Von Fallers­leben bis zur Weltgel­tung

Hoffmann von Fallersleben, 1845. Foto: Hoffmann-von-Fallersleben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg
Hoffmann von Fallersleben, 1845. Foto: Hoffmann-von-Fallersleben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg

Braun­schwei­gi­sche Museen, Folge 18: Das Hoffmann-von-Fallers­leben-Museum beleuchtet Werk und Leben des großen deutschen Dichters.

Die dritte Strophe des „Liedes der Deutschen“ ist im In- und Ausland als deutsche Natio­nal­hymne längst respek­tiert und gern gehört. „Sie bringt die Werte verbind­lich zum Ausdruck, denen wir uns als Deutsche, als Europäer und als Teil der Völker­ge­mein­schaft verpflichtet fühlen“, schrieb der ehemalige Bundes­prä­si­dent Richard von Weizsä­cker 1991 in einem Brief an den damaligen Bundes­kanzler Helmut Kohl. Das Lied freilich ist sehr viel älter. Es stammt aus 1841, als angesichts der Klein­staa­terei im Deutschen Reich noch nicht einmal an ein geeintes Deutsch­land zu denken war. So erhalten die Zeilen eine andere Bedeutung, als viele heute denken:

Der alte Hoffmann von Fallersleben. Foto: Hoffmann-von-Fallersleben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg
Der alte Hoffmann von Fallers­leben. Foto: Hoffmann-von-Fallers­leben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg

„Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
Brüder­lich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unter­pfand –
Blüh im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland!“

Von Staats­be­such bis Länder­spiel

Ganz gleich, ob es um Staats­be­suche oder Fußball-Länder­spiele geht, das Lied, getextet auf die Melodie des älteren Liedes „Gott erhalte Franz, den Kaiser“ von Joseph Haydn, kennt die ganze Welt. Und geschrieben hat es August Heinrich Hoffmann, 1798 in Fallers­leben geboren. Ihm, genannt Hoffmann von Fallers­leben, widmet die Stadt Wolfsburg, zu der Fallers­leben seit der Einge­mein­dung 1972 als Stadtteil gehört, seit 1991 ein eigenes Museum. Es ist nach der Corona-bedingten Schlie­ßung wieder geöffnet. Grund genug, die Ausstel­lung vorzu­stellen. Darin geht es um den kleinen Fallers­leber Jungen ebenso wie um den Studenten, den Wissen­schaftler und eben den großen Dichter.

An einem Touch-Screen lässt sich beispiels­weise inter­aktiv viel erfahren über die deutsche und andere Natio­nal­hymnen. Im sanierten Museum laden darüber hinaus Sitzge­le­gen­heiten ein zum Stöbern in Blätter­bü­chern oder um an Hörsta­tionen von Hoffmanns Erleb­nissen zu erfahren. An Multimedia‑, Karaoke- und Spiel­sta­tionen können Besuche­rinnen und Besucher inter­agieren. Spannend ist es, Hoffmann von Fallers­leben näher kennen­zu­lernen.

Politi­scher Lieder­ma­cher

Der politische Dichter Hoffmann von Fallersleben wird beleuchtet. Foto: Hoffmann-von-Fallersleben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg/Meike Felizitas Netzbandt
Der politi­sche Dichter Hoffmann von Fallers­leben wird beleuchtet. Foto: Hoffmann-von-Fallers­leben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg/Meike Felizitas Netzbandt

Aus heutiger Sicht würde man Hoffmann von Fallers­leben auch als politi­schen Lieder­ma­cher bezeichnen. Er lehnte sich auf gegen die deutsche Klein­staa­terei. Damals gab es 38 Fürsten­tümer, in denen nicht selten das Bürgertum unter­drückt wurde. Nachdem er die Sammlung „Unpoli­ti­sche Lieder“ mit dem Eingangs­ge­dicht „Knüppel aus dem Sack das Gedicht veröf­fent­licht hatte, verlor der Germanist seine Professur für deutsche Literatur und Sprache in Breslau. Er galt lange Zeit als politisch gefähr­lich und hatte nur in einigen deutschen Ländern überhaupt Aufent­halts­recht. Dass alle Deutschen heute sein Lied singen, hätte er sich nicht vorstellen können.

