen Abzweig, der in Richtung Nußberg führte. In einem alten Plan habe ich dieses entdeckt. Über diesen Stich­kanal brachte man mit Hilfe von Kähnen, die getrei­delt (Anmerk. Red.: gemeint ist das Ziehen von Schiffen auf Wasser­wegen durch Menschen oder Zugtiere) wurden, Rogen­steine aus dem Nußberg in die Stadt.

Bei einer Ortsbe­sich­ti­gung ist auch heraus­ge­kommen, dass ein Stück des Stich­ka­nals noch vorhanden. Das war ja so vorher nicht bekannt…

Das war selbst mir nicht bekannt. Das ist auch ein Bereich, der ist äußerst unwegsam. Der alte Stich­kanal befindet sich auf der westli­chen Uferseite der Mittel­riede im tiefen Gestrüpp und Unterholz versteckt.

Wann haben Sie das erste Mal vom Karl-Kanal gehört? Und welche Geschichts­quellen standen Ihnen zur Erfor­schung zur Seite?

Vom Karl-Kanal wusste ich natürlich, dass er existierte, abgesehen von dem südlichen Stück. Da muss man nur die braun­schwei­gi­sche Fachli­te­ratur lesen. Aber das andere ist praktisch für mich ein Zufalls­fund gewesen: Eine Karte aus dem Staats­ar­chiv in Wolfen­büttel von 1760, die ich erhalten habe. Sie hat mich in Erstaunen versetzt, weil da nämlich ein Kanal, für mich als Ingenieur undenkbar, in Richtung Nußberg gebaut wurde, also quasi bergauf. Wie kann man da überhaupt fahren? Wenn man sich die heutigen Verhält­nisse anschaut, kommt das einem ‚wie böhmische Dörfer‘ vor. Aber unsere Vorfahren waren ja sehr schlau. Um den Kanal schiffbar zu machen, haben sie am Glies­ma­roder Turm eine Schleuse eingebaut, mit der auch das Wasser für den Oberlauf gestaut worden ist. Da hatte man eine entspre­chend gute Wasser­hal­tung und besaß dann mit den Kähnen, die beladen waren und getrei­delt wurden, entspre­chenden Tiefgang. So konnte man auch quasi bergauf bis zum Nußberg zur Ladestelle fahren.

Was wird in Zukunft unter­nommen, um die histo­ri­sche Geschichte und Bedeutung des Karl-Kanals für Spazier­gänger und für die Nachwelt zu zeigen und festzu­halten?

Wichtig ist, dass auch das Reststück von dem Stich­kanal sichtbar gemacht wird. Da wird also das Unterholz dann entspre­chend beseitigt, eine Sicht­achse geschaffen in Richtung Nußberg. Es werden an dieser Stelle, und weiter nördlich an der Grüne­wald­straße, Tafeln aufge­stellt, die auf dieses einmalige Kultur­denkmal aufmerksam machen.

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