Rundwan­derweg „Spuren der Glasin­dus­trie“ eröffnet

Eine Station des neuen Rundwanderwegs ist das aktuelle Werk von Glasproduzent Noelle + von Campe. Foto: Freundeskreis Glas / Uwe Spiekermann
Eine Station des neuen Rundwanderwegs ist das aktuelle Werk von Glasproduzent Noelle + von Campe. Foto: Freundeskreis Glas / Uwe Spiekermann

Die besondere Indus­trie­ge­schichte der Gemeinde Boffzen im Landkreis Holzminden wird an zwölf Stationen vor Ort und weiter­füh­rend im Internet erzählt.

Die Glasin­dus­trie hat die Gemeinde Boffzen im Landkreis Holzminden nachhaltig geprägt. Noch heute bietet Glaspro­du­zent Noelle + von Campe rund 500 Arbeits­plätze und ist der größte Arbeit­geber im Ort. Aber nicht alle haben an der Darstel­lung der Historie ebenso viel Interesse wie der örtliche Freun­des­kreis Glas. Das 1991 gegrün­dete Glasmu­seum wurde im vergan­genen Jahr geschlossen, weil es an der Finan­zie­rung durch die Gemeinde haperte. Und die Firma Noelle + von Campe nahm Abstand schließ­lich Abstand von der Förderung für die histo­ri­sche Aufar­bei­tung, weil darin selbst­ver­ständ­lich auch die Zeit des Dritten Reichs und die Beschäf­ti­gung von Zwangs­ar­bei­tern beleuchtet werden soll.

Vom Konsum bis zu den Villen

Karl-August Fricke, Hans-Hermann Henze, Manfred Bues und Walter Waske vor fertiggestellten Stelen. Foto: Freundeskreis Glas
Karl-August Fricke, Hans-Hermann Henze, Manfred Bues und Walter Waske vor fertig­ge­stellten Stelen. Foto: Freun­des­kreis Glas

Sei‘s drum. Dem Förder­kreis Glas ist es trotzdem gelungen, die Geschichte wieder sichtbar werden zu lassen. Auf dem neuen, rund zwei Kilometer langen Rundwan­derweg „Spuren der Glasin­dus­trie in Boffzen“ verschafft er Durch­blick. Die zwölf Infor­ma­ti­ons­ta­feln berichten über die wichtigsten Kapitel. Zu den markanten Punkten zählen die Fabrik, die ehemalige Produk­ti­ons­stätte Georgs­hütte, die Arbei­ter­sied­lung, der Konsum-Laden und die Unter­neh­mer­villen. Wer alle Stationen besuchen möchte, benötigt rund eine Stunde.

Gründung dank der Eisenbahn

Die Stelen zu Noelle + von Campe und die zur Georgs­hütte geben allge­meine Einblicke in die Firmen­ge­schichten. Die Gründung in Boffzen erfolgte dank der Eröffnung der Eisen­bahn­linie zwischen Braun­schweig, Hannover und dem preußi­schen Westfalen. So war es leichter Stein­kohle aus den Zechen des Ruhrge­bietes zu erhalten, mit deren Hilfe neuartige Glasöfen betrieben werden konnten. Noelle + von Campe behauptet sich bis heute als Produzent für Verpa­ckungs­glas. Die Georgs­hütte reagierte dagegen auf die wegbre­chende Nachfrage bei Einkoch- und Pressglas mit der Herstel­lung modern gestal­teter Dekora­ti­ons­gläser. Für sie war der inter­na­tio­nale Wettbe­werb zu hart und gab 1989 auf. Die anderen Stelen beziehen sich überwie­gend auf das soziale Leben der Arbei­te­rinnen und Arbeiter.

Glasproduktion Mitte des 20. Jahrhunderts in der Georgshütte. Foto: Freundeskreis Glas / Detlef Knop
Glaspro­duk­tion Mitte des 20. Jahrhun­derts in der Georgs­hütte. Foto: Freun­des­kreis Glas / Detlef Knop

Stefanie Waske und Uwe Spieker­mann haben das Konzept des Rundwegs erarbeitet und die Beiträge auf den Stelen verfasst. Die Glass­telen hat Angelika Reuter entworfen. Treibende Kraft hinter dem Projekt war der Vorstand des Freun­des­kreises mit Walter Waske, dem ehema­ligen Landrat von Holzminden, an der Spitze. Das Vorhaben wurde von der Braun­schwei­gi­schen Stiftung, dem Landschafts­ver­band Südnie­der­sachsen und der Kultur­stif­tung des Landkreises Holzminden gefördert. Der wichtige Beitrag zur Indus­trie­ge­schichte kostete 45.000 Euro, den größten Teil davon trug der Freun­des­kreis über einge­gan­gene Spenden selbst.

Inter­net­seite wird laufend erweitert

Biergläser aus der Georgshütte. Foto: Freundeskreis Glas
Biergläser aus der Georgs­hütte. Foto: Freun­des­kreis Glas

Zu jeder Glasstele gibt es weiter­füh­rende Infor­ma­tionen auf der Inter­net­seite. Die Website kann von jeder Infor­ma­ti­ons­tafel aus über einen QR-Code direkt aufge­rufen werden. Die Inter­net­seite wird permanent erweitert und mit neuen Erkennt­nissen und Fotos angerei­chert. Zukunfts­musik, so sagt Walter Waske, sei es, das geschlos­sene Museum wieder in digitaler Form zu öffnen. Alle Exponate jeden­falls hat der Freun­des­kreis erfasst, fotogra­fiert und einge­la­gert. Ausge­schlossen ist also nichts, sofern sich eine Finan­zie­rung darstellen lässt.

Weitere Infor­ma­tionen finden Sie außerdem auf der Webseite des Histo­ri­kers Uwe Spieker­mann.

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