Den Deutschen fehlte ein verbin­dendes Lied. Unter anderem von der von der  franzö­si­sche Hymne „Marseil­laise“ inspi­riert, schrieb Hoffmann von Fallers­leben am 26. August 1841 während eines Aufent­halts auf der damals noch briti­schen Insel Helgoland sein „Lied der Deutschen“. Haupt­motiv war der Wunsch nach einem einigen und freiheit­li­chen Deutsch­land. Der sozial­de­mo­kra­ti­sche Reichs­prä­si­dent Friedrich Ebert machte das Lied schließ­lich 1922 zur deutschen Natio­nal­hymne. Als Hoffmann die Strophen dichtete, entsprach das beschrie­bene Gebiet tatsäch­lich der Lage der deutschen Fürsten­tümer.

Seit 1952 wieder Natio­nal­hymne

Schänd­lich fehlin­ter­pre­tiert und missbraucht wurde die Zeile der ersten Strophe „Deutsch­land, Deutsch­land über alles“ von den Nazis. Die Alliierten verboten die Hymne nach dem Zweiten Weltkrieg 1945. Schließ­lich wurde das Lied doch wieder Natio­nal­hymne der Bundes­re­pu­blik Deutsch­land anerkannt. Seit 1952 wird sie auf Bestreben des ersten Präsi­denten der Bundes­re­pu­blik, Theodor Heuß, ausschließ­lich mit der dritten Strophe gesungen.

„Alle Vögel sind schon da…“ – der Frühling inspirierte Hoffmann von Fallersleben zu vielen Gedichten und Liedern. Foto: Hoffmann-von-Fallersleben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg/Meike Felizitas Netzbandt
„Alle Vögel sind schon da…“ – der Frühling inspi­rierte Hoffmann von Fallers­leben zu vielen Gedichten und Liedern. Foto: Hoffmann-von-Fallers­leben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg/Meike Felizitas Netzbandt

Die Natio­nal­hymne nimmt natürlich breiten Raum im Museum ein. Aber Hoffmann von Fallers­leben war neben seinen politi­schen Ambitionen auch der Natur und den Menschen sehr zugewandt. Deutlich wird das anhand so populärer Volks­lieder wie „Alle Vögel sind schon da“, „Ein Männlein steht im Walde oder „Morgen kommt der Weihnachts­mann. Auch dieser Facette ist ein umfas­sender Bereich gewidmet. Rund 500 Kinder­lieder und ‑gedichte schrieb Hoffmann von Fallers­leben, der 1874 in Corvey starb.

Für ein sicheres Museums­er­lebnis sind derzeit einige Regeln zu beachten: Erfor­der­lich ist eine Voranmel­dung unter Tel. 05362 / 52623 oder hoffmann-museum@stadt.wolfsburg.de und beim Besuch der Nachweis über einen negativen Schnell­test (nicht älter als 24 Stunden und von berech­tigtem Personal durch­ge­führt) oder über vollstän­digen Impfschutz oder über die Genesung von einer COVID-19-Erkran­kung. Darüber hinaus gilt im Museum die Pflicht zum Tragen einer medizi­ni­schen Maske und zum Einhalten der allge­meinen Hygiene- und Abstands­re­geln.

Das Hoffmann- von-Fallersleben-Museum befindet sich im Schloss Fallersleben. Foto: Hoffmann-von-Fallersleben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg
Das Hoffmann- von-Fallers­leben-Museum befindet sich im Schloss Fallers­leben. Foto: Hoffmann-von-Fallers­leben-Museum im M2K, Stadt Wolfsburg

Kontakt:

Hoffmann-von-Fallers­leben-Museum im M2K
Schloss Fallers­leben
Schloß­platz 6
38442 Wolfsburg

Telefon: 05362–52623
E‑Mail: hoffmann-museum@stadt.wolfsburg.de
Internet: www.wolfsburg.de/hoffmann-von-fallersleben-museum

Öffnungs­zeiten:

  • Donnerstag/Freitag (z.Zt. sonst Dienstag-Freitag: 10–17 Uhr): 14–17 Uhr
  • Samstag: 13–17 Uhr
  • Sonntag: 11–17 Uhr

Eintritt:

Zurzeit frei.

  • Erwach­sene: 3,50 Euro
  • Senioren (60 Jahre und älter): 3 Euro
  • Ermäßigt (u.a. Kinder ab 6 Jahren): 2,50 Euro

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