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Ehrenmal für in der Schlacht gefallene Herzöge

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Objekt des Monats aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung, Folge 3: Die Nachbildung des Obelisken am Löwenwall wird zurzeit im Schlossmuseum präsentiert.

Die Nachbildung des Obelisken am Löwenwall stammt aus dem Jahr 1903. Das auf einem Holzsockel stehende Objekt besteht aus Bronze und ist 54,5 Zentimeter hoch. Es zeigt in verkleinerter Form das 1823 für die beiden Braunschweigischen Herzöge Carl Wilhelm Ferdinand (1735−1806) und Friedrich Wilhelm (1771−1815) errichtete Monument am Löwenwall. Die Nachbildung aus der Sammlung der Richard Borek Stiftung kann zurzeit in der Interimsausstellung im Weißen Saal des Schlossmuseums Braunschweig betrachtet werden.

Der heutige Löwenwall war Teil der Wallanlagen, die der Braunschweiger Architekt und Stadtbaumeister Peter Joseph Krahe von 1801 an nach der Schleifung der Befestigungsanlagen anlegen ließ. Er hieß zunächst Monumentplatz und wurde erst Anfang des 20. Jahrhunderts umbenannt.

Die Idee für ein Denkmal zu Ehren der in den Kämpfen gegen Napoléon I. gefallenen Herzöge kam bereits 1815 auf, im Todesjahr des Herzogs Friedrich Wilhelm. Sein Vater, Herzog Carl Wilhelm Ferdinand, kämpfte noch mit 71 Jahren als Oberbefehlshaber preußischer Truppen gegen Napoléon, wurde jedoch in der Schlacht bei Jena und Auerstedt schwer verwundet und starb 1806. Die Regierungsgeschäfte hatte er noch kurz zuvor an seinen jüngsten Sohn, Friedrich Wilhelm, übergeben. Dieser kämpfte mit einem Freikorps, der Schwarzen Schar, gegen die französische Besatzung. Friedrich Wilhelm, der „Schwarze Herzog“ fiel in Quatre-Bras nur zwei Tage vor der entscheidenden Schlacht bei Waterloo.

Vaterländisches Denkmal

Vater wie Sohn wurden als Helden verehrt. 1815 erschien als private Initiative eine „Vorlaeufige Anzeige eines Plans zur Errichtung eines vaterlaendischen Denkmals“. Zur Finanzierung des Projekts wurde zu Spenden aufgerufen. Die feierliche Einweihung erfolgte am 13. August 1823.

Das Ehrenmal entstand nach einem Entwurf von Peter Joseph Krahe. Der Obelisk hat eine Gesamthöhe von 22 Meter mit Metallplatten auf einem Unterbau aus Sandstein. An den Ecken befinden sich diagonal vier ruhende Löwenfiguren aus Gusseisen nach einem Entwurf des preußischen Bildhauers Johann Gottfried Schadow. Gegossen wurden Platten und Löwenfiguren in Zorge im Harz.

Vergoldete Inschriften

Die vergoldeten Inschriften auf dem Braunschweiger Obelisken lauten:

  • Auf der Westseite: Seinen/ Fuer Deutschland/ Gefallenen/ Fuersten/ Ihr/ Vaterland/ MDCCCXXII
  • Auf der Südseite: Den Einbruch/ in das Vaterland/ dem Feinde/ mit seinem Blute/ wehrend/ sank/ Braunschweigs/ Welfe/ Carl Wilhelm Ferdinand/ mit ihm/ seines Volkes Glück
  • Auf der Nordseite: Des Vaterlandes/ Vom Feinde/ Neu bedrohtes/ Glueck/ Schuetzend/ In rettender Schlacht/ Sank/ Braunschweigs/ Welfe/ Friedrich/ Wilhelm/ An/ Seiner Krieger Spitze
  • Auf der Ostseite: Ihr/ Ruhm lebt ewig/ Daure mit ihm/ Ihr Stamm/ Dem/ Vaterlande/ Zum Segen

In den Jahren 1996/97 wurde der Obelisk durch die Förderung der Richard Borek Stiftung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz umfassend restauriert und instandgesetzt.

Ehrung oder Aufruf?

Die Inschrift macht die engen Beziehungen zwischen Vaterland, Volk und den beiden Herzögen deutlich. Es war eher ungewöhnlich, dass Herzöge nicht nur strategisch am Krieg beteiligt waren, sondern Seite an Seite gemeinsam mit dem Volk kämpften. Das Denkmal wurde sechs Wochen vor dem Regierungsantritt des Sohnes Friedrich Wilhelms, Herzog Karl II, eingeweiht. Acht Jahre lang war das Herzogtum Braunschweig unter der vormundschaftlichen Regierung Georg IV. von England gewesen. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Obelisk auf verschiedene Weise lesen: Als eine Ehrung für die verstorbenen Herzöge, als ein Hinweis auf die enge Beziehung zwischen Volk/Vaterland und Herzog und als Aufruf an den jungen Herzog, sich als Nachfolger von Vater und Großvater in ebendiese Tradition einzureihen und das gute Verhältnis zwischen Volk und Herzog weiterzuführen.

Nicht nur in Braunschweig wurde ein Obelisk im Zusammenhang mit den napoleonischen Kriegen errichtet. Das „Bunzlauer Denkmal“ entstand 1819 für den russischen Feldmarschalls Michail Kutusow-Smolenski. 1833 wurde in Bayern durch Leo von Klenze ein Obelisk zu Ehren im Russlandfeldzug gefallener bayrischer Soldaten errichtet.

Neben der historischen Bedeutung sind diese Ehrenmäler ein Beleg für die frühesten Arbeiten der deutschen Eisengießereien, die Anfang des 19. Jahrhunderts eine durch den 30-jährigen Krieg unterbrochene Tradition wieder aufnahmen. Die besondere Leistung der für Braunschweig tätigen Eisengießerei Zorge wird im Kontext der sich gerade erst entwickelnden Gießerei-Produktion besonders deutlich.

Filigran und monumental

Zorge im Harz hatte bereits im Jahr 1249 eine urkundlich erwähnte Erzschmelzhütte. Um 1800 bestand dort die Herzoglich Braunschweigisch-Lüneburgische Eisenhütte. Der Guss der Platten für das Monument in Braunschweig stellte eine technische Besonderheit dar: bei einer Länge von 12,80 Metern und einer Breite in der Mitte von 1,40 Metern waren die Platten nur 25 Millimeter stark. Nicht nur die Herstellung auch der Transport war somit ein sorgfältig zu planendes Unterfangen. Sicherheitshalber wurde eine Extraplatte in Auftrag gegeben.

Die kleine Bronze-Nachbildung des Obelisken wurde hingegen nicht in Zorge, sondern vermutlich in Braunschweig bei der Gießerei Howaldt gefertigt. Dafür spricht die Widmung: „1853 – 16 August 1903 gew. von Paul Rinckleben“. Paul Rinckleben war ein Bildhauer und Kupfertreiber, der seit 1865 in der Gießerei Howaldt arbeitete. Ab Januar 1892 wurde er Pächter der Gießerei, die seit dem Lessing-Denkmal aus dem Jahr 1853 überregionale Bekanntheit erreicht hatte. Aus welchem Anlass und für wen 1903 die Bronze-Nachbildung gefertigt wurde, ließ sich bislang nicht entschlüsseln.

Helga Berendsen ist Kunsthistorikerin und Leiterin des Schlossmuseums Braunschweig.

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