Comment ça va? Wie geht’s? What’s up?

„Ghost of Okeraue“ aus der Bilderserie „Peut-être » peut être“. Foto: Swetlana König
„Ghost of Okeraue“ aus der Bilderserie „Peut-être » peut être“. Foto: Swetlana König

Das Theater­päd­ago­gi­sche Zentrum für Braun­schweig bietet in Koope­ra­tion mit der Gemein­schafts­un­ter­kunft Okeraue der Stadt Wolfen­büttel kultur­päd­ago­gi­sche Workshops für junge Erwach­sene mit Flucht­er­fah­rungen.

„Wir wollen allen Menschen helfen bei der Integra­tion in eine multi­kul­tu­relle Gesell­schaft“, sagt Frederik Postulat. Der Theater­päd­agoge arbeitet gemeinsam mit der Sozial­päd­agogin Laura Dettling mit Geflüch­teten in der Gemein­schafts­un­ter­kunft Okeraue in Wolfen­büttel. „Natürlich ist das Thema des Ankommens, der Teilhabe und des sich abgeson­dert fühlen sehr präsent, denn die Teilneh­menden machen eigene Erfah­rungen und haben sehr spannende Gedanken dazu.“

Von „Peut-être“ zu „Comment ça va?“

Nach dem Projekt „Peut-être, peut-être“ im vergan­genen Jahr geht das Angebot mit „Comment ça va – Wie geht‘s?“ bereits in das zweite Jahr. Dabei bauen die beiden Organi­sa­toren auf die Erfah­rungen der vergan­genen Monate auf. Der Wunsch, weiter­zu­ma­chen, kam dabei aus der Gruppe. Ziel ist es, mittels der künst­le­risch-pädago­gi­schen Zusam­men­ar­beit in einen spiele­ri­schen wie ernst­haften Austausch über die Lebens­si­tua­tion und ‑wirklich­keit sowie über die Perspek­tiven der Geflüch­teten zu kommen. Aus der zunächst an den Einzelnen gerich­teten Titel­frage nach dem Befinden („Comment ça va?“) wird in einem weiteren Schritt die Frage­stel­lung: „Wie geht das?“. Gemeint ist: Wie kann es mit dem Zusam­men­leben in einer sprach­lich und kulturell hetero­genen Gemein­schaft funktio­nieren? Welche Rahmen­be­din­gungen müssen geschaffen, welche zivilen Eigen­schaften gestärkt werden?

Verschie­dene Minipro­jekte

Wie auch im vergan­genen Jahr wird es mehrere kleine Workshops und Projekte geben. Der Teilneh­mer­kreis kann sich sehr stark verändern, haben die beiden beobachtet. Einige verlassen die Unter­kunft, weil sie eine Wohnung und Arbeit gefunden haben, andere dürfen nicht in Deutsch­land bleiben und werden abgeschoben. Und auch neue Bewohner ziehen in die Unter­kunft. So sind ein Einstieg in das Projekt und auch ein Ausstieg jederzeit möglich. Elemente sind dabei u.a. szeni­sches Schreiben, Fotografie und Film und theatrale Formen. „Aus den verschie­denen Elementen ergibt sich dann am Ende das Ergebnis – wie eine Collage“, erklärt Laura Dettling. Was bei dem neuen Projekt entsteht – Laura Dettling und Frederik Postulat wissen es nicht. „Wir haben kein starres Konstrukt mit einem vorge­ge­benen Ziel“, erläutern sie. „Wir wollen offen sein für alles und auch dynamisch auf die Bedürf­nisse der Gruppe reagieren können.“ Begleitet und betreut wird das Projekt vom Theater­päd­ago­gi­schen Zentrum für Braun­schweig und die Region, die Stiftung Braun­schwei­gi­scher Kultur­be­sitz unter­stützt es finan­ziell.

Sichtbar sein im öffent­li­chen Raum

Wichtig ist den beiden, mit dem Projekt an die Öffent­lich­keit und in den öffent­li­chen Raum zu gehen. „Die Unter­kunft ist ein sehr geschlos­sener Raum am Stadtrand, umgeben von einem Zaun, es gibt einen Sicher­heits­dienst.“ So ist es ein großes Bedürfnis der Teilnehmer, diesen Raum zu verlassen und in der Stadt sichtbar zu sein. Die Fotoaus­stel­lung, die letztes Jahr entstand, war u.a. im Wolfen­büt­teler Rathaus zu sehen, die Perfor­mance wurde bereits bei verschie­denen Gelegen­heiten gezeigt. Und auch die Proben­ar­beit der Gruppe ist öffent­lich. „Uns ist wichtig, in der Unter­kunft präsent zu sein, das lockt immer wieder Bewohner an, die neugierig fragen, sich dazusetzen, mitmachen“, berichtet Frederik Postulat. Immer wieder kommen dabei auch andere Künst­le­rinnen und Künstler hinzu und gestalten einzelne Workshops.

Sprach­liche Barrieren als Chance

Die Sprach­kennt­nisse der Teilneh­me­rinnen und Teilnehmer sind bei der wöchent­li­chen gemein­samen Arbeit eine große Heraus­for­de­rung. Fast jeder hat eine andere Mutter­sprache, da ist auch die Verstän­di­gung unter­ein­ander nicht immer einfach. Organi­sa­to­ri­sche Abspra­chen werden in Englisch getroffen. „Bei der Arbeit ist es natürlich auch ein Ziel, Deutsch zu lernen und zu verbes­sern. Da hilft das Theater, hier geschieht viel visuell – das hilft beim Sprachelernen“, sagt Laura Dettling. Und Frederik Postulat ergänzt: „Wir sehen die Sprache nicht als Defizit, sondern als Chance, die wir nutzen können.“ So sei ein Klang­tep­pich aus vielen verschie­denen Sprachen bei der Perfor­mance ein beein­dru­ckendes Stilmittel. Und Fotos z.B. brauchen gar keine Sprache, um in dem Betrachter etwas auszu­lösen.

Infor­ma­tion

Die Fotoaus­stel­lung des Projektes „Peut-être, peut-être“ ist noch bis 19. Mai im Foyer des LOT-Theaters in Braun­schweig zu sehen.

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