Ein Heiliger mit Grill-Rost?

St. Laurentius fand am 6. August 258 einen grausamen Tod. Foto: Peter Sierigk
St. Laurentius fand am 6. August 258 einen grausamen Tod. Foto: Peter Sierigk

Braun­schweigs skurrile Ecken und andere Merkwür­dig­keiten, Folge 7: Symbol für einen grausamen Tod an der Pfarr­kirche von St. Michaelis

Hatten wir in der letzten Folge gerade den alten Wehrgang betrachtet, so lohnt sich ein Verweilen in der Echtern­straße vor der kleinen Pfarr­kirche von St. Michaelis. Sie hält gleich einiges an Beson­derem parat. Da sind vor allem die Figur, die einen Rost in der rechten Hand hält und das Relief eines Kopfes, das in seinen Konturen kaum noch zu erkennen ist. Was hat es damit auf sich? Wir klären das.

Die Kirche allein ist schon bemer­kens­wert. Sie wurde inmitten eines Friedhofs für Arme, Verbannte und Fremde auf dem Grund­stück des Bürgers Bendarz errichtet und am 29. September 1157 vom Bischof Bruno von Hildes­heim dem Erzengel Michael geweiht, passend zu dessen Ehrentag „St. Michaelis“. Dieses mittel­al­ter­liche Kleinod blieb im Bomben­hagel 1944 weitge­hend verschont, während viele Fachwerk­häuser in der Umgebung verbrannten.

Heute präsen­tiert sich die Echtern­straße neben dem Magni­viertel bis zum Wehrgang auf der linken Straßen­seite noch als letzte geschlos­sene Reihe verschieden großer Fachwerk­häuser. Dieses Stück steht für das alte, typische Braun­schweig und ist einen Besuch allemal wert. Übrigens war mit Thomas Müntzer, einer der frühen Refor­ma­toren, an der Kirche von 1514 bis 1521 tätig, 1528 wurde die Kirche schließ­lich zur evange­lisch-luthe­ri­schen Pfarr­kirche.

St. Michaelis hat in der Tat ein paar Beson­der­heiten zu bieten, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen. Der Westturm wurde im romani­schen Stil errichtet und enthält die letzte noch mecha­nisch betrie­bene Turmuhr unserer Stadt. Nach zahlrei­chen Umbauten der Kirche in der jüngeren Zeit, so 1879/81 durch L. Winter und M. Osterloh, 1926 mit dem Einbau von 8 histo­ri­sie­renden, farbigen Glasfens­tern mit figür­li­chen Darstel­lungen, 1973/75 mit einem neuen Orgel­ge­häuse und 1985 schließ­lich mit der Restau­rie­rung und Ausmalung, finden hier heute nicht nur Gottes­dienste, sondern auch Ausstel­lungen und verschie­dene Veran­stal­tungen statt.

Man entdeckt bei einem Rundgang auf der Nordseite die sogenannte „Brauttür“ mit einer Inschrift, aus der sich entnehmen lässt, dass die Kirche nach einem Umbau 1379 neu geweiht wurde. Die Inschrift lautet: „Na goddes bort M CCC LXX IX iar is desse parkerke vor nyget unde in sunte mychelis ere ghewyget we sine almesen hyr to gheve dat he in goddes hulden leve a(men). Neben der „Brauttür“ findet sich eine Darstel­lung des gekreu­zigten Christus, vor dem das Stifter­paar kniet.

Ein Stück weiter zur Gülden­straße richtet man den Blick nach oben und entdeckt in einer Nische eine Figur, die ein Feuerrost in der Hand hält. Verblüfft wird man sich fragen, ob es sich vielleicht um einen Grill handelt und weiß doch gleich, dass eine solche Figur an einer Kirche ein Märtyrer sein muss, der einen fürch­ter­li­chen Tod für seinen Glauben starb. Aber doch nicht St. Michael, der Erzengel und Bezwinger des Teufels? Natürlich nicht, den Erzengel entdecken wir an anderer Stelle in den beiden Giebeln der Nordost­ecke mit der Jahres­zahl 1454.

Wer ist also der Heilige mit dem Feuerrost? Tatsäch­lich handelt es sich um St. Lauren­tius, der am 6.8.258 den Tod auf einem solchen Marter­gerät fand. Von ihm erzählt die Legende, dass er unter Kaiser Valerian verur­teilt wurde und auf dem Feuerrost noch gesagt haben soll: „Siehe, die eine Seite hast du gebraten, so brate auch die andere!”

Geht man dann um die Kirche herum und steht an der Gülden­straße, der alten Handels­straße von Hamburg nach Frankfurt, auf der einst das Salz trans­por­tiert wurde (Salz, mit Gold aufge­wogen – Goldene Straße – Gülden­straße), entdeckt man unter dem großen Fenster in der Mitte eine Mauer­ni­sche mit dem Kopf Jesu Christi.

Aber das Relief ist stark abgegriffen – aus einem erklär­baren Grund. Wer die Stadt in Richtung des Michae­lis­tores verließ (am heutigen Wilhel­mi­t­or­wall in Höhe des Prinzen­weges, abgerissen 1786), legte noch einmal seine Hand auf diesen Kopf, um den Segen für seine Reise zu erbitten.

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