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Aufbau versperrt Sicht auf das Schloss

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Kritik an der Genehmigung einer Rollschuhdisko auf dem Schlossplatz.

Die Rollschuhdisko auf dem Schlossplatz traf nicht jedermanns Geschmack. Das Treiben vor der 2007 mit vielen Originalsteinen wieder aufgebauten Schlossfassade warf erneut die Frage auf, was sollte wo im öffentlichen Raum Braunschweigs stattfinden. Dazu bedarf es offensichtlich eindeutigerer Formulierungen in der dafür anzuwendenden Sondernutzungssatzung der Stadt.

Die Stadt hatte die Genehmigung für die Rollschuhdisko auf dem Schlossplatz erteilt, obwohl dort laut Satzung „nur nicht gewerbliche, kurzzeitige Veranstaltungen mit kulturellem oder wissenschaftlichem Schwerpunkt“ stattfinden dürfen. Der schwammige Passus, dass ausnahmsweise Veranstaltungen „im besonderen städtischen Interesse zulässig“ seien, öffnet jedoch allen möglichen Veranstaltungen Tür und Tor.

Im aktuellen Fall lag das „besondere städtische Interesse“ offensichtlich auf der Rollschuhdisko. Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa begründete es so: „Ich gehe fest davon aus, dass sich positive Frequenzeffekte und eine positive Wahrnehmung des Schlossplatzes mit dem Schloss als attraktivem Stadtraum sowie als Ort für interessante kulturelle Angebote ebenso wie zum Einkaufen und Genießen gastronomischer Angebote ergeben werden.“

Zwischen den Reiterstandbildern der Herzöge Karl Wilhelm Ferdinand (1735-1806) und Friedrich Wilhelm (1771-1815) gab es über neun Tage die Anmutung eines Jahrmarkts. Über die Wertigkeit des schmucklosen Aufbaus der Rollschuhbahn mit einer 3,5 Meter hohen Metallumrandung, einem zentralen Masten mit 9 Metern Höhe ließ sich vortrefflich streiten. Genügt das dem Anspruch, den sich die Stadt für diesen exponierten Platz einmal vorgenommen hatte?

„Ich kritisiere vor allem, dass der touristische Blick vom Bohlweg aus auf das Schloss gestört und so angemessene Fotos der Schlossfassade nicht möglich waren. Ich kann auch nicht nachvollziehen, dass vom Stadtmarketing genehmigt wurde, den Haupteingang in die Schloss-Arkaden zu verstellen“, sagt Richard Borek, Stifter der Quadriga auf dem Schloss, verärgert, der auch die zeitweise laute Musik für fehl am Platze hielt.

Auf dem Schlüterhof des gleichfalls rekonstruierten Berliner Schosses bot eine Kegelbahn Anlass für Kritik. Foto: Berliner Schloss, Extrablatt

Dabei stellt Richard Borek eine zeitgemäße und attraktive Belebung des Schlossplatzes und anderer Plätze der Innenstadt überhaupt nicht in Frage. Er erwartet aber städtebauliche Sensibilität bei den Genehmigungsverfahren der vielfältigen Veranstaltungen. Ihm geht es darum, dass die geplanten Attraktionen auch qualitativ zum Umfeld passen. Das sei mit der Rollschuhdisko an dem bedeutenden Geschichtsort „Schlossplatz“ jedenfalls nicht der Fall gewesen. Richard Borek zieht diesbezüglich auch einen Vergleich mit dem ebenfalls rekonstruierten Berliner Stadtschloss, in dessen Schlüterhof eine Kegelbahn aufgebaut worden war. „Auch nicht angemessen“, findet er.

Die Stadt hatte den Schlossplatz wegen der Flächengröße von etwa 800 Quadratmetern für die Rollschuhdisko und wegen des erforderlichen ebenen Untergrundes als alternativlos bezeichnet. Bei einigem guten Willen und bei gegebenenfalls angemessener Verringerung der Lauffläche hätte die Rollschuhdisko auch auf anderen Plätzen der Innenstadt stattfinden können, so zum Beispiel auf dem Kohlmarkt, auf dem im Winter schon traditionell die Schlittschuhbahn aufgebaut wird. Das wäre ein guter und bei der Bevölkerung bereits eingeführter Ort für derartige Vergnügen gewesen. Vielleicht hätte es dort sogar dem finanziellen Aufwand entsprechend halbwegs angemessene Besucherzahlen gegeben, die auf dem Schlossplatz nicht zu verzeichnen waren.

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