Als die Pferde­kraft an Bedeutung verlor

Kartoffeln pflanzen mit Ronja, der Hafflingerstute. Foto: Magnus Tomforde
Kartoffeln pflanzen mit Ronja, der Hafflingerstute. Foto: Magnus Tomforde

Braun­schwei­gi­sche Museen, Folge 12: Landtechnik-Museum Gut Steinhof erzählt vom Wandel der Landwirt­schaft hin zu motor­ge­trie­benen Geräten.

Wo, wenn nicht in Museen wie dem Landtechnik-Museum Gut Steinhof kann heute noch erlebt werden, wie früher Landwirt­schaft funktio­nierte? Kinder staunen, wenn sie statt der hochmo­dernen Trecker, hier einen Pflug im Einsatz sehen können, der noch von einem Pferd gezogen wird. Ältere Menschen denken vielleicht wehmütig an längst vergan­genen Zeiten zurück. „Wir wollen nicht nur dafür sorgen, dass unsere Exponate erhalten bleiben, sondern wollen auch das Wissen um die alther­ge­brachten Arbeits­weisen mit den ausge­stellten Geräten weiter­geben. Deshalb laden wir mehrmals im Jahr zu Sonder­ver­an­stal­tungen ein, bei denen die Geräte auch zum Einsatz kommen“, sagt Hans-Heinrich Tomforde, Vorsit­zender des Förder­kreises Gut Steinhof und ein Mann der ersten Stunde.

Sieben Abtei­lungen

Claas Huckepack im Einsatz. Foto: Magnus Tomforde
Claas Huckepack im Einsatz. Foto: Magnus Tomforde

Auf rund 1400 Quadrat­me­tern wird in den alten Ställen und Scheunen des Hofes die Verän­de­rung in der Landwirt­schaft durch moderne Technik verdeut­licht. Der Schwer­punkt der Sammlung liegt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhun­derts und dem Wandel hin zu motor­ge­trie­benen Geräten. Die Sammlung ist in sieben Abtei­lungen geglie­dert. Es sind Boden­be­ar­bei­tung, Säe- und Dünge­technik, Pflan­zen­pflege und Pflan­zen­schutz, Ernte­technik, Ernte­auf­be­rei­tung, Kraft­ma­schinen und Transport sowie Hauswirt­schaft.

Zu den heraus­ra­genden Exponaten zählt die Lanz Dampf-Lokomo­bile von 1907, die 1994 mit Unter­stüt­zung des Braun­schwei­gi­schen Kloster-und Studi­en­fonds (heute Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz) angeschafft wurde. Die Maschine wird regel­mäßig zum Antrieb der Dresch­ma­schine einge­setzt. Jetzt ist aber eine große Überar­bei­tung fällig, für die noch Gelder zusammen kommen müssen.

Der Miag SH40 „tankt“ Holzwürfel

Miag Holzgasschlepper auf dem Steinhof . Foto: Magnus Tomforde
Miag Holzgas­schlepper auf dem Steinhof . Foto: Magnus Tomforde

Bemer­kens­wert sind zudem der Claas Huckepak und der Miag SH40. Der Claas ist ein selbst­fah­render Mähdre­scher, der relativ schnell auch zu einem Schlepper umgebaut werden kann. Beim Miag handelt es sich um einen Holzgas­schlepper, der im Krieg entwi­ckelt wurde. Er „tankt“ Holzwürfel, aus denen in der Anlage ein brenn­bares Gas für den Motor wird.

Der Förder­kreis Gut Steinhof trägt sich überwie­gend durch Einnahmen bei den Veran­stal­tungen und Spenden. Besondere Projekte wurden und werden von Stiftungen betreut. Aktuell läuft der Aufbau einer Schmiede und Werkstatt mit Förderung durch die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz. Mehrfach unter­stützte unter anderem auch die Eckens­berger Stiftung bei der Restau­rie­rung von Maschinen. Die Räume darf das Landtechnik-Museum kosten­frei nutzen. Die Stadt verzichtet auf Miete, dafür muss der Förder­kreis die Gebäude instand halten.

Abriss der Gebäude drohte

Lanz Lokomobile beim Dreschen. Foto: Magnus Tomforde
Lanz Lokomo­bile beim Dreschen. Foto: Magnus Tomforde

Das Gut Steinhof hat eine lange Geschichte. Erstmals wurde es 1326 urkund­lich erwähnt, als Herzog Otto der Milde es dem Kreuz­kloster zu Braun­schweig überließ. Während der Refor­ma­tion fiel die Gutsan­lage zurück an das Herzogtum. Albrecht von Preußen, Prinz­re­gent des Herzog­tums Braun­schweig, gab es schließ­lich um 1890 an die Stadt Braun­schweig weiter. Von 1893 an wurden bereits Teile zur Verrie­se­lung der Abwässer genutzt. Nach Paris und Berlin nutzte Braun­schweig die damals modernste Abwas­ser­be­hand­lung als dritte Stadt. Die damit einher­ge­hende intensive Landwirt­schaft wurde bis 1970 betrieben, danach wurden die Wirtschafts­ge­bäude verpachtet und 1984 wurde der Abriss der Gebäude östlich der Celler Heerstraße geplant.

Zunächst um die Gebäude zu erhalten gründete sich im selben Jahr aus einer Initia­tive zur Erhaltung der histo­ri­schen Hofanlage heraus der Förder­kreis Gut Steinhof, der Teile des Geländes und der Gebäude pachtete, um sie zu pflegen und das Landtechnik-Museum Braun­schweig Gut Steinhof einzu­richten. Bis heute sind Durch­fahrts­scheune, Rinder­stall und Speicher­haus als Ausstel­lungs­ge­bäude erhalten. Dem Abriss zum Opfer fielen ein großer offener Wagen­schauer, eine weitere Getrei­de­scheune und eine Melkscheune. Der Förder­kreis widmet sich seitdem in ehren­amt­li­cher Arbeit dem Erhalt der Anlage, dem Ausbau des Museums, der Aufbe­rei­tung der Exponate und der Organi­sa­tion von Museums­ver­an­stal­tungen.

Vorwie­gend betriebs­be­reite Maschinen

Hofansicht Gut Steinhof. Foto: Lars Pflug
Hofan­sicht Gut Steinhof. Foto: Lars Pflug

Die Besucher erwarten zu einem großen Teil betriebs­be­reite Maschinen und Geräte. Der Verein restau­riert die häufig gespen­deten Exponate, um sie so präsen­tieren zu können, wie sie in der Landwirt­schaft in Gebrauch waren. Vom pferde­ge­zo­genen Gerät bis zur selbst­fah­renden Ernte­ma­schine werden Maschinen und Arbeits­ab­läufe verschie­dener Epochen darge­stellt.
Der Förder­kreis hat mehr als 100 Mitglieder und freut sich über neue Inter­es­senten. Vorkennt­nisse sind nicht erfor­der­lich. Eine Jugend­gruppe bearbeitet zudem eigene Projekte und restau­riert Exponate, die den Besuchern präsen­tiert werden. Die Aktiven treffen sich jeweils samstags von 10 Uhr an auf dem Gut Steinhof.

Kontakt:

Landtechnik-Museum Gut Steinhof
Celler Heerstraße 336
38112 Braun­schweig

Telefon: 0160 – 97724718
E‑Mail: info@gut-steinhof.de
Homepage:www.gut-steinhof.de

Öffnungs­zeiten:

April bis Mitte Dezember jeden Samstag von 10 bis 17 Uhr oder nach Verein­ba­rung

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